Der Eingang zum Landgericht in Bonn: Hier findet der wegweisende „Cum-Ex“-Prozess: statt. Foto: dpa/Oliver Berg

Im „Cum-Ex“-Steuerskandal hat erstmals ein zentral beteiligter Finanzmarkt-Akteur vor Gericht ausgesagt. Er machte deutlich, dass er von Steuerrecht wenig verstanden und sich auf den Sachverstand anderer verlassen habe. Der Steuerschaden liegt laut Anklage bei über 440 Millionen Euro.

Bonn - Im milliardenschweren „Cum-Ex“-Steuerskandal hat erstmals ein zentral beteiligter Finanzmarkt-Akteur vor Gericht ausgesagt. Ein 41-jähriger Aktienhändler, der wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung angeklagt ist, begann am Dienstag vor dem Bonner Landgericht seine Aussage über die Geschäftsabläufe.

Steuerschaden von mehr als 440 Millionen Euro.

Zu den konkreten Vorwürfen gegen ihn äußerte er sich zunächst nicht, das wird er vermutlich am Donnerstag tun. Er machte aber deutlich, dass er von Steuerrecht wenig verstanden und sich hierbei auf den Sachverstand anderer verlassen habe. Er zeigte etwas Reue: Hätte er damals gewusst, was er nun wisse, hätte er anders gehandelt, sagte er. 

Der Mann und sein ebenfalls redebereiter 38 Jahre alter Ex-Kollege sollen im Zeitraum 2006 bis 2011 mit einem Verwirrspiel von Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch rund um einen Zahlungsstichtag dafür gesorgt haben, dass die Finanzämter Kapitalertragssteuern mehrfach erstatteten. Laut Anklageschrift verursachten sie einen Steuerschaden von mehr als 440 Millionen Euro.

Prozess gilt als wegweisend

Bereits vor Prozessauftakt hatten beide umfassend mit der Staatsanwaltschaft kooperiert - als erste „Cum-Ex“-Akteure überhaupt. In ihre Geschäfte involviert waren zahlreiche Banken und andere Finanzmarktakteure.

Der Prozess gilt als wegweisend. Denn in der Öffentlichkeit gibt es zwar die einhellige Meinung, dass es bei der Mehrfacherstattung von Steuern nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann. Allerdings ist bisher noch von keinem Gericht entschieden, ob „Cum-Ex“-Geschäfte eine Straftat waren oder nur eine dreiste Masche, die mit einem Schlupfloch im Gesetz möglich war. Dieses Schlupfloch wurde 2012 geschlossen. Schätzungen zufolge könnte „Cum-Ex“ den deutschen Staat mehr als 30 Milliarden Euro gekostet haben.