Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zeigt sich offen für Steuersenkungen im Land. Foto: dpa

In den Bund-Länder-Verhandlungen über das künftige Finanzgeflecht geht es auch um eigene Zu- und Abschläge von Ländern und Kommunen bei Steuern. Gegner befürchten einen Steuerwettlauf.

In den Bund-Länder-Verhandlungen über das künftige Finanzgeflecht geht es auch um eigene Zu- und Abschläge von Ländern und Kommunen bei Steuern. Gegner befürchten einen Steuerwettlauf.

Berlin - Die Bürger in Baden-Württemberg und in Bayern könnten künftig weniger Steuern auf ihre Einkommen zahlen als Menschen m it dem gleichen Einkommen etwa in Nordrhein-Westfalen.

Bayern und Baden-Württemberg haben diesen Vorschlag gestern in die Verhandlungen in Berlin um eine Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen eingebracht. Für den Vorstoß haben die Finanzminister Nils Schmid (SPD) und sein bayerischer Kollege Markus Söder (CSU) die historische Allianz der wohlhabenden und im Bundesrat stimmenstarken Süd-Länder reaktiviert. In einem Papier der beiden Minister heißt es: „Eine Einkommensteuer mit Regionalisierungselementen ist möglich.“ Da bei der Einkommensteuer das Wohnsitzprinzip gelte, wären Abgrenzungsfragen leicht zu lösen.

Offenbar wäre Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gar nicht so abgeneigt. Wie in Berlin zu hören ist, ist der Bund bereit, den Ländern mehr Steuerautonomie zu geben. In einem Papier des Bundesfinanzministeriums zur Vorbereitung der gestrigen Sitzung steht: „Eine größere Steuerautonomie der Gebietskörperschaften ist geeignet, unterschiedlichen regionalen und lokalen Gegebenheiten Rechnung zu tragen.“ Es gehe auch darum, für die Wähler Verantwortlichkeiten für finanzpolitische Entscheidungen klarer erkennbar zu machen.

Noch nicht darüber verhandelt wurde, wie stark die Länder an den Steuersätzen herumschrauben dürfen. Von Bundesseite wird aber in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass seinerzeit bei den Verhandlungen über eine Gemeindefinanzreform ein Spielraum von drei Prozentpunkten nach unten oder nach oben zur Diskussion stand.

Zum Hintergrund: Die Einkommensteuer ist eine Gemeinschaftssteuer, sie steht zu 42,5 Prozent dem Bund zu, zu 42,5 Prozent den Ländern und zu 15 Prozent den Kommunen. Wenn die Länder tatsächlich die Möglichkeit bekämen, um drei Prozentpunkte abzuweichen, würden von 100 Euro zu zahlenden Einkommensteuern weiter 42,50 Euro an den Bund gehen. Die Länder würden aber die Möglichkeit bekommen, statt bisher 42,50 Euro dem Steuerpflichtigen nur 39,50 Euro abzuknöpfen und ihre Bürger um drei Euro zu verschonen. Sie könnten aber auch ihre Bürger um drei Euro höher belasten. Die Kommunen würden in diesem Beispiel weiterhin 15 Euro bekommen.

Ob der Vorstoß für mehr Steuerautonomie der Länder auch im Lager der 16 Bundesländer eine Chance hat, ist derzeit noch nicht abzusehen. In der Vergangenheit war es stets so, dass die reicheren Bundesländer für mehr Steuerautonomie und die ärmeren Länder dagegen waren. Dazu passt, dass NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) der Forderung aus dem Süden bereits eine Absage erteilt hat. Kraft befürchtet einen Wettlauf der Länder um die niedrigsten Steuersätze.

Wenn die Länder tatsächlich das Recht bekämen, Auf- und Abschläge bei der Einkommen-, Körperschaft- und Abgeltungssteuer vorzunehmen, wären davon auch Betriebe betroffen. Das heißt: Niedrigsteuer-Bundesländer hätten gute Argumente, um neue Unternehmen anzulocken.

Die Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern gehen gerade in eine spannende Phase.Weil der Solidarpakt II für Ostdeutschland und der Länderfinanzausgleich 2019 auslaufen, müssen die Zahlungsströme zwischen den staatlichen Ebenen neu organisiert werden. Ende Oktober sollen die Finanzminister der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten erste Vorschläge unterbreiten. Bis Jahresende sollen erste Eckpunkte stehen.

Aus Bayern kam gestern noch ein Vorschlag zur Steuerpolitik. CSU-Chef Horst Seehofer ist nun dafür, Anfang 2017 den Bürgern einen Teil der heimlichen Steuererhöhungen der vergangenen Jahre zurück zu geben. „Da geht es insgesamt für Deutschland, je nachdem wie Sie das ausgestalten, um drei oder fünf Milliarden Euro“, sagte Seehofer nach der CSU-Herbstklausur in Kloster Banz.