Der Interims-Finanzminister Peter Altmaier stellt die Steuerschätzung vor. Foto: dpa

Die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden steigen bis 2021 um 26 Milliarden Euro. Finanzminister Altmaier dämpft dennoch Hoffnungen: Die Bäume wachsen nicht in den Himmel.

Berlin - Nach den guten Steuerschätzungen der vergangenen Jahre können Bund, Länder und Gemeinden noch einmal mit mehr Geld rechnen. Von 2017 bis 2021 erwartet der Gesamtstaat zusätzliche Steuereinnahmen von 26 Milliarden Euro. Damit setzt sich die Serie mit positiven Steuerschätzungen fort. Der geschäftsführende Bundesfinanzminister Peter Altmaier (CDU), der zugleich Kanzleramtsminister ist, sprach von ordentlichen Zuwächsen. Noch erfreulicher als beim Bund fielen die Steuereinnahmen bei Ländern und Gemeinden aus, sagte er. Mit Blick auf die laufenden Sondierungen zur Jamaika-Koalition warnte Altmaier dennoch vor zu großen Erwartungen. „Die Bäume wachsen nicht in den Himmel.“ Es gebe in den Verhandlungen viele Wünsche. Es komme darauf an, die solide Finanzpolitik fortzusetzen. Die gute Lage in den öffentlichen Haushalten könne sich schnell wieder ändern. Deshalb riet Altmaier, in Zukunft eine vorsichtige Haushaltsplanung zu betreiben und Reserven für unvorhergesehene Ereignisse zu bilden. Als Beispiel für Risiken nannte er die Brexit-Folgen.

Im nächsten Jahr geht es beim Bund steil aufwärts

Wie komfortabel die Einnahmesituation für Bund, Länder und Gemeinden ist, lässt sich am laufenden Jahr ablesen. Obwohl die Erwartungen bereits bei der Steuerschätzung im Mai kräftig nach oben korrigiert worden sind, geht es mit der aktuellen Prognose weiter aufwärts. Eine Sonderentwicklung verzeichnet dabei der Bund: Er kann gegenüber der Mai-Steuerschätzung nicht mit höheren Einnahmen rechnen. Das liegt daran, dass die Bundesregierung vom Bundesverfassungsgericht verpflichtet worden ist, die zu Unrecht erhobene Kernbrennstoffsteuer an die Energieversorgungsunternehmen zurückzuzahlen. Der Bund erstattete den Atomkraftwerkbetreibern 7,3 Milliarden Euro. Dies führt im Ergebnis dazu, dass die Einnahmen des Bundes stagnieren. Die Länder und Gemeinden stellen sich besser: Die Länder können in diesem Jahr ein Plus von 3,3 Milliarden Euro verbuchen. Die Städte und Gemeinden erhalten 1,7 Milliarden Euro zusätzlich. In den kommenden Jahren profitiert dann auch der Bund von wachsenden Einnahmen. Im nächsten Jahr kann der Bundhaushalt knapp sieben Milliarden Euro mehr erwarten. Bei den Ländern sind es 2,5 Milliarden Euro und bei den Gemeinden 1,4 Milliarden Euro.

Für den Gesamtstaat sind das in den nächsten Jahren rosige Aussichten. Während alle Gebietskörperschaften in diesem Jahr 734 Milliarden Euro an Steuern kassieren, sind es 2022 schon 890 Milliarden Euro – ein Zuwachs von mehr als 150 Milliarden Euro innerhalb von sechs Jahren.

Altmaier bezifferte die zusätzlichen Steuereinnahmen für den Bund in den nächsten vier Jahren auf 15 Milliarden Euro. Hinzu kommen Spielräume im Finanzplan, die ebenfalls auf 15 Milliarden Euro taxiert werden. Insgesamt kommt die Union damit auf einen Spielraum von rund 30 Milliarden Euro, die in den nächsten vier Jahren für neue Aufgaben verwendet werden könnten.

Union taxiert den Finanzspielraum sehr vorsichtig

Diese Größenordnung dürfte allerdings eher den unteren Rand der Möglichkeiten markieren. Das zeigt sich schon daran, dass die große Koalition 2013 einen finanzpolitischen Spielraum von 23 Milliarden Euro für vier Jahre ausmachte. Damals war die Finanzlage noch nicht so gut. Da das Bundesfinanzministerium vorsichtig rechnet, sind im 30-Milliarden-Euro-Spielraum noch keine Reserven enthalten. In diesem Jahr rechnet die geschäftsführende Bundesregierung damit, dass die Flüchtlingsrücklage von 6,7 Milliarden Euro nicht benötigt wird. In der Zwischenzeit sind zwar auch Zusatzbelastungen für den Etat hinzugekommen: dabei handelt es sich etwa um den Mobilitätsfonds für die Luftreinhaltung in den Städten, der mit rund 750 Millionen Euro zu Buche schlägt. Dennoch dürfte am Jahresende der Bund einen Milliardenüberschuss ausweisen.

Altmaier mahnte die Parteien, nicht zu überziehen. Das Aufkommen des Solidaritätszuschlages, den Union und FDP reduzieren wollen, beträgt in diesem Jahr 17,6 Milliarden Euro. 2020 steigt das Aufkommen auf 20 Milliarden Euro. Das sei für den Bundesetat eine gewaltige Summe, so Altmaier. Ob der Soli in einem Schritt (FDP) oder in mehreren Stufen (Union) abgebaut wird, müsse in den Verhandlungen geklärt werden. Die Haushaltspolitiker der Union warnen bereits davor, das Geld mit beiden Händen auszugeben. Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sprach sich dagegen aus, den Soli in ein oder zwei Stufen abzubauen. Dies würde riesige Löcher in den Etat schlagen, meinte Rehberg. Die Parteien sollten in den Sondierungsgesprächen klare Prioritäten setzen, sagte Rehberg. Altmaier sagte, er sehe seine Aufgabe als geschäftsführender Finanzminister darin, die Parteien über die finanzpolitischen Spielräume zu unterrichten. Mit der neuen Steuerschätzung ist das leichter geworden.