Kämpft um sein Amt: Georg Fahrenschon Foto: dpa

Der in der Kritik stehende Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon hat Zeit gewonnen. Die Wiederwahl des DSGV-Präsidenten wird verschoben. Weil der Chef die Verbandsgremien nicht über den Strafbefehl informiert hat, werfen ihm einflussreiche Vertreter Vertrauensbruch vor.

Berlin - Der oberste Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon verliert in der Organisation an Rückhalt. Nach Informationen unserer Zeitung wollen einflussreiche Vertreter im Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) an Fahrenschon nicht länger festhalten. Sie werfen dem DSGV-Präsidenten Vertrauensbruch vor, weil er wichtige Verbandsgremien nicht über die Vorwürfe der Justiz gegen ihn unterrichtet habe. Hochrangige Sparkassenvertreter seien von Fahrenschons Ankündigung am Dienstag überrascht worden, ist aus informierten Kreisen zu erfahren. Fahrenschon hätte die Gremien rechtzeitig informieren müssen, heißt es. Es ist sogar von Täuschung die Rede. Den Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung erließ die Münchner Staatsanwaltschaft bereits im März. Dennoch erfuhren Mitglieder der Verbandsleitung erst einen Tag vor der geplanten Wiederwahl am Mittwoch davon. Der Vorgang wurde wegen Indiskretionen öffentlich. In den internen DSGV-Beratungen am Mittwoch musste sich der DSGV-Präsident wegen der späten Information Kritik anhören. Dennoch hält die Mehrheit weiter zu ihm. Die Münchner Justiz wirft ihm wegen verspätet eingereichter Steuererklärungen Steuerhinterziehung vor. Die Erklärungen für 2012 bis 2014 reichte Fahrenschon erst 2016 ein.

Einzelne Stimmen fordern die Ablösung

Hochrangige Sparkassenmanager halten Fahrenschon nicht mehr für tragbar und verlangen die Auflösung des Vertrags. Allerdings gibt es auch Vertreter, die zu Fahrenschon stehen. Zunächst einmal hat der umstrittene DSGV-Chef Zeit gewonnen. Der Präsidialausschuss des DSGV beriet die Lage. Auf Vorschlag von Fahrenschon sei die für Mittwoch geplante Wiederwahl des Präsidenten verschoben worden. Noch am Vortag hatte der frühere bayerische Finanzpolitiker mit CSU-Parteibuch angekündigt, an seiner Kandidatur festhalten zu wollen. Er wollte sich für weitere sechs Jahre an der Spitze des DSGV wählen lassen.

Doch daraus wird vorerst nichts. Zuerst soll Fahrenschon die Anschuldigungen gerichtlich klären lassen. Seine reguläre Amtszeit dauert noch bis Mai 2018. Erst nach Klärung soll über die Wiederwahl entschieden werden. Der Präsidialausschuss zeigte Verständnis für die Lage des Präsidenten. „Ansonsten genießt Herr Fahrenschon unser Vertrauen“, erklärte der Vizepräsident und niedersächsische Sparkassenpräsident Thomas Mang.

Ein hochrangiger Sparkassenfunktionär ist empört über die Unentschlossenheit des Präsidialausschusses. Es fehle an entscheidender Stelle an Courage, heißt es. Der verständnisvolle Umgang mit Fahrenschon sei das falsche Signal. Offenbar gelang es Fahrenschon zunächst, die Gremien davon zu überzeugen, dass das Steuerstrafverfahren glimpflich ausgehen werde.

Einige Gremienmitglieder trauen dem Präsidenten keinen Neuanfang mehr zu. Selbst wenn es richtig sei, dass Fahrenschon – wie er selbst sagt – die Steuererklärung vergessen habe, werfe dies ein fahles Licht auf seine Persönlichkeit und seine Arbeitsweise, hieß es. Die Zweifel sind auch deshalb gewachsen, weil damit gerechnet wird, dass die Bankenaufsicht Bafin Druck auf Fahrenschon ausüben könnte. Bei der Leitung von Banken und Sparkassen kommt es auf die persönliche Integrität der Vorstände und Geschäftsführer an.

Da Fahrenschon auch Aufsichtsratsvorsitzender der Berliner Sparkasse und der Deka-Bank ist, stellt sich die Frage, ob er mit dem Gerichtsverfahren die Aufgaben noch ausüben kann. Nur wenn Fahrenschon die Bafin früh informiert hat, dürfte die Behörde zunächst das Gerichtsverfahren abwarten. Offenbar geht es in dem Steuerstrafverfahren auch um Einnahmen aus den Aufsichts- und Verwaltungsratsmandaten, für die Einkommensteuer und Umsatzsteuer fällig wurden.

Fahrenschon hat eine steile Karriere hinter sich

Der frühere CSU-Politiker hat eine steile Karriere hinter sich. Mit 44 Jahren wurde Fahrenschon 2012 zum jüngsten Präsidenten an der Spitze des DSGV gewählt. Er folgte auf Heinrich Haasis. Mit 49 Jahren wollte Fahrenschon erneut kandidieren. Ob es dazu kommt, hängt in der Schwebe.

Dabei war der Ruf des früheren Bundestagsabgeordneten stets tadellos. Als Finanzpolitiker galt er als fachkundig, fleißig und umgänglich. Nach einer Zwischenstation als Finanzstaatssekretär in München wurde er 2008 bayerischer Finanzminister. Auch in dieser Position machte er eine gute Figur. Zu seinen Hauptaufgaben gehörte das Krisenmanagement bei der BayernLB. Immer wieder wurde Fahrenschons Name auch genannt, wenn es um höhere Aufgaben im Bund ging. CSU-Chef Horst Seehofer wollte ihn mehr als einmal in die Hauptstadt lotsen – doch Fahrenschon lehnte ab. Er entschied sich schließlich für den lukrativen Job bei den Sparkassen. Sein Verdienst soll schätzungsweise 700 000 bis eine Million Euro pro Jahr betragen.

An der Spitze des DSGV war Fahrenschon schon vor der Steueraffäre nicht unumstritten. Kritiker bemängeln, dass sich der Bayer verzettelt habe. Bisher fehlt es aber an Alternativen. Wie lange noch?