Die Sternenform ist angelehnt an die Bezeichnung Sternenkinder. Foto: Theresa Ritzer

Auf dem Oberen Friedhof in Sielmingen erinnert ein Grab in der Form eines Sterns an Kinder, für die es keine Geburtsurkunde gibt. Weil sie tot zur Welt gekommen sind. Über ihren sterblichen Überresten blüht der Lavendel, Schmetterlinge flattern umher. Für die Eltern ist es ein tröstlicher Ort.

Sielmingen - Das Grab hat die Form eines fünfzackigen Sterns. In einer Spitze steht eine kleine gläserne Vase, in der lilafarbene Blumen arrangiert sind. Dahinter liegt ein faustgroßer, weißer Stein. In schwarzen Buchstaben hat jemand den Namen Matteo darauf geschrieben. Als Erinnerung an ein Kind, für das es keine Geburtsurkunde gibt – weil es tot zur Welt kam. Der Junge ist ein Sternenkind. „Viele Eltern solcher Sternenkinder wurden mit dieser Situation sehr lange allein gelassen“, sagt Cornelia Banaschewski, die bei der Abteilung Friedhofswesen der Stadt Filderstadt arbeitet.

Sternenkinder in Würde beisetzen

Föten mit einem Geburtsgewicht von weniger als 500 Gramm wurden bis ins Jahr 2013 sogar als Klinikmüll betrachtet. „Doch für viele Eltern ist ein Sternenkind auch ein Kind“, sagt Banaschewski. „Die Mutter hat vielleicht bei einer Ultraschalluntersuchung schon die Herztöne des Kindes gehört.“ Aus diesem Grund entschloss sich die Stadt, ein Grab speziell für Sternenkinder anzulegen, in dem diese in Würde beigesetzt werden können. Das Sternenfeld auf dem Oberen Friedhof in Sielmingen gibt es seit September 2014. Anlass war, dass einige Monate zuvor das Bestattungsgesetz für Baden-Württemberg geändert wurde. Seither dürfen auch Sternenkinder mit einem Gewicht von unter 500 Gramm bestattet werden, wenn Eltern dies wünschen.

„Wir wollten mit dem Sternenfeld daher einen Gedenkort speziell für die betroffenen Familien schaffen“, sagt Susanne Omran, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Filderstadt. „Viele Eltern stellen sich immer wieder die Frage, warum es ausgerechnet sie treffen musste.“ Es sei daher wichtig, dass diese Eltern einen Ort für ihre Trauer hätten. Um die Pflege des Sternenfelds kümmern sich von der Stadt angestellte Gärtner. Ebenso wie für die Beisetzung müssen betroffene Familien nicht dafür aufkommen. „Für uns ist es außerdem wichtig, die Bestattungen der Sternenkinder immer individuell vorzunehmen“, sagt Banaschewski, damit die Eltern eine eigene Trauerfeier haben können. „Wenn die Eltern es wünschen, ist dort auch ein Pfarrer dabei“, sagt Banaschewski. Bevor es das Sternenfeld in Sielmingen gab, konnten Sternenkinder im anonymen Gräberfeld auf dem Friedhof in Plattenhardt bestattet werden. „Obwohl die letzte dieser Bestattungen jetzt vier Jahre her ist, kommen betroffene Eltern immer noch dorthin und bringen Blumen“, sagt Banaschewski. Daran könne man gut sehen, dass um Sternenkinder genau so getrauert würde wie um andere gestorbene Kinder. „Aber wir wollten diesen Eltern etwas Pietätvolleres bieten“, sagt Banaschweski. So seien sie auf das Sternenfeld gekommen.

Im Erdenbettchen zur letzten Ruhe

Das Friedhofsamt Filderstadt bietet betroffenen Familien Erdenbettchen an, kleine weiße Särge, nicht größer als 20 oder 30 Zentimeter. „Bei uns haben immer wieder Eltern angefragt, in was sie ihr totes Kind beerdigen können“, sagt Banaschewski. Sie hätten dann Schuhkartons vorgeschlagen. „Aber das hat uns nicht gefallen“, sagt sie. Auch hier hätten sie eine pietätvollere Lösung gesucht. Die Sternenform des Grabs ist dabei an eine der Bezeichnungen für solche Kinder angelehnt.

In der Mitte des sternförmigen Grabs auf dem Friedhof in Sielmingen wächst Lavendel. Zwischen den Blüten flattern Schmetterlinge umher. „Das passt gut“, sagt Banaschewski. Denn Sternenkinder werden auch Schmetterlingskinder genannt, diese Bezeichnung ist allerdings nicht so häufig. Die Schmetterlinge soll auch eine Stele aufgreifen, die gerade für das Sternenfeld gestaltet wird. „Sie soll die Form einer Blume haben, um die Schmetterlinge aus buntem Glas herumfliegen“, beschreibt Banaschewski. Die Stele soll in der Mitte des Sterns aufgestellt werden.

Dort können dann die gläsernen den echten Schmetterlingen im Lavendel Gesellschaft leisten – und an die Kinder erinnern, die nach ihnen benannt wurden. Kinder wie Matteo.