Sind die neuen Vize-Polizeipräsidenten richtig ausgesucht, fragt die FDP. Ja, sagt Innenminister Thomas Strobl. Und verweist in seiner Antwort auf eine Anfrage der Liberalen auf die Regularien von Stellenausschreibungen. Gleichzeitig relativiert er frühere Aussagen zum Terrorismus.
Stuttgart - Die Besetzung der Posten von Vizepräsidenten von baden-württembergischen Polizeidienststellen hat ein parlamentarisches Nachspiel. Anfang September hatte Innenminister Thomas Strobl (CDU) neue Stellvertreter für die Polizeipräsidien Aalen, Karlsruhe, Ludwigsburg, das Polizeipräsidium Einsatz sowie das Landeskriminalamt ernannt. Vor allem an letztgenannter Personalentscheidung reiben sich die FDP-Abgeordneten im Landtag.
Denn mit dem Leitenden Kriminaldirektor Hans Matheis wurde der bisherige Leiter der Staatsschutzabteilung des LKA Vizepräsident in Karlsruhe – obwohl er wie kaum ein anderer für den Posten des Stellvertreters im LKA geeignet scheint. Dafür spricht nicht nur, dass Matheis eine – international anerkannte – Expertise in den Bereichen Rechtsextremismus und islamisch motivierter Terrorismus mitbringt. Überdies wurde er in den USA an der FBI-Akademie in Quantico auch in Anti-Terror-Strategien ausgebildet und ist so in internationale Netzwerke eingebunden.
Strobl relativiert frühere Aussagen zur Bedrohung durch Terrorismus
Ob die Themen Staatsschutz und Cyberkriminalität für den Innenminister zu den „besonders bedeutsamen und priorisierungswürdigen bei der polizeilichen Arbeit in den kommenden Jahren“ zählen, wollten die Liberalen deshalb wissen. Dies seien „bedeutende polizeiliche Handlungsfelder“, antwortete Strobl. Allerdings stellten sie „nur einen Bereich in der gesamten polizeilichen Aufgabenwahrnehmung dar“. Dies hatte Strobl in der Vergangenheit in Landtagsreden und Interviews noch anders dargestellt. Insofern argumentiert er bei der Neubesetzung des LKA-Vize, dieser müsse – wie in allen anderen Dienststellen auch – ein Generalist sein. So seien auch bei den Stellenausschreibungen „keine speziellen fachlichen Kenntnisse, etwa im Bereich ‚Staatsschutz‘ oder ‚Cyber‘ vorausgesetzt“ worden und seien damit auch für die Entscheidung, welcher Spitzenbeamte auf welche Stelle gesetzt wurde, nicht relevant gewesen.
Auch wenn der neue LKA-Vize Andreas Renner ein anerkannter Polizeiführer ist, äußert sich Strobl dazu nicht: Matheis erfüllt – wie alle anderen Vizepräsidenten auch – die vom Ministerium geforderten Qualifikationen für Vizepräsidenten. Aber gerade im LKA bringt er – quasi als Sahnehäubchen – zusätzliche Expertise mit.
FDP wirf Innenminister vor, falsche Prioritäten zu setzen
Das bringt FDP-Chef Hans-Ulrich Rülke gerade nach dem rechtsradikalen Terroranschlag von Halle auf die Palme: „Wir sind verwundert, dass Innenminister Strobl bei der Besetzung der Position des LKA-Vizepräsidenten ausdrücklich keinen Wert auf eine besondere Expertise in den Bereichen Staatsschutz und Cyberkriminalität legt. Damit setzt er falsche Prioritäten. Wir hätten vom Innenminister in diesen Themenfeldern stärkere Akzente erwartet, damit er seinen Sonntagsreden endlich auch Taten folgen lässt.“ Die terroristische Bedrohung für Deutschland und Baden-Württemberg sei unverändert hoch. Mit der zu erwartenden Rückkehr von Kämpfern der Terrororganisation Islamischer Staat nach Deutschland werde sie zunehmen. Alleine am Wochenende flohen als Folge der türkischen Invasion in Nordsyrien etwa 1000 IS-Terroristen aus kurdischen Gefangenenlagern.
„Daher ist es wichtig, dass das LKA hier über exzellente Expertise und Kontakte zu Sicherheitsstrukturen befreundeter Staaten verfügt“, sagt Rülke. Zumal große Herausforderungen im Bereich der Cybersicherheit anstünden. Im Südwesten gebe es im Bereich der Bekämpfung der Cyberkriminalität zu viele Organisationen, die nebeneinander arbeiten.