Staatssekretär Ingo Rust vor den Fundamenten. Foto: ari

Während Keltenfans aus aller Welt derzeit zur großen Ausstellung nach Stuttgart eilen, erwacht an der Donau ein Stück keltischer Welt zu neuem Leben: Das Land lässt das Steintor der Heuneburg teilweise rekonstruieren.

Herbertingen - Baden-Württemberg, das Stammland der Kelten: Nirgendwo lässt sich das so klar erkennen wie am Ufer der Donau bei Herbertingen nahe Sigmaringen. Die sogenannte Heuneburg aus dem 6. Jahrhundert vor Christus gilt als die älteste Stadt nördlich der Alpen. Ein Freilichtmuseum mit rekonstruierten Gebäuden vermittelt den Besuchern, welche Bedeutung diese Siedlung damals hatte.

Zu den zahlreichen Funden der Region – viele davon sind derzeit in der Großen Landesausstellung zu sehen – kam im Jahr 2005 noch das Fundament des zentralen Steintors. Hier im Nordwesten der Anlage betraten die Menschen damals die Stadt. Sie durchschritten ein monumentales, 16 Meter langes und zehn Meter breites Torhaus aus Ziegelsteinen – gebaut auf einem Kalksteinsockel. „Der Fund war absolut spektakulär, eine Sensation“, sagte am Montag Wirtschaftsstaatssekretär Ingo Rust (SPD), in dessen Ressort der Denkmalschutz fällt.

Doch die Freude über das freigelegte Fundament schlug bald in Ernüchterung um. Denn es erwies sich als nahezu unmöglich, dieses Denkmal von europäischer Bedeutung der Nachwelt zu erhalten. Die Steine zerbröseln unter dem Einfluss der Witterung zusehends, von Jahr zu Jahr zeigen die Quader mehr Risse.

Der gesamte Fund wird wieder zugeschüttet

„Wir hatten deshalb zunächst die Idee, das Fundament zu überdachen“, sagte der Chef des Landesamts für Denkmalpflege, Claus Wolf. Je näher sich die Archäologen mit dem Projekt befassten, das etwa eine halbe Million Euro gekostet hätte, desto skeptischer wurden sie. Wolf: „Wir hatten keine Garantie, dass dieser Schutz wirkt, deshalb mussten wir die Notbremse ziehen.“

Die nun vom Land beschlossene Alternative sieht einen ganz anderen Weg vor. Da das Steintor nur dann zu erhalten ist, wenn man es wieder fachgerecht mit Erde bedeckt, wird der gesamte Fund wieder zugeschüttet. „Nur so kann man weitere Beschädigungen durch Frostsprengung und Wühltiere verhindern“, sagte Landesarchäologe Dirk Krauße am Dienstag auf der Heuneburg.

So könne man den Zustand für die nächsten Forscher-Generationen erhalten. Forscher, die dann möglicherweise bessere Techniken kennen, um Kalksteine gegen die Witterung zu schützen. Bevor der erste Frost kommt, wird das einzigartige archäologische Denkmal also unter einer 30 bis 50 Zentimeter dicken Erdschicht verschwinden. „Die Begeisterung darüber war nicht groß, es war aber der einzige Weg“, sagt Rust.

„Das wird keine komplette Rekonstruktion, wir wollen nur den archäologischen Befund wiederherstellen“

Um heutige Besucher nicht leer ausgehen zu lassen, hat sich die Landesregierung nun entschlossen, das Steintor teilweise rekonstruieren zu lassen: Mit Quadern aus einem nahen Steinbruch soll das Fundament über dem Original neu entstehen.

„Das wird keine komplette Rekonstruktion, wir wollen nur den archäologischen Befund wiederherstellen“, sagte Wolf. Damit sich die Besucher ein Bild von der Monumentalität der mindestens fünf Meter hohen Anlage machen können, soll außerdem eine Stahlsilhouette die Umrisse der Toranlage nachzeichnen. Infotafeln und eine 3-D-Animation auf einem Monitor sind weitere didaktische Elemente.

Vor allem aber soll auch das Umfeld des Tors so gestaltet werden, wie es die alten Kelten vor Augen hatten, als sie die Heuneburg betraten. Das Tor fügt sich nämlich ein in einen hohen Wall. Wer in die Stadt wollte, musste außerdem einen sieben Meter tiefen Graben überqueren, über den sich eine hölzerne Brücke spannte. „Die Besucher können so den historischen Weg zur Heuneburg nachvollziehen“, sagte Rust.

Ein Landesmuseum ist die Heuneburg nicht – und soll es auch künftig nicht werden

Insgesamt stellt das Land dafür eine halbe Million Euro zur Verfügung. Das Land werde damit auch seiner Verantwortung für die einzigartige Fundstätte gerecht, sagte der Staatssekretär. Ein Landesmuseum ist die Heuneburg dennoch nicht – und soll es auch künftig nicht werden.

„Das könnten wir finanziell nicht stemmen“, enttäuschte Rust die Hoffnung der Gemeinde Herbertingen, das Museum auf weitere Schultern zu verteilen. Einzelne Maßnahmen jedoch will das Land auch weiterhin finanzieren.

Die Teilrekonstruktion des Steintors hält Herbertingens Bürgermeister Michael Schrenk jedenfalls für eine „gute Lösung und eine Bereicherung für die archäologische Landschaft der Region“. Die Anlage, die im kommenden Jahr fertig sein soll, ist auch als Appetitanreger für das Freilichtmuseum gedacht: Das Kassenhäuschen steht erst innerhalb der Keltenstadt, der Zugang zum Tor ist gratis.