Die Jugendlichen lernen beim Workshop die Programmiersprache Scratch kennen. Alle Schüler sind mit Feuereifer dabei, wenn es darum geht, den selbst ausgedachten Tieren und Figuren Leben einzuhauchen. Foto: KS-Images.de

Die Schüler der Erich Kästner Realschule lernen in einer Projektwoche „Kreatives Programmieren“.

Steinheim - Die Schüler der Klasse 7a hören konzentriert zu, was Oliver Koll erklärt. Danach fotografieren sie die selbst gemalten Hintergrundbilder und Figuren mit dem iPad. Später werden die wieder mit einer App an den Rändern beschnitten – das spart viel Arbeit in den nächsten Arbeitsschritten.

Koll ist Medienreferent der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung (LKV) und unterstützt Lehrer Uwe Maisenhölder an diesem Tag an der Erich Kästner Realschule. Maisenhölder hatte nämlich vor ein paar Wochen einen Flyer der LKV in seinem Schulpostfach gefunden und „ich fand das Angebot total interessant“. Im Projekt „Animation Code“ lernen Schüler, eigene Geschichten und Spiele zu erschaffen. Sie entwerfen, malen und basteln ihre Figuren dazu. Und im nächsten Schritt erwecken sie diese in den eigens erschaffenen Welten mit einer Programmiersprache namens „Scratch“ zum Leben. Die Schüler sollen dadurch eine hohe Kompetenz im Umgang mit neuen Medien erlernen.

„Muss noch jemand in die Foto-Box ?“, fragt Oliver. Alle Schüler rufen den Medienreferent beim Vornamen. Der 15-jährige Mahdi nicht, er stellt gerade am Tablet die Bilder frei, die er abfotografiert hat.

„So, endlich fertig!“, erklärt er. Sein Nebenmann quittiert das mit Lob: „Ja, das ist gut so.“ Teils haben die Jugendlichen Figuren gemalt, teils mit einer speziellen Knetmasse selbst geformt. In der Foto-Box zerlegen sie dann eine Bewegung in viele Einzelschritte, formen also jedes Mal die Figur um. In Sisyphusarbeit wird dann später aus vielen einzelnen Bildern ein flüssiger Ablauf, fast so, wie sich ein Film aus vielen Einzelbildern zusammen setzt.

Dabei wird eng in Teams zusammen gearbeitet. Und da bleiben auch unterschiedliche Meinungen einfach nicht aus. Am Nebentisch diskutieren gerade Josefine und Talea. Sie können sich im ersten Anlauf nicht darauf einigen, ob der Hintergrund an den Rändern eher dunkel drohend oder freundlich hell werden soll. „Wir sind uns eigentlich bei fast allem einig. Aber halt nicht bei komplett allem“, meint Josefine. Kurz überlegen sie, ob sie nicht einfach eine Entscheidung mit „Schnick-Schnack-Schnuck“ herbeiführen sollen. Doch dazu kommt es nicht, Talea lenkt ein.

Schon klingelt es zur Pause. Aber: Es passiert nichts. Keiner stürmt aus dem EDV-Raum. Jeder ist mit Feuereifer dabei. „Wir achten aber darauf, dass sie dennoch Pause machen, denn die brauchen sie“, meint Oliver Koll.

Der wird den gesamten Tag über von allen Seiten belagert, gibt kurze Tipps und leise, freundliche Instruktionen – wie ein Profi eben. Das ist er ja auch, hat er doch Medienpädagogik studiert und zusätzlich mit „Documentary Production“ auch noch einen Abschluss als Filmemacher. Mit von der Partie ist immer ein Informatiker. Diese Woche ist das Philipp Kitzberger. Das ist notwendig, wenn etwa plötzlich die Firewall der Schule den Zugriff auf das Bild-Programm verweigert. „Da gibt es so eine KI, also eine künstliche Intelligenz in Form einer Software. Wir werfen alle Bilder rein und hinten kommt es dann fertig freigestellt raus“, werfen sich Koll und Kitzberger die Bälle zu. Wenn alles klappen würde, wäre die Figur vom Hintergrund getrennt und könnte später mit Scratch vor jeder erdenklichen Kulisse zum Leben erweckt werden. Betonung auf „könnte“ – denn auch heute klappt nicht alles. „Hier ist die Infrastruktur immerhin gut. An manch anderen Schulen haben wir auch schon technische Katastrophen erlebt“, schildert Kitzberger die Erfahrung von Touren an den Schulen in Baden-Württemberg. Doch Koll und Kitzberger wären nicht Profis, wenn sie nicht auch für Pannen und Probleme eine Lösung parat hätten.

Kurzerhand zeigt Kitzberger nun den Schülern, wie sie das Freistellen alternativ mit einem Präsentationsprogramm vom Schulrechner lösen können. Emina ist im Team mit Elona und hat alle Hände voll zu tun – mit braunem „magischen Sand“. Das ist ein künstliches Material, das nicht austrocknet und somit lange formbar bleibt. Genau das, was sie für den Untergrund ihrer Filmszene wollen. Im EDV-Raum nebenan sitzt Max bereits an der Tastatur, assistiert von Jannik, und gibt Befehle in Scratch ein. Kaum zu glauben: Die beiden haben erst am Vortag damit angefangen und animieren schon jetzt virtuos die Figuren ihres Spiels und bewegen sie über den Bildschirm. Lehrer Uwe Maisenhölder schaut fasziniert zu: „Da wäre man selbst gern nochmals Schüler. Vermutlich können die beiden das auch schon besser wie ich.“

Felina macht es ebenfalls viel Spaß: „Ich lerne hier jetzt schon für später, wie sich Grafiken bearbeiten lassen.“ Sie möchte „später einmal etwas beruflich mit Medien machen“. Gut möglich, dass diese Projektwoche für Felina dabei zu einem entscheidenden Impuls für ihre spätere Berufswahl und Karriere geworden ist.