Caroline Bechtold (links) und Julia Bestle sind der Vorstand des Vereins Abenteuerland. Die Mitglieder wollten 2017 in Steinenbronn eine Kita gründen. Foto: Malte Klein

In unserer Serie „Mein 2017“ sprechen wir mit Menschen, die voriges Jahr etwas Außergewöhnliches erlebt haben. Wir fragen nach, wie es ihnen geht, was sich inzwischen verändert hat und blicken auch ein wenig in die Zukunft. Heute: Caroline Bechtold und Julia Bestle wollten eine Kita gründen und sind gescheitert.

Steinenbronn - Für Julia Bestle und Caroline Bechtold war 2017 ein Jahr voller Tatendrang, Enttäuschungen und Mut. Die beiden jungen Frauen sind die Vorsitzenden des 2017 gegründeten Vereins Abenteuerland. Sie wollten eine Kindertagesstätte in Steinenbronn betreiben und der Gemeinde so über einen Engpass von Plätzen hinweg helfen. Dass es den gab, weiß Julia Bestle nur zu gut. Denn die heute 23-Jährige hat für ihre Tochter damals keinen Platz in der Kinderkrippe bekommen. Außerdem gab ihr und ihren Mitstreiterinnen eine Prognose der Gemeindeverwaltung von 2016 zu denken, wonach bei einer Aufnahmequote von 100 Prozent in Kindergärten es bereits im Frühjahr 2018 keine freien Plätze mehr gäbe. Für Juli 2019 hätten die Prognosen noch düsterer ausgesehen: Dann würden 42 Kitaplätze fehlen – trotz Rechtsanspruch der Eltern darauf.

Bestle und ihre 37 Jahre alte Stellvertreterin Bechtold und andere Frauen wurden aktiv. „Ich weiß noch, wie wir selbst zu Weihnachten 2016 in jeder freien Minute am Konzept für das Abenteuerland gearbeitet haben“, erinnert sich Bechtold. Ende Januar 2017 gründeten sie den Verein und wollten spätestens 2018 die Kita eröffnen. Doch es kam anders.

Schock in der Gemeinderatssitzung

Der Wendepunkt war Ende Februar, als Bestle und Bechtold zu Gast im nicht-öffentlichen Teil einer Gemeinderatssitzung gewesen waren. „Wir dachten, dass wir da unser Konzept vorstellen sollten“, erinnert sich Bestle. Doch sie hätten die Sitzung auf den Besucherstühlen verbracht. „Es ging beim Gespräch der Gemeinderäte nur um die Frage, welche Zusagen die Verwaltung uns gegenüber gemacht hatte.“ Diese Sitzung war ein Tiefpunkt für die beiden Frauen und ihre Mitstreiter. Vor der Tür des Saals hatte Bechtold später verkündet: „Das war’s mit der Kita Abenteuerland.“ Die Gemeinderäte hatten entschieden, dass die Kommune für die Kinderbetreuung zuständig sein soll und sie keinen freien Träger wollen.

Später hätten sie Besuch von Gemeinderäten bekommen, die sich für ihre Kita-Ideen interessiert hätten. „So funktioniert eine Partnerschaft aber nicht. Das war nicht auf Augenhöhe“, kritisiert Bechtold. Sie und ihre Mitstreiterinnen sind überzeugt: „In einer anderen Gemeinde als Steinenbronn wären wir ganz anders aufgenommen worden.“

Auch nach dem Aus haben sich die Frauen weiter getroffen. Bechtold beschreibt die Atmosphäre: „Es war wie bei einer Trauergesellschaft. Denn wir hatten ja plötzlich kein Projekt mehr.“ Dabei hatten sie schon so viel Zeit und Energie investiert. Sie fragten sich, ob es denn noch Sinn ergeben würde, weiter ein Verein zu sein. Und in welche Richtung sollten sie sich entwickeln, wenn nicht zur Kita. „Wir haben dann unsere Kernidee von der Pädagogik neu aufleben lassen.“ Bestle ergänzt: „Wir wollen uns dafür einsetzen, dass Steinenbronn familienfreundlicher wird.“

Abenteuer-Spielgruppe auf dem Aktivspielplatz

So kamen sie auf die Idee, eine Spielgruppe für Kinder einzurichten – auf dem Aktivspielplatz (Aki), der von einem Verein betrieben wird. „Die Vorsitzende Ingrid Brauner hat uns angeboten, dass wir das Gelände nutzen dürfen, und das war Balsam auf unsere Seelen“, sagt Bechtold. Das erste Mal war die Spielgruppe an einem Nachmittag um 15 Uhr im Mai. „Die Ersten waren um 14.55 Uhr da, und wir haben ein tolles Feedback bekommen.“ Sie boten die Gruppe im drei Wochen-Rhythmus an. Die Resonanz sei sehr groß: „Manche Eltern hätten die Abenteuer-Spielgruppe gerne jede Woche. Aber dafür fehlen uns die Ressourcen.“ Daher bleibt es 2018 bei diesem Rhythmus. Die Kinder können auf dem Gelände die Natur erleben, im Sand spielen, im See planschen und etwas Besonderes erleben. „Im Sommer hatten wir Früchte in Eis gefroren, die die Kinder rausschlagen durften.“ Zum Lichterfest der Gruppe Ende November kamen sogar 100 große und kleine Besucher auf den Aki.

Bechtold sagt, dass sie trotz allem zufrieden sind mit dem Jahr 2017: „Wir haben gemerkt, dass wir den Kopf nicht in den Sand stecken dürfen, sondern dran bleiben müssen.“ Manchmal ergebe sich dann etwas anderes. „Wir haben gemerkt, wie viele Ressourcen wir haben.“ Bestle ergänzt: „Ich habe in dem Jahr hier so viele Leute kennengelernt. Ich gehe jetzt ganz anders durch Steinenbronn.“