Hier nahm alles seinen Anfang: Dennis Strobel (links) und Vincent Schuster vor dem Rathaus in SteinenbronnFoto: Felix Heck Foto:  

In der Stadtverwaltung von Steinenbronn (Kreis Böblingen) rumort es, außerdem fehlt nach wie vor ein Ortsbaumeister. Zwei Radiomacher thematisieren die Probleme nun in einem Rap auf ihre eigene Art. Was Bürgermeister Johann Singer dazu sagt? Nichts.

Steinenbronn - Von der Autobahn nicht weit, wo über 6000 wohn’/liegt ein Ort mit Tradition/Kelten bauten hier schon.“ So beginnt er – der Liedtext, der im beschaulichen Steinenbronn die Wellen der Empörung hochschlagen ließ. Eigentlich hört sich das, was die Radiomoderatoren Vincent Schubert und Dennis Strobel zu einer eingängigen Melodie über die Gemeinde im Landkreis Böblingen rappen, relativ harmlos an. Das Projekt der beiden entstand im Auftrag des Ludwigsburger Radiosenders Energy. Dessen wöchentliche „Hood Hop“-Serie rückt mittels kreativer Raptexte lokale Problemfälle ins Blickfeld der jungen Hörerschaft. Neben dem gerappten Lied erstellten die Hörfunkjournalisten auch einen grellen Videoclip mit Hip-Hop-Flair zu Steinenbronn – schnelle Schnitte, ausufernde Rap-Gesten und viel Humor inklusive. Was auf den ersten Blick wie ein Werbespot für das Fremdenverkehrsamt aussieht, wird im Steinenbronner Rathaus allerdings gar nicht gern gesehen.

In den Amtsstuben löste die Rap-Einlage einige Irritationen aus, was vor allem am zweiten Teil des Liedes liegen dürfte. „Eindeutig beschissen, wenn es kracht auf dem Amt/ständig gierige Intrigen/Homie macht dich nur krank“, heißt es dort. Mit ihren bissigen Kommentaren spielt das Radioduo auf ein wiederkehrendes Gesprächsthema in der Gemeinde an: Aus dem Steinenbronner Rathaus ist seit Monaten Unmut zu vernehmen. Die Rede ist von einem komplizierten Betriebsklima unter Bürgermeister Johann Singer, hinzu kommt die schwierige Personalsituation an der Spitze der Verwaltung: Die Stelle des Ortsbaumeisters ist seit der Kündigung von Amtsinhaber Thomas Buck zum Jahresende noch immer unbesetzt. Außerdem kann der Hauptamtsleiter aktuell nicht im Dienst sein, heißt es (wir berichteten). Grund genug für Radio Energy, dem auf den Grund zu gehen.

„Misstrauen und schlechte Stimmung im Ort“

Schon im Vorfeld ihres Drehs habe sich ein Reporter des Senders in der Gemeinde umgehört, sagen die Moderatoren. Die Rechercheergebnisse seien eindeutig gewesen: Im Ort scheinen laut den Reportern Misstrauen und schlechte Stimmung gegenüber dem Verwaltungsapparat an der Tagesordnung zu sein. „Daraus einen ‚Hood Hop’ zu machen, war für uns dann schnell klar“, sagt Vincent Schuster. Noch konnten die Ludwigsburger Moderatoren allerdings nicht ahnen, was sie beim Videodreh vor Ort erwarten sollte: Als der Dreh einer Sequenz in der Tiefgarage des Steinenbronner Rathauses anstand, kam es dort zur direkten Konfrontation mit der Stadtverwaltung.

„Irgendjemand muss das Rathaus über unsere Anwesenheit informiert haben. Als wir in der Tiefgarage drehen wollten, kam plötzlich der Ordnungsamtsleiter auf uns zu. Der sagte uns, wir hätten ja wohl keine Drehgenehmigung und sollten bitte gehen“, berichtet Schuster. Auf Nachfrage, ob eine solche bei ihm zu erwerben sei, habe der Ordnungsamtsleiter erwidert, dass der Bürgermeister dem Privatsender sicherlich keine ausstellen würde. Die ablehnende Haltung soll Ordnungsamtsleiter Lukas Lang laut Schuster mit dem Satz „Wir wissen, warum Sie hier sind“ begründet haben. „Freundlich, aber bestimmt“ habe der Beamte auf Schuster gewirkt. Das Produktionsteam wurde zum Rückzug aufgefordert. Das Video wurde trotzdem fertig produziert, es ist auf dem Youtube-Kanal von Radio Energy abrufbar.

Bürgermeister sieht sich zur Neutralität verpflichtet

Auf Nachfrage unserer Zeitung wollte sich Steinebronns Bürgermeister Johann Singer zu dem Sachverhalt zunächst nicht äußern. Der Verwaltungschef sei zu beschäftigt, um Auskunft zu geben, hieß es auf unsere Anrufe. Am Donnerstag dann ein Durchbruch: Bürgermeister Singer schien sich zu einer Stellungnahme durchgerungen zu haben – nur um tags darauf sämtliche Aussagen zurückzuziehen. So gebiete es ihm der Respekt vor den Bewerbern, die sich aktuell um den Chefsessel im Rathaus bewerben würden. Im Sommer wählt Steinenbronn einen neuen Bürgermeister, Johann Singer wird dann nicht mehr antreten. Aufgrund des laufenden Wahlkampfes sieht Singer sich zur Neutralität verpflichtet und ist nicht bereit, zu Vorgängen in der Verwaltung Stellung zu beziehen.

Für Schuster und Strobel war die Reaktion an der Tiefgarage eher eine Bestätigung der zahlreichen Gerüchte um die Steinenbronner Verwaltungsmisere. „Ich finde, man hat da die Dünnhäutigkeit der Steinenbronner Verwaltung gesehen“, sagt Schubert im Nachgang. „Wir sind ja nicht da, um irgendjemandem an den Karren zu fahren, sondern um unsere Hilfe anzubieten“, ergänzt sein Kollege Dennis Strobel. Der restliche Liedtext sei außerdem „eine reine Lobeshymne auf Steinenbronn“ gewesen. Aus dem Rathaus gab es dafür keinen Beifall – bis heute habe Radio Energy kein Wort mehr aus dem Rathaus vernommen, sagen die Moderatoren.