Auf Gras folgen Bäume auf dieser Wiese in Steinenbronn. Foto: Malte Klein

Ein Mann will nicht, dass die Wiese vor seinem Balkon zusehends verbuscht – und beschäftigt damit das Regierungspräsidium, das Landratsamt, das Landwirtschaftsamt und das Naturschutzamt.

Steinenbronn - Wenn Edzard Klapp vom Balkon seines Hauses an der Vaihinger Straße in Steinenbronn schaut, fällt sein Blick auf Bäume und Sträucher oberhalb der Sonnenhalde. Das war nicht immer so. Denn früher war dort nur eine Wiese. Und wenn es nach Klapp geht, will er diese Wiese wieder zurück. Dafür macht er sich stark und hat dazu von Oktober 2016 bis April drei Briefe an das Referat Naturschutz und Landschaftspflege des Landratsamts Böblingen geschickt – offenbar weil auf sein erstes Schreiben keine Antwort kam. Im Brief vom April, der der Redaktion vorliegt, heißt es: „Inzwischen gleicht der Hang bereits eher einem Wald als Grünland.“ Klapp möchte von der zuständigen Behörde wissen, ob diese die Verbuschung stoppen wird. Er weiß, dass die Wiese im Eigentum einer Erbengemeinschaft ist und seit Jahren nicht mehr landwirtschaftlich genutzt wird, so dass sie zuwächst. „Ich befürchte, dass mir demnächst der Ausblick ins Tal von einem wild gewachsenen Wald versperrt wird“, äußert Klapp dem Landratsamt seine Bedenken.

Die Fläche, um die es ihm geht, liegt im Landschaftsschutzgebiet Glemswald. Dieses umfasst ein 13 337 Hektar großes zusammenhängendes Waldgebiet, das von Stuttgart über Leinfelden-Echterdingen bis nach Steinenbronn reicht. Diese Fläche entspricht 133 Quadratkilometern.

Regierungspräsidium: Der Glemswald soll erhalten werden

In der Verordnung des Regierungspräsidiums Stuttgart über das Landschaftsschutzgebiet heißt es: „Wesentlicher Schutzzweck ist die Erhaltung des Glemswaldes als zusammenhängendes Waldgebiet mit angrenzenden Freiflächen, Tälern und Teilbereichen der Filderebene in seiner Vielfalt, Eigenart und Schönheit.“ Dazu zählten etwa typische Bildungen des Keuperberglandes wie Keuperklingen, naturnahe Laubwälder, bodenfeuchte Wälder, artenreiche und wärmeliebende Waldgesellschaften ebenso wie Altholzbestände, naturnahe Fließgewässer, Streuobstwiesen, aber auch Grünlandflächen und Äcker.“

Klapp folgert daraus, dass ausdrücklich auch offene Wiesenflächen, nämlich Grünland, unter Schutz stehen. Und darunter falle ja die Wiese vor seinem Balkon.

Das sieht die Mitarbeiterin des Landratsamts jedoch anders. In ihrem Antwortschreiben heißt es: „Im Moment ist meine naturschutzfachliche Ersteinschätzung die, dass die angesprochene Verbuschung nicht im Widerspruch zur Landschaftsschutzgebietsverordnung steht.“ Aus ihrer Sicht würden dort Tiere ihren Lebensraum verlieren, wenn die Büsche und Bäume beseitigt würden. Näheres könne die Mitarbeiterin erst sagen, wenn sie sich die Fläche vor Ort angesehen hat. Ansonsten gebe es eine Pflegepflicht für nicht mehr landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, von der aber unter Umständen auch abgewichen werden könne. Auskünfte dazu könne die Gemeinde geben.

Der Anwohner sieht einen Widerspruch

Klapp ist mit der Auskunft des Landratsamts nicht zufrieden: „Ich finde es als im Widerspruch zu den Intentionen jener Verordnung stehend, wenn man sich behördlicherseits für die ungehinderte Ausbreitung des Waldes stark macht.“

Simon Römmich, der Ordnungsamtsleiter der Gemeinde Steinenbronn, nimmt auf Anfrage Stellung: „Es gibt grundsätzlich eine Pflegepflicht für ehemals landwirtschaftlich genutzte Flächen. Aber es gibt eine Ausnahme.“ Das Landratsamt prüfe derzeit, ob die Fläche Grünland bleiben solle oder zu Wald werden darf. Konkret seien damit das Landwirtschaftsamt und das Naturschutzamt befasst. Römmich zufolge gibt es aber bereits eine Ersteinschätzung, die keinen Gegensatz des jetzigen Zustands zum Landschaftsschutz erkennen ließe. „Demnach würde es dort noch mehr Lebensraum geben, wenn dort Büsche wachsen.“ Römmich geht davon aus, dass es für Mitarbeiter des Landratsamts und der Gemeindeverwaltung einen Ortstermin geben wird.