Die allgemeine Preissteigerung macht sich in vielen Bereichen bemerkbar, auch bei den Preisen für Kalb- und Rindfleisch. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum Döner jetzt teurer werden. Wir haben bei einigen Stuttgarter Anbietern nachgefragt.
An diesem Döner kommt eigentlich keiner vorbei, der auf der Königstraße unterwegs ist, allein schon des Namens Ützel Brützel wegen. Ein Standortvorteil gegenüber vielen anderen, bestätigt die Geschäftsführerin Filiz Recber. Zugleich aber auch ein Standortnachteil: „Wir hängen halt sehr davon ab, ob Leute in die Stadt und vor allem in die Königstraße kommen.“ Und da sehe es gerade schlecht aus: „Zum Teil ist das jetzt auch saisonal“, sagt Recber. In der kalten und dunklen Jahreszeit gingen die Leute eben nicht so ausgiebig nach draußen. Aber es fehlen einfach auch die Aktionen und Attraktionen, um wieder mehr Leben in die Stadt zu bringen.
Der Endkunde muss bezahlen
Das ist auch mit der Grund, der unter anderem dazu führt, dass der Döner im Ützel Brützel künftig mehr kosten wird, vermutlich 8,50 Euro. Ob es dabei bleibt, das kann Filiz Recber derzeit noch nicht versprechen. Je nachdem könnte Ende des Jahres der einfache Döner bei Ützel Brützel auch bei 8,70 oder 8,80 Euro liegen. Recber nennt die anderen Kostentreiber: „Die Lieferanten verlangen mehr, die Personalkosten steigen, die Einkäufe werden teurer“, sagt sie. Und das muss nolens volens der Endkunde bezahlen.
Die Kunden sind preisbewusst
Kleinere Portionen zu einem kleineren Preis funktionierten nicht, sagt Recber: „Es kommen immer wieder mal Kunden, die sich beschweren, dass es bei uns mal den Döner für vier Euro gegeben hat, das zeigt uns, dass viele Kunden sehr preisbewusst zu uns kommen. Das machen die nicht mit.“ Mit 8,50 Euro hält sie immer noch klaren Abstand zur Zehn-Euro-Marke für einen Döner. Denn Experten prognostizieren, dass Döner demnächst die 10-Euro-Grenze erreichen und diese mittelfristig sogar überschreiten werde, sagt Erdogan Koc, der Sprecher des Verbands der Dönerproduzenten im baden-württembergischen Remchingen. Das liegt am Preisanstieg bei Rindfleisch, aber auch Energie und andere Rohstoffe sind teurer geworden. 2014 gab es nach Daten des Statistischen Bundesamts noch 12,7 Millionen Rinder in Deutschland, 2024 waren es noch 10,5 Millionen, ein Minus von gut 17 Prozent. Derzeit ist das Angebot an Schlachttieren knapp.
Landwirte hören mit Rinderhaltung auf
Viele Bauern geben ihre Rinderhaltung ab. „Das ist die schwierige wirtschaftliche Situation“, sagt Albrecht Hortmann-Scholten, Geschäftsführer der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch. Derzeit seien die Preise hoch, doch der Agrarmarkt leide seit jeher unter heftigen Preisschwankungen. Viele Landwirte wollten das nicht mehr mitmachen, sagt der Experte. „Die Tierschutzproblematik tut ihr Übriges.“ Der Arbeitskräftemangel spiele ebenfalls eine Rolle: „In Ostdeutschland hören manche Betriebe auf, weil sie keine Arbeitskräfte mehr finden.“
Großhandel verlangt mehr Planbarkeit
Diese Entwicklung bestätigt auch Bircan Özogul. Auf dem ehemaligen Schlachthofgelände im Stuttgarter Osten betreibt er einen Fleischgroßhandel, der etliche Imbissgeschäfte in der Stadt mit Döner-Drehspießen versorgt. Auch er hat seine Verkaufspreise um 15 Prozent erhöht und kann nicht sagen, ob er sie das Jahr über halten kann. Sein Problem: Die Preise für Rindfleisch ändern sich Woche für Woche. „Eine Planung, eine seriöse Kalkulation ist da nicht möglich“, sagt Özogul. Eine gute Tierhaltung ist ihm wichtig, und: „Klar, das kostet Geld.“ Aber damit er weiter sein Fleisch in Bayern und in Süddeutschland kaufen könne, müsse er etwa ein halbes Jahr im Voraus planen. Özogul: „Was soll ich machen, wenn diese Woche der Kilopreis um 20 Cent steigt, in der nächsten um 25 Cent – ich kann das ja nicht jedes Mal so weitergehen?“ Als Großhändler sagt er über die Preisentwicklung: „Acht Euro sind wohl realistisch.“
Bei Babas Döner blieb der Preis lange stabil
Vor einer Preiserhöhung schützt auch der Schutzschirm prominenter Rapper nicht. Der Rapper Massiv hat vor vier Jahren seine Vorstellung einer Döner-Kultur in den Stuttgarter Osten, in die Wagenburgstraße verpflanzt. Seitdem schauen dort vor allem nachts viele Jugendliche vorbei – hier kostet der Döner mittlerweile 8,50 Euro. Vier Jahre lang habe man den Preis bei 6,50 Euro halten können, heißt es dort stolz. Doch die Kostensteigerungen machen auch vor Babas Döner nicht halt. Zumal Einkauf und damit die Entscheidung, welche Qualität gewollt wird, eine reine Angelegenheit der Crew vor Ort ist. Und das nutzen sie nach eigenen Worten auch, um „herausragende Döner“ anbieten zu können.
Die Kundschaft steht Schlange
Im Alaturka in der Olgastraße bewegt man sich schon seit Längerem im Zehn-Euro-Bereich und darüber hinaus. Kein Wunder, der Döner dort gilt als bester Döner von Stuttgart und ist mehrfach ausgezeichnet worden. Der Geschäftsführer Hakan Ates geht in die Vorwärtsstrategie: „Wir haben nur absolute Topqualität und überlegen uns stets zweimal, was wir tun und was wir lassen. Den Spieß etwa bestücken wir selbst nach unserem Rezept, die Gewürze sind ebenso unsere Kreationen. Das bekommen Sie so in keinem zweiten Döner, und das schätzt unsere Kundschaft.“ Die Preise werden trotzdem weiter raufgehen. „Uns bleibt ja gar nichts anderes übrig“, sagt Ates, „da wir mit unserem jetzigen Konzept schon kaum was verdienen.“ Da müsse man in ganz andere Bereiche gehen. Ates nennt ein Beispiel: „In Frankfurt kostet ein Biodöner 16 Euro. In dieses Preisfeld müssten wir eigentlich kommen.“