In letzter Zeit nahmen Meldungen von Pilzinfektionen im Kopfbereich zu. Eine Ursache der Ausbreitung soll unter anderem mangelnde Hygiene in Barbershops sein. Ein Dermatologe verrät, wie ernst die Lage in Stuttgart ist.
Trocken, schuppig und juckend: Berichte über steigende Infektionszahlen mit dem Pilz Trichophyton tonsurans haben auch in Baden-Württemberg in den letzten Wochen für Aufruhr gesorgt. Expertinnen und Experten vermuten einen konkreten Auslöser für die Zahlen: Auffällig viele Patienten besuchten zuvor einen Barbershop.
Hochansteckend – auch über Gegenstände
Der hochansteckende Hautpilz wird auch „Ringerpilz“ genannt, da er besonders bei dieser Kontaktsportart schnell verbreitet wird. Auf Gegenständen kann er wochenlang überleben. Nach Ansteckung sind die Symptome nicht immer sofort ersichtlich. „Die Inkubationszeit beträgt etwa ein bis drei Wochen“, erklärt der Ärztliche Direktor des Zentrums für Dermatologie, Phlebologie und Allergologie des Klinikums Stuttgart, Peter von den Driesch. Da könne schon etwas Zeit verstreichen, bis ein Betroffener bemerkt, dass etwas nicht in Ordnung ist.
Die Symptome äußern sich in Form einer umschriebenen Stelle am Kopf, mit auffälliger Schuppung und Haarverlust. Dabei sei nicht der ganze Kopf betroffen. „Das ist ein lokaler Prozess. Der ist am Anfang vielleicht so groß wie eine Zwei-Euro-Münze“, so von den Driesch. Die Übertragung erfolgt von Mensch-zu-Mensch, kann aber auch von infizierten Tieren überspringen, wie das Gesundheitsamt Baden-Württemberg auf Anfrage mitteilt. Ebenso können kontaminierte Gegenstände, insbesondere Körperpflegeinstrumente wie etwa Kopfkissen, Bürsten, Kämme oder nicht gereinigte Haarschneidemaschinen Infektionen verbreiten, führt das Amt weiter aus.
So gefährlich ist der Pilz
Gefährlich für den Mensch als Ganzes sei der Pilz nicht, erklärt der Hautarzt. Aber: Der Haarverlust bei einer Infektion an der einen Stelle könne irreversibel sein. Vernarbte Stellen am Kopf, an denen die Haare nicht mehr nachwachsen, sind üblich. Je früher die Infektion entdeckt wird, desto besser. Von den Driesch weiß: „Bei einer frühen Behandlung können die kleinen haarlosen Areale in der Regel gut überspielt werden“.
Eine Mensch-zu-Mensch Übertragung erfordere einen engen Kontakt. „Das kann dann eher mal in Familien vorkommen“, so der Hautarzt. Übertragungen am Arbeitsplatz etwa seien unüblich.
Etwa ein Drittel mehr als im Vorjahr
Ein Anstieg an Infektionen beobachtet von den Driesch auch bei seinen Patienten im Stuttgarter Raum. „Wir können etwa ein Drittel mehr Fälle im Jahresvergleich feststellen“, erklärt er. Auch wenn er nicht von einer epidemischen Lage sprechen würde, sei dies doch ein beachtlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Da es sich nicht um einen meldepflichtigen Krankheitserreger nach dem Infektionsschutzgesetz handele, liegen dem Landesgesundheitsamt keine Infektionszahlen vor, wie sie mitteilen.
Barbershops – mangelnde Hygiene?
Ob der hohe Anstieg der Infektionszahlen mit dem Besuch von Barbershops zusammenhängt, lässt sich nicht eindeutig sagen. Von den Driesch bestätigt aber, dass es sich bei der Mehrzahl der Betroffenen im Klinikum Stuttgart um Männer handele, was sich als Hinweis darauf deuten ließe. Er appelliert an Mitarbeiter in Barbershops und Friseursalons: „Die Reinigung der Instrumente und des Arbeitsplatzes sollte zur Gewohnheit werden. Auch das Nutzen von Handschuhen oder zumindest das regelmäßige Desinfizieren der Hände, besonders wenn man zwischen Kunden wechselt“.
Grundsätzlich seien Barbershops und Friseursalons nach der Hygieneverordnung des Landes Baden-Württemberg dazu verpflichtet, innerbetrieblichen Verfahrensweisen der Infektionshygiene in Form eines betriebseigenen Hygieneplans festzuhalten. Dennoch weisen sie Kunden darauf hin, bei der Auswahl eines Barbershops oder Friseursalons nicht nur auf den Preis, sondern auch auf Hygienestandards zu achten.
So handelt man richtig bei Symptomen
Machen sich Symptome bemerkbar, so empfiehlt der Dermatologe, zeitnah einen Hautarzt aufzusuchen. „Es kann ein Problem sein, schnell einen Termin zu bekommen“, so von den Driesch. Er gibt den Tipp in Notfällen den Termindienst der Kassenärztlichen Vereinigung in Anspruch zu nehmen.
In der Regel laufe es nach Feststellung des Pilzes so ab, dass Betroffene ein bis zwei Monate lang eine Anti-Pilz Tablette einnehmen. Währenddessen wird der Prozess ärztlich mit Tests und Kontrollterminen begleitet.
Wer sich vor einer Infektion schützen möchte, sollte seinen Friseuren und Barbieren also lieber einmal mehr auf die Finger schauen und sich vergewissern, dass die Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Bei Symptomen gilt es, schnell einen Hautarzt aufzusuchen und den Pilz zu behandeln. Besonders auf das Teilen von körpernahen Gegenständen, wie Bürsten oder Kopfkissen, sollte verzichtet werden.