In Stuttgart wird die Zahl der Einwohner weiter steigen - und zwar sehr viel stärker als bislang angenommen Foto: dpa

Bisher gingen Prognosen von Bevölkerungsverlusten in Stuttgart aus – das Gegenteil ist der Fall. Bedingt durch die starke Zuwanderung gibt es auch wieder mehr Geburten als Sterbefälle.

Stuttgart - Zuwanderungen sorgen in Stuttgart für eine positivere Entwicklung der Bevölkerungszahlen als bisher angenommen. Demnach soll laut Statistischem Landesamt Baden-Württemberg die Bevölkerungszahl um 7,8 Prozent auf 644 770 Einwohner bis zum Jahr 2030 anwachsen. Damit korrigiert das Amt seine eigenen Prognosen aus dem Jahr 2008 nach oben. „Diese Entwicklung wird sich auch auf den Wohnungsmarkt auswirken“, warnt Jens Kuderer, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Baden-Württembergischer Bausparkassen (Arge).

Diese hatte eine Studie zur Entwicklung des Wohnungsbedarfs in Baden-Württemberg auf Basis der korrigierten Prognosen des Statistischen Landesamts in Auftrag gegeben. Mit überraschendem Ergebnis: In Baden-Württemberg fehlten demnach über 60  000 Wohnungen pro Jahr – Tendenz steigend. „Die Bevölkerungsentwicklung muss man genau im Auge behalten, um nicht am Bedarf vorbei zu planen“, sagt Kuderer. Daher habe die Arge bereits jetzt eine Analyse in Auftrag gegeben, während das Statistische Landesamt erst im Frühjahr 2015 eine Wohnungsbedarfsprognose veröffentlichen wird.

Die Dynamik der Bevölkerungsentwicklung wird durch Geburten, Sterbefälle, Zu- und Fortzüge bestimmt. „Während Geburten und Sterbefälle einfacher zu prognostizieren sind, schwanken die Zuwanderungen stark“, erklärt Martin Ratering, Sprecher des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg. Allerdings kam es in Stuttgart zwischen 2011 und 2012 sogar zu einem Geburtenüberschuss von mehr als 900 Einwohnern. Im Jahr 2008 hatte man geschätzt, dass die Sterbefälle um 300 Einwohner überwiegen werden. Damit weicht Stuttgart in Baden-Württemberg am stärksten von den Prognosen ab. Dennoch: „Der Wohnungsbedarf wäre ohne die Zuwanderung heute größtenteils gedeckt“, sagt Kuderer.

Der tatsächliche Wohnungsbedarf in Stuttgart ist laut der Studie schwer zu ermitteln, da Haushalte, für die es keinen geeigneten Wohnraum gibt, diesen in einer anderen Region suchen werden. „Entscheidend für den Wohnungsbedarf sind auch die veränderten Haushalte“, sagt Kuderer. Stuttgart sticht als Wachstumszentrum in der Haushaltsentwicklung besonders hervor: Beim Blick auf die Haushaltsentwicklung im Zeitraum Mai 2011 bis Dezember 2012 ist eine deutlich stärkere Dynamik erkennbar, als 2008 angenommen. Statt einem Haushaltswachstum von 235 Haushalten weist Stuttgart eine Zunahme von rund 7000 Haushalten auf – ein Haushaltswachstum von 2,3 Prozent .

Neben der Zuwanderung tragen auch die veränderten Ansprüche zu einem erhöhten Bedarf an Wohnraum bei. „Es gibt viel mehr Singles – darunter auch zahlreiche verwitwete Senioren – oder Geschiedene mit Kindern, die mehr Wohnungen benötigen als es früher üblich war“, sagt Kuderer. So brauche beispielsweise ein in Scheidung lebender Mann mit Kindern nicht nur eine kleine Single-Wohnung, sondern benötige auch Platz, wenn seine Kinder zu Besuch kommen.

„Es geht nicht immer nur um Luxus-Wünsche, wenn man von veränderten Ansprüchen an Wohnraum spricht“, sagt Kuderer. Durch die Zuwanderung aus dem Ausland – aber auch aus anderen Teilen Deutschlands – würden sich die Nachfragewünsche ebenfalls ändern. „Bei Neubauten sollte ein breites Angebot mit flexiblen Wohnungen entstehen“, regt Kuderer an.