Mit einem überlebensgroßen Teddybären begrüßt Steiff die Besucher an seinem Messestand in Nürnberg. Foto: Steiff

Steiff kehrt nach vierjähriger Abstinenz auf die Spielwarenmesse zurück – und präsentiert ein Rettungskonzept für verlorene Plüschfiguren.

Nürnberg - Bär Fynn überragt alles. Obwohl er sitzt, dürfte es der mit echtem Steiff-Plüsch überzogene Ballonbär gut und gerne auf fünf Meter Höhe bringen. Mit diesem flauschigen Riesen und den kopfnickenenden lebensgroßen Eisbärenfiguren am Eingang zum Messestand ist Steiff ein aufsehenerregender Neustart auf der Spielwarenmesse in Nürnberg gelungen. Vier Jahre lang ist das Traditionsunternehmen aus Giengen an der Brenz der weltgrößten Branchenschau ferngeblieben. „Diese Entscheidung wurde vor meiner Zeit getroffen“, sagt Steiff-Chef Daniel Barth knapp. Der 51-jährige Manager erklärt lieber, welche Bedeutung die Rückkehr hat: „Wir sind die Erfinder des Teddybären und der Teddybär gehört auf die Spielwarenmesse.“ Auch die Messe sei glücklich, dass Steiff wieder da sei. Der zweite Grund sei die hohe internationale Frequenz, in Nürnberg werden während der Messewoche 70 000 Fachbesucher aus 120 Ländern erwartet. „Wir senden das Signal einer neuen Dynamik aus und knüpfen wichtige Kontakte.“

Die Dynamik, von der Barth spricht, soll vor allem in den Auslandsmärkten USA und China erzeugt werden. Hier will das 1880 gegründete Unternehmen in den nächsten Jahren noch zulegen. Ob die aktuellen Unsicherheiten gerade im US-Markt dem entgegenstehen könnten, möchte der Steiff-Chef nicht kommentieren. Er spricht lieber darüber, wie die Traditionsmarke ihre Bekanntheit in Fernost steigern möchte. Steiff habe in China vor etwa fünf Jahren die ersten Schritte gemacht. „Wir müssen dort noch stärker versuchen, nicht nur die Produkte zu verkaufen, sondern auch die Marke zu erklären.“ Die Kunden müssten über charakteristische Eigenschaften wie Qualität und Sicherheit, aber auch über die traditionsreiche Geschichte der Marke angesprochen werden, für die Barth gerne den Begriff „magisch“ verwendet. Es werde verstärkt in Werbung investiert, zudem habe man einen neuen Vertriebspartner in China gefunden.

Kinder und Sammler gleichermaßen ansprechen

Worin die neue strategische Ausrichtung bei den Produkten besteht, erläutert Barth so: „Ich glaube, wir haben als Marke eine Zeit lang gezweifelt, ob wir eher eine Sammlermarke für Erwachsene oder eine Marke für Kinder sind.“ Dann sei man zu dem Schluss gekommen, „dass wir auch im Herzen eine Kind- und Babymarke sind“. Daher setzt Steiff mittlerweile auch im Spielsachenbereich stärker auf Lizenzprodukte wie Tabaluga oder Harry Potter. Die eine Gruppe anzusprechen, ohne die andere zu vernachlässigen, sei die hohe Kunst. „Der Sammler ist ein sehr wichtiger und verlässlicher Kunde und als Schenker der größte Steiff-Fan“, erklärt der Manager, zu dessen früheren Stationen die französische Modemarke Lacoste und der deutsche Schreibwarenproduzent Faber-Castell gehören. Der Anteil der oft limitierten Sammlerartikel, von denen Steiff auch eine Reihe in Nürnberg präsentiert, am Umsatz läge bei rund 20 Prozent. Der überwiegende Teil der Neuheiten, darunter neben vielen Plüschfiguren auch Laufräder und Schaukelpferde, zielt jedoch auf den Nachwuchs ab. Baby- und Kindermode, die Steiff ebenfalls seit ein paar Jahren im Sortiment hat, spielt keine Rolle auf der Messe.

Eine Neuheit mit besonders hohem Nutzwert dürften die Plüschbären und -hasen aus der Serie „Friend Finder“ sein. Sie haben auf einem zusätzlichem Label eine Zahlen-und-Buchstabenkombination aufgedruckt, die die Eltern nach dem Kauf online registrieren können. Wenn der knuddelige Liebling dann einmal verloren geht, kann der Finder dem Besitzer auf diesem Weg übermitteln, wo er die Plüschfigur abholen kann. Damit könnten „kleine Dramen“ in der Welt vieler Kinder verhindert werden. „Es ist geplant den „Finder-Code“ später an weitere Steiff Figuren anzuhängen“, sagt Barth.

Umsatz ist 2016 um knapp fünf Prozent gestiegen

Über Zahlen wird beim Unternehmen, hinter dem noch immer rund 60 Gesellschafter der Gründerfamilie stehen, ungern gesprochen. Steiff-Chef Barth verrät immerhin, dass man für das Geschäftsjahr 2016 mit einem knapp fünfprozentigen Umsatzanstieg rechne. Im vorangegangenen Jahr lag der Umsatz bei 40,4 Millionen Euro. Der Umsatz verteile sich etwa 50:50 auf die Länder Deutschland, Österreich, Schweiz sowie den Rest der Welt. Insgesamt erwirtschaftete die Gruppe, zu der auch die Alligator-Ventilfabrik (Reifenventile und Sensoren/Giengen) gehört und die rund 1800 Mitarbeiter beschäftigt, 2015 einen Umsatz von 105,5 Millionen Euro. Unterm Strich stand ein Konzerngewinn von 4,6 Millionen Euro.

Als nächster Höhepunkt nach der Spielwarenmesse soll eine Steiff-Filiale im neuen Dorotheen-Quartier in Stuttgart eröffnet werden. Es wird das elfte eigene Geschäft der Schwaben. Dabei könnte auch der Riesenteddy „Lenny“ wieder zum Einsatz kommen.

Eine bewegte Geschichte

Unternehmen
1880 gründete Margarete Steiff die gleichnamige Manufaktur in Giengen an der Brenz. Das erste Plüschtier war nicht der berühmte Teddybär, sonderndas „Elefäntle“, ein kleiner Stoffelefant, der eigentlich als Nadelkissen gedacht war, sich aber als beliebtes Kinderspielzeug entpuppte. Im 1892erschienenen ersten illustrierten Steiff Katalog finden sich neben dem Elefanten auchAffen, Esel, Pferde, Kamele, Schweine, Mäuse, Hunde, Katzen, Hasen und Giraffen.

Teddybär
Richard Steiff, der kreative Neffe von Margarete, ist 1897 ins Unternehmeneingetreten. Seine Tierskizzen wurden Grundlage für viele Steiff-Kreationen. 1902 entwarf er den „Bär 55 PB“, den weltweit ersten Plüschbären mit beweglichen Armen und Beinen. Nach seinem Durchbruch auf der Leipziger Spielwarenmesse wurde der Bär zu einem beispiellosen Verkaufserfolg in den USA, ab 1906 unter dem Namen Teddybär – benannt nach dem amerikanischen Präsidenten Theodore „Teddy“ Roosevelt.


http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.spielwarenmesse-in-nuernberg-mit-neuen-ideen-spielend-zum-erfolg.ef54b56c-4917-4d5d-9029-2a4e724f10fd.html " title=" " class="system-pagebreak">