Andreas Kalbitz (rechts) mit Parteichef Jörg Meuthen. Foto: dpa-Zentralbild

Zwei der Spitzenkandidaten der AfD für die Landtagswahlen stehen bereits im Fokus des Verfassungsschutzes.

Berlin - Drei Landtagswahlen stehen in diesem Herbst im Osten Deutschlands an – und in mindestens einem der Länder Brandenburg, Sachsen und Thüringen rechnet sich die AfD Chancen aus, stärkste Kraft zu werden. Für die Partei kommt die Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes besonders hier zur Unzeit: die Behörde hat zwei Spitzenkandidaten für die Wahlen ganz besonders ins Visier genommen und könnte diese nun im Wahlkampf auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten.

In dem knapp 440 Seiten starken Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz wird niemand öfter zitiert als der thüringische Landes- und Fraktionschef Björn Höcke. Der für seine radikalen Aussagen bekannte Höcke ist nicht nur Spitzenkandidat, sondern gilt auch als einer der führenden Köpfe der parteiinternen Gruppierung „Flügel“. Auch der brandenburgische Spitzenkandidat Andreas Kalbitz ist eine der Führungsfiguren des „Flügel“. Dieser sitzt ebenfalls im Bundesvorstand und gilt manchem sogar inzwischen als einflussreicher als Höcke und wird parteiintern als potenzieller Nachfolger von Parteichef Alexander Gauland gehandelt.

Schadet der Verdacht des Verfassungsschutzes im Osten?

Anders als die Gesamtpartei gilt der „Flügel“ dem Verfassungsschutz nicht nur als Prüf-, sondern als Verdachtsfall – was insbesondere rechtlich eine schärfere Gangart ermöglicht. Der Verfassungsschutz sieht konkrete Hinweise darauf, dass innerhalb der Gruppierung Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung bestehen könnten. Das propagierte Politikkonzept der Gruppe sei auf die Ausgrenzung, Verächtlichmachung und weitgehende Rechtlosstellung von Migranten und politisch Andersdenkenden gerichtet, heißt es im Gutachten. Damit sei das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip verletzt.

Ob Kalbitz und Höcke sich deshalb im Wahlkampf veranlasst sehen werden, ihre Wortwahl zu mäßigen, erscheint eher fraglich. Beide konnten im Osten mit ihrer radikalen Sprache und ihren Position in der Vergangenheit reichlich punkten. In der AfD wird nicht damit gerechnet, dass die Beobachtung durch den Verfassungsschutz potenzielle Wähler verschrecken könnte. Kalbitz, der die Aktivität der Behörde als politisch motiviert kritisierte, rechnet sich im Gegenteil sogar offenkundig Solidarisierungseffekte aus. Er hat erklärt, er erwarte daher einen „harten und schmutzigen“ Wahlkampf.

Schwarze Listen für Journalisten

Für Sachsen wird die Partei ihren Spitzenkandidaten zwar erst am Wochenende bei einem Parteitag bestimmten, aber gute Chancen werden dem Bundestagsabgeordneten Tino Chrupalla zugemessen. Er könnte in einem Duo mit dem Landesvorsitzenden Jörg Urban antreten, der offen für eine Zusammenarbeit mit Pegida ist und immer wieder dem „Flügel“ zugerechnet wird. Er bestreitet das.

Chrupalla holte bei der Bundestagswahl 2017 als politischer Quereinsteiger das Direktmandat im Kreis Görlitz, welches der heutige Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bis dahin innehatte. Chrupalla gilt nicht als „Flügel“-Mann, machte allerdings kürzlich zwei mal mit Aussagen auf sich aufmerksam: Nach dem brutalen Überfall auf seinen Bremer Kollegen Frank Magnitz äußerte er in einer Pressemitteilung den Verdacht, die Ermittlungen würden von höherer Stelle beeinflusst. Er bat Polizeibeamte explizit sich „nicht durch Anweisungen von oben“ von der Aufklärung des Falles abhalten zu lassen.

Außerdem sprach sich Chrupalla für so genannte Schwarze Listen mit Namen von Journalisten aus, die „ eindeutig gegen“ die AfD arbeiteten und voreingenommen seien. In einem Leitfaden an die Mitglieder seines Kreisverbandes, den die „Freie Presse“ veröffentlichte, heißt es: „Wer noch andere kluge Ideen hat oder Tricks von früher kennt, kann sich gerne mit uns in Verbindung setzen. Hintergrundinformationen über als Journalisten getarnte Zersetzungsagenten sind natürlich immer willkommen.“