Stefan Mappus rechnet mit der Einstellung des Verfahrens Foto: dpa

Es war ruhig geworden um Ex-Ministerpräsident Mappus und den EnBW-Deal. Ein Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Stuttgart bringt ihn nun in Bedrängnis. Was sagt er selbst?

Stuttgart - Es war ruhig geworden um Ex-Ministerpräsident Mappus und den EnBW-Deal. Ein Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Stuttgart bringt ihn nun in Bedrängnis. Was sagt er selbst?

Herr Mappus, das neue Gutachten des Münchner Finanzwissenschaftlers Wolfgang Ballwieser zum EnBW-Deal hält Ihnen vor, Sie hätten rund 780 Millionen Euro Steuergelder zu viel bezahlt. Haben Sie ein schlechtes Gewissen?
Am 30. Juni 2010 hat durch zwei international renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bezüglich des EnBW-Anteils der EdF ein Impairment-Test stattgefunden, der einen Wert pro Aktie von mindestens 39,90 Euro ergeben hat. Dies war der Aufsatzpunkt für die Verhandlungen mit der EdF. Wir haben uns dann im Zuge der Verhandlungen auf 40 Euro pro Aktie geeinigt.
Bezahlt wurden aber 41,50 Euro.
Nein. Da die Aktien erst im April 2011 auf das Land Baden-Württemberg übergingen, hat die EdF einen nachvollziehbaren Anspruch auf die Dividende für 2010 erhoben. Wir haben uns auf 1,50 Euro geeinigt. Tatsächlich haben wir später von der EnBW 1,53 Euro erhalten. Genau genommen haben wir also 39,97 Euro pro Aktie bezahlt. Dieser Wert wurde in mehreren Prüfungen von vier Banken verifiziert und bestätigt.
Sie haben stets argumentiert, das Geschäft zum Wohl des Landes gemacht zu haben. Aber Sie geraten nun in Bedrängnis. Haben Sie Sorge, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zur Anklage gegen Sie führen?
Im EnBW-Untersuchungsausschuss des Landtags konnten wir eine ganze Reihe von Vorwürfen eindeutig widerlegen. Ich darf als ein Beispiel nur daran erinnern, dass von Grün-Rot wie auch vom Landesrechnungshof wahrheitswidrig ständig behauptet wurde, wir hätten für das Geschäft Artikel 81 der Landesverfassung angewandt, wohl wissend, dies sei verfassungswidrig. Dies wurde mit einer ganzen Reihe von Zeugen und Schriftstücken widerlegt. Insofern ist der Vorwurf der Untreue völlig absurd. Ich kann mir nichts anderes als eine baldige Einstellung des Verfahrens vorstellen!
Gutachter Ballwieser genießt einen ausgezeichneten Ruf. Sie halten ihm aber vor, das Gutachten sei nicht neutral. Warum?
Herr Ballwieser hat eine Reihe von Fakten einfach ignoriert, zum Beispiel wird die beschriebene Testierung der Wirtschaftsprüfer in seinem Gutachten nicht mal erwähnt. Was aber besonders bemerkenswert ist: Er hat Informationen, die nach dem 6. Dezember 2010, also nach dem Kaufabschluss mit der EdF, datieren, in seine Analyse mit aufgenommen. Ballwieser verlässt sich ausschließlich auf eine von vielen möglichen Bewertungsmethoden, anstatt auch die anderen Methoden heranzuziehen. Sein Berechnungsmodell lebt von willkürlichen Annahmen und ist so sensitiv, dass wenn Sie nur ein Prozent an der Inflationsrate ändern, sich sein Wert der EnBW-Aktie von 34,58 auf 43,42 Euro erhöht. Und das Thema Paketzuschlag, also eine Zahlung, die in solchen Fällen üblich ist: Fehlanzeige, findet gar nicht statt. Professor Henner Schierenbeck, der einen mindestens ebenso guten Ruf genießt, kommt in seinem Gutachten zu einem gänzlich anderen Ergebnis, nämlich dass der Preis sehr gut war.
Wie schwer fällt es Ihnen, dass Sie jetzt als jemand dastehen, der das Geschäft nur gemacht hat, um vor der Landtagswahl politische Punkte zu sammeln.
Jeder, der mich kennt und die Sachlage auch nur ein klein wenig würdigt, weiß, dass dies die Unwahrheit und schlicht miese Polemik ist. Leider wird dieser Eindruck trotzdem wider besseres Wissen munter multipliziert.
Im Rückblick betrachtet: Waren Sie ausreichend informiert über alle Details? Oder haben Sie sich zu sehr auf die Berater von Gleiss Lutz und Morgan Stanley verlassen?
Wir haben im November 2010 mit Morgan Stanley eine sehr erfahrene Investmentbank, die überdies die EnBW sehr gut kannte, sowie eine bis dato sehr renommierte Rechtsanwaltskanzlei als Transaktionspartner engagiert. Ich hatte und habe bis zum heutigen Tage keinerlei Anlass, an Kompetenz, Seriosität und inhaltlicher Arbeit der Partner bezüglich der Transaktion zu zweifeln. Und ich fühlte mich damals über die entscheidenden Eckpunkte auch ausreichend und richtig informiert.
War es nicht ein strategischer Fehler, sich damals wegen der Geheimhaltung nur auf die dünne Datenlage von EnBW und EdF zu verlassen? Wäre mehr Ruhe und Transparenz nicht besser gewesen, auch auf die Gefahr hin, dass die Franzosen dann abgesprungen wären?
Wir reden von einem börsennotierten Unternehmen. Ein solches unterliegt in Deutschland sehr stringenten Transparenzregeln. Die Datenlage war alles andere als dünn, sie war sehr gut. Im Übrigen haben wir unsere damalige Vorgehensweise gleichfalls von Gleiss Lutz rechtlich prüfen lassen.
Würden Sie das Geschäft nochmals machen?
Mit Blick auf die damalige Situation, also vor Fukushima: In ökonomischer Hinsicht jederzeit ja, im Wissen der rechtlichen Würdigung durch den Staatsgerichtshof natürlich nein. Ich bin trotzdem mehr denn je der Überzeugung, dass man zukünftig noch sehr froh daran sein wird, dass wir diese Anteile erworben haben und die EnBW dadurch ein rein baden-württembergisches Unternehmen bleibt. Und noch etwas: Herr Ballwieser hat einfach willkürlich für seine Berechnungen die Planungen der EnBW pauschal mit einem Abschlag versehen, mit der falschen Behauptung, die EnBW hätte mit zu hohen Strompreisen gerechnet.
Er musste doch aber im Zweifel von dem für Sie günstigsten Wert ausgehen.
Das war in der Tat die Vorgabe, die ihm die Staatsanwaltschaft gemacht hat. Er hat sich aber an mehreren Stellen nicht daran gehalten. So referiert er im Gutachten über Strompreisspannen, nennt Werte von 29 Euro bis 40 Euro pro Megawattstunde, entscheidet sich aber für einen Wert von 32 Euro – also für irgendeinen Zwischenwert, nicht für den für uns günstigsten. Alles Zufall?
Die Debatte um den EnBW-Deal wird durch das Gutachten nun neu entfacht. Was macht das mit Ihnen persönlich?
Dass ein solches Ermittlungsverfahren und die damit einhergehende kontinuierliche öffentliche Berichterstattung, die häufig eher den Charakter einer öffentlichen Vorverurteilung und Bloßstellung hat, für eine Familie nicht immer ganz einfach ist, können Sie sich vorstellen. Umso mehr: Ich habe eine tolle Frau, die mich unterstützt, einen Beruf, der mir viel Freude bereitet, wir sind Gott sei Dank alle gesund und blicken mit viel Gottvertrauen und Optimismus nach vorne.