Wird von Kollegen aus dem Gemeinderat als offen und pragmatisch beschrieben: Stefan Belz, Böblingens neuer OB Foto: privat

Stefan Belz hat zuletzt ein Weltraumexperiment aufgebaut. Der Luft- und Raumfahrtingenieur wollte die Politik aber zu seinem Hauptberuf machen – und das ist ihm auf Anhieb gelungen. Im Gemeinderat wird er nicht nur von den Grünen unterstützt.

Böblingen - Manche seiner Sätze klingen typisch für seine Parteizugehörigkeit. „Bevor ich eine Grünfläche opfere, muss viel Wasser den Neckar runterfließen“, sagte Stefan Belz im Wahlkampf. „Wir brauchen das Auto, ich fahre auch selber“, erklärte er nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister. Die Automobilbranche sichere schließlich den Wohlstand Böblingens. Als überparteilicher Kandidat ist der 37-Jährige gegen den Amtsinhaber Wolfgang Lützner (CDU) angetreten – im Gemeinderat wird er auch nicht nur von den Grünen unterstützt. Bislang hat der promovierte Luft- und Raumfahrtingenieur an der Universität Stuttgart gearbeitet. Er bringt zwar nur vier Jahre an kommunalpolitischer Erfahrung in den neuen Job mit, aber er tritt auf wie ein Profi.

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Zuletzt hat Stefan Belz ein Weltraumexperiment aufgebaut. Am Institut für Raumfahrtsysteme leitete er eine Abteilung mit sieben Mitarbeitern. Von April an wird er ein Rathaus mit 1100 Beschäftigten und einem Umsatz von 150 Millionen Euro führen. „Ich will mich neu orientieren“, hatte er seine Kandidatur Ende Oktober erklärt. Seit acht Jahren ist er Mitglied bei den Grünen, seit 2014 sitzt er im Gemeinderat. „Die Wahl zum Oberbürgermeister ist für mich die Chance, in der Politik Fuß zu fassen“, sagte er. Allerdings hat er sich nicht irgendwo beworben, sondern in seiner Heimatstadt: Stefan Belz kam in Böblingen auf die Welt, wuchs in Sindelfingen auf und wohnt längst wieder auf der anderen Seit der A 81.

Intelligente Verkehrssteuerung auf der Agenda

Seinen Hintergrund als Wissenschaftler hat der Ingenieur im Wahlkampf genutzt. Er versprach, die Stadt „fit für die Zukunft“ zu machen. Ein innovatives und kreatives Umfeld will er schaffen, um Unternehmen anzuziehen. Die Digitalisierung steht auf seiner Agenda und eine intelligente Verkehrssteuerung. Sein Programm ergänzte er mit klassisch grünen Themen wie Bürgerbeteiligung, sozialem Wohnungsbau, die Einführung des Stadttickets. Als Stadtrat fiel Belz durch den Antrag auf, die Luft in Böblingen auf Schadstoffe untersuchen zu lassen. Dabei wurden Grenzüberschreitungen bei Stickoxid festgestellt.

„In unserer Fraktion gab es einige Fans von Stefan Belz“, sagt Daniel Wengenroth am Tag nach der Wahl. Der Fraktionschef der Freien Wähler im Böblinger Gemeinderat lobt die Art und Weise, wie Belz auf die Menschen zugehe, und die Themen, die er angesprochen habe. Er hofft, dass an den problematischen Stellen, etwa beim Streit über die Fernwärmepreise, Taten folgen – „und vor allem mehr Dialog mit den Bürgern stattfindet“. Der Karriereschritt von der Uni ins Rathaus sei zwar ein großer Entwicklungsschub, räumt Daniel Wengenroth ein. Er setzt aber auf die beiden Bürgermeister und die Amtsleiter, die dem neuen Oberbürgermeister zur Seite stehen.

„Davon wird Stefan Belz profitieren“

„Stefan Belz traue ich durchaus zu, dass er fachorientiert arbeiten wird“, sagt Jochen Reisch, der SVB-Präsident und SPD-Stadrat ist. Wenn sich der Kollege im Gemeinderat zu Wort gemeldet habe, seien seine Aussagen sehr fundiert und von Pragmatismus geprägt gewesen. Fraktionsübergreifend ist es die Bürgerbeteiligung, die sich die Stadträte vom Wahlsieger wünschen. Von Helmut Kurtz (FDP) hat der Grüne ebenfalls das Versprechen, ihn dabei im Gemeinderat zu begleiten. „Wir werden dem Oberbürgermeister das Leben nicht schwer machen“, sagt er, „aber das bedeutet nicht, dass wir ihm jeden Wunsch erfüllen.“ Und Sven Reisch ist sich sicher, dass Stefan Belz sehr schnell und gut in seine neue Aufgabe hineinfinde. „Er ist so intelligent und zielstrebig und kompetent in der Sache“, schwärmt er von dem Parteifreund.

Nur Hans-Dieter Schühle hadert noch mit dem Ergebnis: „Ich habe ihn vier Jahre im Gemeinderat erlebt, da habe ich ihn nicht besonders wahrgenommen“, sagt der CDU-Fraktionschef über Stefan Belz. Dass der Quereinsteiger sein Amt problemlos ausüben wird, davon ist jedoch auch er überzeugt. „Die Stellen im Rathaus sind gut besetzt, das hat unser OB geschaffen“, sagt er über Wolfgang Lützner und ergänzt: „Davon wird Stefan Belz profitieren.“