Der Hauptangeklagte im Staufener Missbrauchsfall auf dem Weg zu seiner Aussage. Foto: dpa

Kurzzeitig ist das Opfer im Staufener Missbrauchsfall schon in einer Pflegefamilie untergebracht gewesen. Dies sei aber kein Grund gewesen, die Übergriffe endgültig zu beenden, räumt der Angeklagte vor dem Freiburger Landgericht ein. Im Gegenteil: als der Bub zurückkam, wurde es noch schlimmer.

Freiburg - Die vorübergehende Inobhutnahme des neunjährigen Opfers im Staufener Missbrauchsfall ein halbes Jahr vor der Aufdeckung der Taten hat die beiden mutmaßlichen Haupttäter offenbar nicht beeindruckt. Das hat der 39-jährige Lebensgefährte der Mutter des Buben im Prozess vor dem Freiburger Landgericht eingeräumt. Seine Lebensgefährtin sei zwar nach dem Eingreifen des Jugendamts verzweifelt gewesen, sagte der 39-Jährige, aber dass nach der Rückkehr des Buben die sexuellen Übergriffe aufhören sollten, sei zwischen ihnen nie ein Thema gewesen, sagte der Mann. Es ging sogar noch rücksichtsloser und brutaler weiter.

Der Bub muss sich übergeben

Zahlreiche Videoaufnahmen, angefertigt von der 48-jährigen Mutter des Kindes und ihrem Lebensgefährten, liegen dem Gericht vor. Sie sollen unter Ausschluss der Öffentlichkeit als Beweismittel in dem seit der vergangenen Woche laufenden Prozess eingeführt werden. Der Vorsitzende Richter teilte seinen Eindruck nach einer ersten Sichtung der Filme am Montag aber schon mit: Die Videos, die aus der Zeit nach der Rückkehr aus der Inobhutnahme datierten, erschienen ihm noch heftiger als ältere Aufnahmen. Der 39-jährige Hauptangeklagte widersprach nicht. Auf einem Film muss sich der Bub sogar übergeben. Aufgehört wurde trotzdem nicht.

Zudem kam zunehmend auch „Sexspielzeug“ zum Einsatz. Der Junge wurde gefesselt oder bekam eine Strumpfmaske aufgesetzt. Viele Übergriffe fanden nun unter freiem Himmel statt, was auch an einer Auflage der Familienrichter lag. Demnach durfte sich der 39-Jährige nicht mehr mit dem Bub in dessen Wohnung aufhalten. „Daran habe ich mich gehalten“, sagte der Mann vor Gericht. Auch wenn andere Männer gegen Geld den Buben missbrauchten, sei dies nicht mehr zu Hause geschehen. Allerdings drehte die Mutter zu Hause Missbrauchsvideos. Das Drehbuch stammte von dem 39-Jährigen. Er gab seine Wünsche und die anderer Männern per SMS durch.

Er droht ihr mit dem Jugendamt

In seiner Aussage betonte der 39-Jährige, dass er seine Lebensgefährtin teilweise unter Druck setzen musste. „Ich habe damit gedroht, sie zu verlassen.“ Umgekehrt habe die Frau zu verstehen gegeben, sie werde dann die Polizei einschalten. Er habe ihr wiederum mit dem Jugendamt gedroht – „wenn sie mich zu sehr nervte“.

Die 48-Jährige war nach Ansicht des Angeklagten auch sonst keine Vorzeigemutter. „Wenn das Kind in der Schule war, verbrachte sie den Tag mit faulenzen und fernsehen“, sagte der 39-Jährige. Um die Hausarbeit kümmerte sie sich kaum. So habe es in der Wohnung auch ausgesehen. Wenn der Bub gegen 17 Uhr nach Hause kam, wurde er auf sein Zimmer geschickt und beschäftigte sich dort mit elektronischen Spielen, sagte der Angeklagte. „Sie gab ihm nicht das Gefühl, geliebt zu werden.“ Die Mutter will sich am Dienstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit äußern.