Hat den Dreh auf dem Longboard raus: Sebastian Hertler Foto: Stollberg

Mit bis zu 70 Kilometern pro Stunde den Hohenstaufen hinunter – auf einer Art Skateboard. 120 Fahrer haben an diesem Wochenende genau das vor. Einer der Besten von ihnen ist Sebastian Hertler aus Stuttgart. Was vielleicht daran liegt, dass er im eigenen Garten trainiert.

Stuttgart/Göppingen - „Na klar will ich gewinnen“, sagt Sebastian Hertler vor dem Staufen-Downhill von Donnerstag bis Sonntag in Göppingen. „Wenn ich ein Rennen fahre, will ich immer siegen. Sonst brauche ich doch gar nicht erst antreten.“ An Selbstbewusstsein mangelt es dem 27 Jahre alten Stuttgarter wahrlich nicht. Nicht zu unrecht gilt er als der FC Bayern der Skateboard-Szene. Für einen Einzelsportler ist das zwar ein etwas seltsamer Vergleich. Was Titel und Ehrgeiz betrifft, kann Hertler mit dem Fußball-Rekordmeister jedoch mithalten. Das dachten sich zumindest seine WG-Mitbewohner – selbst erfolgreiche Downhill-Fahrer – im vergangenen Jahr, als sie den Spitznamen für ihn erfunden haben. Kurz darauf verteidigte Hertler seinen Titel als deutscher Meister im Longboarden. Er ist ein Siegertyp auf Rollen.

 

In der einstigen Skateboarder-WG im Norden Stuttgarts ist es inzwischen ruhiger geworden. Hertlers boardende Mitbewohner zogen einer nach dem anderen aus. Heute nutzt er das Wohnzimmer, um für seinen Sport zu werben. „Vier meiner fünf Mitbewohner sind Mädels, die anfangs mit unserem Sport nichts zu tun hatten“, erzählt er. „Aber mittlerweile sind sie Fans.“ Die ehemaligen Mitbewohner zieht es aber noch regelmäßig in die alte WG, um auf der selbstgebauten „Bowl“, einer Art Halfpipe im Garten, zu fahren.

Was sich schon im Kleinen zeigt, gilt für die gesamte Szene der schnellen Sportart. Die Skateboarder sind ein eingeschworener Haufen. Deshalb war es für den amtierenden deutschen Meister Sebastian Hertler auch klar, dass er die neue Downhill-Strecke auf dem Göppinger Hausberg testet, als ihn der Organisator der süddeutschen Meisterschaft, Daniel Schindler, darum bat. „Die Straße dort ist wirklich gut“, urteilt er.

Doch die schöne Strecke, auf der die Skateboarder in Motorradfahrer-Montur bis zu 70 Kilometer pro Stunde erreichen, ist nicht der einzige Reiz, der Hertler an diesem Wochenenden nach Göppingen ziehen wird. „Es ist natürlich immer schön, wenn man fast vor der eigenen Haustür fahren kann“, sagt er. Viele Freunde und Verwandte würden bei solchen Rennen am Streckenrand stehen und anfeuern. „Außerdem machen viele Fahrer aus der Region mit, mit denen man sich messen kann und das ist natürlich schön“, sagt er.

Verglichen mit dem, was Hertler in seiner Rennfahrerkarriere schon gesehen hat, ist ein Rennen in Baden-Württemberg dennoch nicht das Maß aller Dinge. Allein das Training führt ihn zu Rennstrecken, von denen manch ein Downhill-Fahrer hierzulande nur träumt. „Im vergangenen Jahr war ich mit Freunden auf Mallorca, dort gibt es schöne Strecken“, erinnert er sich. Diesmal ging es für sieben Tage in die spanische Stadt Alicante, die an Bergausläufern gelegen ist. „Dort gibt es Strecken, die teilweise mehr als zehn Kilometer lang sind“, erzählt Hertler. „Das ist natürlich nochmal ein ganz anderes Flair als die Alb.“

Doch auch auf der Alb dürfte es für die Konkurrenz schwer werden, Hertler zu schlagen. Er ist derzeit so stark wie nie. Statt drei Mal im Monat gelingt es ihm zurzeit drei Mal in der Woche zu trainieren. „Und das ist ein gewaltiger Unterschied“, sagt er. Er muss es wissen. Erfahrung im Skateboarden hat er seit vielen Jahren. 1996 hat er mit dem Boarden angefangen. „Damals haben wir an unsere Snowboards Skateboardachsen gebaut und sind damit auf der Straße gefahren“, erzählt er. Mit der Zeit verlief sich das Hobby aber und als er eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner begann, blieb zunächst keine Zeit mehr. „2005 habe ich den Sport dann wieder entdeckt“, sagt er.

Es folgten die ersten Erfolge, die ersten großen Rennen in der ganzen Welt. Hertler fuhr Rennen in England, Frankreich, der Schweiz und Portugal. Was am Ende mehr Spaß macht – die großen Turniere in Übersee, oder die kleineren Läufe vor der Haustür? Der Skateboarder will das nicht beurteilen. Stattdessen will er seinen Kumpels am Wochenende vor der eigenen Haustür zeigen, was in ihm steckt.

Danach bereitet er sich auf sein nächstes großes Ziel vor. „Ich habe noch keinen Weltcup gewonnen“, sagt er. Und das soll sich spätestens im Herbst ändern. Im Laufe des Jahres wird er an einigen Läufen teilnehmen. Und dann gilt wieder, was für Sebastian Hertler immer gilt: „Wenn ich antrete, will ich auch gewinnen.“