Die Zeiten von Parkscheiben sind vorbei. Per Videoüberwachung werden Parksünder an Supermärkten entlarvt. Zudem sind die Stellflächen außerhalb der Öffnungszeiten vermietet – auch über Nacht.
Wie können große Parkplätze von Supermärkten oder auch Einkaufszentren noch optimaler und auch außerhalb der Öffnungszeiten genutzt werden? Nicht nur, aber auch gerade in Stuttgart eine spannende Zukunftsfrage angesichts des vorhandenen Stellplatzmangels. Einen möglichen Ansatz verspricht das Start-up-Unternehmen Nexobility aus Stuttgart-Luginsland. „Wir bieten digitale Software-Lösungen an – ganz ohne Schranke“, sagt Geschäftsführer Sebastian Löffler.
Die Autokennzeichen werden per Kamera gescannt
Auf die Idee gekommen ist er mit seinem Geschäftspartner Andreas Brehm bei einem Einkauf. „Wir haben uns gefragt, warum immer so viele Parkplätze leer stehen, und das die meiste Zeit des Tages. Und vor allem: Wie kann man sie besser nutzen?“ Bei großen Supermarkt-Ketten, Einzelhändlern, Discountern, Baumärkten und Einkaufszentren rannten sie dabei offene Türen ein – aber zunächst anders als erwartet. „Es geht zunächst nicht darum, die Parkplätze auch außerhalb der Öffnungszeiten nutzen zu können, sondern was man gegen die ungeliebten Falschparker tun kann“, erläutert Brehm.
Auch das sei kein Problem. Denn beim von den Jungunternehmern entwickelten Parkraumüberwachungssystem namens Better Park wird das Kennzeichen der Fahrzeuge mittels Kameras beim Einfahren und Ausfahren voll automatisch erfasst. Wer die vorgegebene Höchstparkdauer von zum Beispiel eineinhalb Stunden überschreitet, bekommt automatisch den Strafzettel per Post zugesendet. Bei der Ermittlung der Fahrzeughalter arbeitet das Stuttgarter Unternehmen mit dem Kraftfahrzeugbundesamt zusammen, was die rechtliche Grundlage sichere.
Und auch die gesetzlichen Vorgaben zum Datenschutz würden eingehalten. „Alle Fotos, bei denen kein Verstoß vorliegt, werden nicht in ein System oder in eine Cloud weitergeleitet, sondern sofort wieder vor Ort gelöscht“, verspricht Löffler.
Der Vorteil: Das lästige Einlegen der Parkscheibe entfällt. Häufig – Löffler spricht von bis zu 90 Prozent – führte dies stets zu großem Ärger. Meist weil die Kunden die Parkscheibe schlicht vergaßen. Hinzu kommt, dass die Firmen im Gegensatz zum eigentlichen Verkaufsbereich „in der Regel überhaupt nicht wissen, was auf ihrem Parkplatz vor sich geht“, ergänzt Brehm. Das ist nun durch die 24-Stunden-Kontrolle an sieben Tagen in der Woche nicht mehr der Fall. Eine interessante Erkenntnis daraus: In der Regel sind 30 Prozent der Plätze ungenutzt – auch in Stuttgart.
Vermietung außerhalb der Öffnungszeiten
Daraus ergibt sich für die beiden Geschäftsführer ihr eigentlicher Ansatzpunkt: „Die langfristig logische Konsequenz ist, die bereits versiegelten Flächen besser zu nutzen: Zum Parken, und zwar rund um die Uhr.“ Die Lösung soll eine Einzelvermietung außerhalb der Öffnungszeiten sein. So können Nachbarn aus stark belasteten Wohnbezirken die Stellplätze monatlich für die Nachtstunden mieten. „Dabei orientieren wir uns an den im Umfeld marktüblichen Preisen, liegen aber leicht darunter“, sagt Brehm. „So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe“, ergänzt Löffler überzeugt. Eine unkomplizierte Überwachung und gleichzeitig eine bessere Auslastung.
An mehr als 400 Standorten in Betrieb
Der Erfolg gibt den beiden Geschäftsführern Recht. Inzwischen betreut die Firma Nexobility mehr als 400 Standorte in ganz Deutschland – von Lörrach bis nach Ostfriesland. Das Hauptaugenmerk liegt auf Ballungszentren wie Berlin, Frankfurt, München und dem Ruhrpott sowie natürlich Stuttgart.
Alleine in der schwäbischen Landeshauptstadt betreut Nexobility nach eigenen Angaben unter anderem fast alle Aldi-Filialen sowie das Einkaufszentrum in Leinfelden-Echterdingen. Mit eigenen Niederlassungen oder Partnerfirmen in Nürnberg, in Mailand in Italien, in Tampa an der US-amerikanischen Ost- sowie an der Westküste in San Francisco. „Und demnächst auch in Prag und Madrid“, so Löffler. Zentral gesteuert wird das Parkraummanagement nach wie vor von Stuttgart aus. Dafür hat man den Hauptsitz für das wachsende Start-up mit seinen inzwischen mehr als 40 Mitarbeitern von der Talstraße im Stuttgarter Osten in den Untertürkheimer Stadtteil Luginsland verlagert. In den ehemaligen Bankräumen dort habe das junge Unternehmen optimale Bedingungen, „weil eine zentrale Netzwerkanbindung bereits gegeben war“, freut sich Andreas Brehm.
Weitere Einsatzmöglichkeiten
Und die beiden Jungunternehmer sehen noch weitere Einsatzmöglichkeiten für ihre digitale Technik. So arbeite man bereits mit verschiedenen Kommunen zusammen, um digitale Lösungen zu finden, weil vor Ort die nötigen Mitarbeiter für die Parkraumüberwachung fehlten. Möglich sei unter anderem auch, automatisch ein Abschleppfahrzeug zu ordern, wenn jemand im Parkverbot stehe. Enormes Potenzial bestehe zudem bei großen Stellflächen an Krankenhäusern außerhalb der Besuchszeiten oder auch an Veranstaltungszentren während der konzert- oder sportfreien Zeit. Zudem sind Lösungen auch für die Lastwagenbranche denkbar – digital und ohne Schranken.