In einer Onlinewelt eines Berliner Start-ups können Menschen künftig mit Avataren echter Menschen sexuell interagieren. (Symbolbild) Foto: dpa

Sex auf einem neuen Level: Ein Berliner Start-up plant eine Onlinewelt, in der Menschen mit den Avataren echter Menschen interaktiv agieren können. 700 Pornodarstellerinnen wurden für das neuartige Produkt bereits gescannt.

Berlin - Splitternackt tanzt Texas Patti auf ihren Betrachter zu. Sie windet sich verführerisch und setzt sich schließlich auf den Schoß des Kunden. Texas Patti ist egal, was sie da mit wem tut. Es ist ja nicht wirklich sie, die das macht, sondern der Avatar - die computeranimierte Kunstfigur - der Pornodarstellerin. Real ist der Sex nur im Kopf des Besuchers dieser virtuellen Welt.

Diese Vision der (Porno-)Zukunft hat das Berliner Start-up Memento 3D erschaffen. Die strippende Texas Patti ist die erste Version davon. Irgendwann einmal könnte jeder Mensch einen realistischen Avatar von sich erstellen lassen, der im Internet sexuelle Abenteuer erleben soll. „Das Produkt hat das Potenzial, eine Revolution zu werden“, sagt Memento-Chef Tobias Platte.

Das Produkt heißt vrXcity, eine Onlinewelt, in der Menschen mit den Avataren echter Menschen interaktiv agieren können. Sie können sie anfassen, ihre Beine spreizen, an den Hüften packen, bewegen und mehr. Die Technik zum Eintauchen in diese Welten gibt es schon und könnte möglicherweise bald größere Verbreitung finden. Die derzeit noch recht teuren VR-Brillen - VR steht für virtuelle Realität - ermöglichen ihrem Träger, sich durch lebensecht wirkende 360-Grad-Welten zu bewegen. Der Nutzer hat das Empfinden, sich tatsächlich in diesen Räumen zu befinden - Schwindelgefühle inklusive. Über Fernbedienungen, die vor den Augen des Nutzers als Hände erscheinen, kann er sich selbst genauso bewegen wie Objekte oder die Avatare - im Fall der vrXcity sind dies Sexpartner.

700 Pornodarstellerinnen gescannt

700 Pornodarstellerinnen wurden bereits gescannt, neben den Deutschen Texas Patti und Micaela Schäfer auch das US-Starlet Jessica Drake. „Die Erotikindustrie ist ein Treiber für neue Technologien“, sagt Platte. Pornografie habe schon den VHS-Videokassetten zum Durchbruch verholfen. Nun soll VR folgen. Das Unternehmen des gelernten Bankers hat viel Entwicklungsarbeit investiert, um die „Mädchen“, wie Platte sagt, bis ins kleinste Detail zu scannen und lebensecht zu animieren. Künftig soll das Programm mit Sexspielzeugen interagieren, um die Optik in physische Erlebnisse zu übersetzen.

Platte spricht unter anderem von „Steckaufsätzen“ für den Mann. Zum Start im Herbst sollen monatlich 200.000 neue Nutzer in die vrXcity finden. Ethische Probleme sieht Platte nicht bei seinem „Unterhaltungsprodukt“. Er sagt: „Den richtigen Sex wird es nicht ersetzen können.“ Der auf Sexualfragen spezialisierte Soziologe Sven Lewandowski sieht in dieser neuen Technologie eher eine neue Spielart von Pornografie. „Es scheinen inzwischen zwei Sexualwelten zu existieren: die des Pornos und die - das ist nicht abwertend gemeint - der Alltagssexualität.“ Es gebe keine Hinweise darauf, dass Pornografie die Paarsexualität verdränge oder präge, wie Menschen Sex haben.

Neue Währung im Internet

Skeptisch ist der Wissenschaftler der Universität Würzburg, ob sich über VR-Brillen und Accessoires ausgelebte Sexualität zum Massenphänomen entwickelt. Memento finanziert die Weiterentwicklung seiner vrXcity durch den Verkauf einer eigenen Internetwährung namens Redbux. Die limitierten Token könnten an Wert gewinnen, wenn sie sich - wie von Platte geplant - als Zahlungsmittel für Erotikprodukte im Internet etablieren sollten. Dutzende Partnerfirmen wollen künftig diese neue Währung akzeptieren. Außerdem sollen vrXcity-Kunden so die Darstellerinnen hinter den Avataren direkt bezahlen können.

In der am Sonntag endenden Vorverkaufsphase haben Investoren bis zum Freitag 3,1 Milliarden Redbux gezeichnet. Mehr als 20 Milliarden Redbux wird es nicht geben. Memento stünden damit bereits über 20 Millionen Euro für die Weiterentwickelung seiner virtuellen Sexwelt zur Verfügung. Platte sagt, er sei „sehr zufrieden“. Er ist nicht der einzige, der an seine Vision von der Zukunft der Pornografie glaubt.