Viel Druck, wenig Wertschätzung und kein Geld in den Sommerferien. Was eine junge Lehrerin aus dem Kreis Ludwigsburg kritisiert.
Seit eineinhalb Jahren unterrichtet Lena Petridou (Namen geändert) nun an einer Realschule im Kreis Ludwigsburg. Bislang als Referendarin, nach den Sommerferien startet sie dort als Lehrerin. „Mit der Schule hatte ich großes Glück, es gibt ein tolles Kollegium“, erzählt die 28-Jährige. Trotzdem sei die Zeit sehr anspruchsvoll gewesen. Besonders bitter sei es deshalb gewesen, nun über die Sommerferien keine Bezahlung bekommen zu haben. Die Lehrergewerkschaft GEW kritisiert den Umstand seit Jahren. Das Referendariat in Baden-Württemberg endet vor den großen Sommerferien, der Start als Lehrer beginnt erst danach.
Aus finanziellen Gründen lebe Petridou noch immer bei ihren Eltern. Eigentlich würde sie gerne möglichst bald ausziehen, doch zuletzt habe sie ihre Ersparnisse allesamt schon im Alltag verbraucht. „Von den Bezügen als Referendarin bleiben normalerweise rund 1500 Euro netto im Monat übrig. In den Sommerferien bekommen wir aber nichts, wir gelten als arbeitslos“, führt die 28-Jährige aus. „Es fehlt die Wertschätzung für unsere Arbeit“, sagt Lena Petridou. Bürgergeld habe sie für die Übergangszeit nicht beantragt, das sei an viel Bürokratie geknüpft und mit hohen Hürden verbunden. Ob sie überhaupt etwas bekommen hätte, da ist sie sich nicht sicher.
„Erst wird sehr viel erwartet, und dann wirst du praktisch entlassen“, sagt sie heute. Als sie begann 2016 zu studieren und sich für den Lehrerberuf entschied, da habe sie mit solchen Problemen nicht gerechnet. „Vieles wird am Anfang nicht richtig kommuniziert“, meint sie. Einen Nebenjob über die Sommerferien zu suchen, sei für sie keine Option gewesen. Der Arbeitsalltag als Lehrer sei fordernd: „Wir brauchen den Urlaub, um dann auch einfach wieder klar zu kommen.“
Seit sie 18 Jahre alt ist, habe sie immer Nebenjobs gehabt, damit hätte nun endlich mal Schluss sein müssen. Bald schon werde ihr Einkommen sich außerdem deutlich verbessern. „Ich steige mit A13 ein, nach den Abzügen müssten mir rund 3500 Euro netto bleiben“, sagt sie. „Ich freue mich, endlich eine Bezahlung zu bekommen, die diese Arbeit auch wert ist“, so die 28-Jährige.
Die Erklärung aus dem Kultusministerium
Trotz der massiven Kritik, die es an der bestehenden Regelung seit Jahren gibt, sieht die Landesregierung keinen Handlungsbedarf. Aus dem grün-geführten Kultusministerium heißt es: „Wenn das Referendariat beendet ist, enden die Bezüge, wie das auch in anderen Branchen üblich ist – und die Einstellung in den Schuldienst erfolgt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Bedarf entsteht, das heißt mit Unterrichtsbeginn im neuen Schuljahr.“
Übrigens: Nicht überall in Deutschland werden Referendarinnen und Referendare, die anschließend als Lehrer weitermachen, in den Sommerferien arbeitslos. In Bayern etwa dauert das reguläre Referendariat insgesamt zwei Jahre, schließt allerdings direkt ans neue Schuljahr an.
„Nie wieder Gedanken um Arbeitsplatz machen“
Trotzdem verteidigt Jochen Schönmann, der Sprecher des Kultusministeriums, die Politik: „Lehrerinnen und Lehrer müssen sich nie wieder Gedanken um ihren Arbeitsplatz machen. Sind sie einmal verbeamtet, haben sie eine Stelle fürs ganze Leben. Zudem sind mit Beihilfe privat versichert, haben Familienzulagen und eine gute Pension.“ Man dürfe die besonderen Privilegien von Lehrern nicht außer Acht lassen, so der Sprecher. Nur auf die Lücken zu schauen, sei nicht der richtige Weg. Er ergänzt außerdem: „Das Land kümmert sich sehr gut um die Lehrer, viel besser, als es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.“
Die 28 Jahre alte Lena Petridou hat darauf einen anderen Blick. Sie findet, der Druck auf Lehrkräfte werde von der Gesellschaft und der Politik unterschätzt. „Die Aufgaben werden immer mehr, die Klassen sind oft sehr groß und viele Lehrer bekommen irgendwann einen Hörsturz oder psychische Probleme“, sagt sie. In einigen Klassen ihrer Schule sollen 31 Kinder sitzen, entsprechend hoch sei der Aufwand und die Lautstärke im Raum. „Die Politikerinnen und Politiker wissen überhaupt nicht, was an den Schulen abgeht“, so die 28-Jährige.
Die Zahlen in Baden-Württemberg
Lehrermangel
Wenige Tage vor Beginn des neuen Schuljahres sieht es bei der Lehrerversorgung im Südwesten etwas besser aus als im vergangenen Jahr: Erneut sind weniger Lehrerstellen unbesetzt als noch zum vorigen Schulstart. Derzeit seien noch 250 Stellen offen, sagte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) in Stuttgart. Sie sei zuversichtlich, dass auch die Lücke von 250 Stellen noch geschlossen werden könne, sagte Schopper. Die Lehrereinstellung laufe noch bis Ende September. Als einen Grund für den Rückgang des Lehrermangels nannte sie den Ausbau von Studienplätzen, vor allem im Grundschulbereich.
Schülerzahlen
Trotz der etwas besseren Lage beim Lehrermangel werde es eine „Herkulesaufgabe“, die Unterrichtsversorgung überall zu sichern, so Schopper. Das liegt auch an den gestiegenen Schülerzahlen. So müssten etwa die Grundschulen ein Plus von 15.000 Schülerinnen und Schülern bewältigen – nachdem die Schülerzahlen dort bereits im letzten Jahr hoch waren. 500 zusätzliche Klassen müssten an den Grundschulen dafür gebildet werden. Grund für die hohen Schülerzahlen seien geburtenstarke Jahrgänge sowie eine weiter hohe Zuwanderung. (dpa)