Die Abiturprüfungen haben begonnen – mit dem Fach Deutsch. Wir haben Schülerinnen und Schüler aus dem Stuttgarter Karls-Gymnasium gefragt, wie der Auftakt für sie gelaufen ist. Wie fair fanden sie die Aufgaben? Dazu haben sie eine einhellige Meinung.
Aufmunternde Plakate säumen den dritten Stock des Stuttgarter Karls-Gymnasiums: „Ihr schafft das!“, steht da zum Beispiel oder Botschaften mit Augenzwinkern wie: „Kein Stress, auch ohne Abi kann man Twitch-Streamer werden“. Auch „Vincent und Alex aus der 5b“ haben sich Mühe gegeben und alles, was dem Volksmund nach Glück bringt, aufgemalt – Kleeblatt, Schweinchen, Scherben.
Die Abiturprüfungen 2025 haben am Dienstag in Baden-Württemberg begonnen – und zwar mit dem Fach Deutsch. Von 9 bis 14.15 Uhr hatten die Oberstufenschülerinnen und -schüler Zeit, die aus verschiedenen Aufgaben wählen konnten: Sie konnten einen argumentierenden Text „materialgestützt“ zur „Rolle der sozialen Medien im politischen Diskurs“ schreiben, also einen Kommentar. Oder sie konnten einen pragmatischen Text zur „Sprache in politisch-gesellschaftlichen Zusammenhängen“ analysieren. Auch die Interpretation des Gedichts „Die Nacht verrinnt, der Morgen dämmert“ von Arno Holz stand zur Wahl sowie die Erörterung des literarischen Texts „Corpus Delicti“, in dem die Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh die Gesundheitsdiktatur eines Staates mit Unfehlbarkeitsanspruch verhandelt.
16 Seiten hat Victoria geschrieben
Wofür sie sich entschieden haben? Victoria Engel und Hannah Groh wählten die Erörterung. Eigentlich habe sie auf Woyzeck gehofft, das Dramenfragment des deutschen Dramatikers Georg Büchner, erzählt Victoria. „Das ist klarer strukturiert. Aber Corpus Delicti passt auch, hat aktuelle Bezüge. Da gab es viel zu schreiben – zu Justiz, persönlicher Freiheit, Sicherheit, Pandemie.“ 16 Seiten sind bei der 17-Jährigen zusammengekommen, die nach dem Abitur zuerst Praktika in Medizin und Jura avisiert, dann den Test für Medizinische Studiengänge. Hannah ergänzt: „Auch Themen wie Medien und Revolution sind in dem Text.“ Sie strebt ein volkswirtschaftliches Studium an, liebäugelt mit den Berufen Diplomatin oder Managerin.
Ihre Mitschülerin Magdalena Scheuer hat sich für den Kommentar entschieden: „Da konnte man viel eigenes Wissen einbringen.“Die 18-Jährige hat schon ein Freiwilliges Soziales Jahr in Frankreich in der Tasche und kann sich für später Management, Politik und Verwaltung als Berufsfelder vorstellen. Auch Josefine Klick, Gabriel Passera und Sarah Thürigen haben zu der „Rolle der sozialen Medien im politischen Diskurs“ Argumente geliefert – und zwischen neun und dreizehn Seiten geschrieben.
„Man kommt in einen Automatismus“, sagt Sarah
Im Deutschkurs, den alle sechs besuchen, hätten sie bereits Kommentare verfasst und sich intensiv mit dem Einfluss der Medien auf Sprache und Gesellschaft beschäftigt sowie mit „Framing“. Das beschreibt, wie derselbe Inhalt, anders formuliert und in Deutungsmuster eingebettet, Menschen manipulieren kann. „Populisten machen sich das zunutze“, erklärt Magdalena.
Deutsch sei ein wichtiges Fach für das Leben, sind sich alle einig. „Man lernt, sich auszudrücken“, fassen Josefine und Sarah zusammen. Alle stimmen Gabriel zu, als er betont, dass die Aufgaben fair, sie von ihrer Lehrerin gut vorbereitet worden seien. Acht Seiten Material plus Glossar im Aufgabenpaket allerdings, das hätte Gabriel nicht erwartet; er plant nach dem Abi ein Bundesfreiwilligenjahr in Frankreich oder Spanien. „Zwei Stunden Vorbereitung, bevor ich mit dem Schreiben loslegte!“, berichtet er. Den anderen sei es ähnlich ergangen. „Aber dann ist es geflossen“, so Josefine, die beruflich Wissenschaftskommunikation reizt. War sie aufgeregt? „Nur kurz. Sobald es losging, war das weg.“ Sarah schmunzelt. „Man kommt in einen Automatismus.“
Mit 16 ist Sarah die jüngste in der Gruppe. Ihr Lebensplan? „Auch erst mal FSJ oder Praktika, aber dann was mit Kunst und Film.“ Zuvor stehen für die sechs Gymnasiasten aber erst einmal weitere Abiprüfungen an. Unterschiedliche, denn sie haben verschiedene Fächerkombination: Mathe, Physik, Biologie, Gemeinschaftskunde, Politik, Sport, Geschichte, Englisch, Altgriechisch und Kunst sind bei ihnen dabei.