Land unter heißt es auch bei der Landwirtschaft. Foto: dpa/Marius Bulling

Landwirtschaftsminister Peter Hauk sieht manch eine Schutzmaßnahme als mitverantwortlich für die Starkregenschäden bei Bauern.

Wer in diesen Tage Erdbeeren auf dem Wochenmarkt einkaufen möchte, der weiß es: Zu viel Nässe und die roten Früchtchen vertragen sich nicht. Die Preise für die süßen Beeren erklimmen schwindelerregende Höhen, doch beim Geschmack ist die fehlende Sonne durchaus bemerkbar. Es sind allerdings nicht nur die Erdbeerbauern, die mit dem Unbill des Wetters zu kämpfen haben. 95 000 Hektar der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Südwesten seien starkregengeschädigt, 26 000 Hektar Ackerfläche überschwemmt, sagt Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU). Manch ein Betrieb sehe seine Existenz gefährdet.

 

Starkregen wird es häufiger geben

Die gute Nachricht: Nicht jeden Landwirt hat es getroffen. Vor allem im Osten des Landes hat der heftige Dauerregen seine Spuren hinterlassen, andere Landesteile blieben weitgehend außen vor. Entwarnung möchte der Minister gleichwohl nicht geben. Was den CO2-Ausstoß angehe, befinde man sich noch immer „auf dem Wachstumspfad“, sagt Hauk. Das Land müsse sich auch in Zukunft auf stärkere Niederschlagsmengen einstellen. Eine Analyse, die der Landesbauernverband teilt. Ebenso wie die Feststellung, dass die Höhe der Schäden noch nicht beziffert werden können, zumal sich manche Auswirkungen erst später zeigen werden. Überflutete und verschmutzte Grünflächen werden die Futterversorgung von Kühen und Pferden vielerorts beeinträchtigen – was das dann genau bedeutet, ist aber noch nicht klar.

Hoffnung ruht auf einer Versicherung

Während der Landesbauernverband finanzielle Unterstützung vom Land für die nun betroffenen Betriebe fordert, ist der Minister in diesem Punkt zurückhaltend. Aktuell sehe er „keine Möglichkeit, dass wir direkt unterstützen“. Hauk richtet seinen Blick lieber in die Zukunft – und in die Fortschreibung der Mehrfachgefahrenversicherung für Landwirte. Baden-Württemberg habe dieses Pilotprojekt vor vier Jahren als erstes Bundesland eingeführt und gefördert – das solle ausgeweitet werden, sagt Hauk.

Bei dem Modell übernimmt das Land bis zu 50 Prozent der Versicherungskosten des Landwirtes. Fünf Millionen Euro seien das jetzt pro Jahr, perspektivisch würden jährlich noch einmal weitere zehn Millionen hinzukommen, sagt Hauk – und fordert den Bund auf, ebenfalls in das Projekt einzusteigen und Geld zu überweisen. Zudem müsse man mit der Versicherungswirtschaft auch noch einmal sprechen – der Teufel liegt ziemlich oft im Detail. Derzeit ließe sich zwar Starkregen absichern, nicht aber Überschwemmungen. Und Erdbeeren seien auch bei Starkregen nicht vom Versicherungsschutz umfasst.

Naturschutz als Problem

Die Landwirtschaft sieht Hauk beim Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen als „Teil der Lösung“ und nicht Teil des Problems. Ganz im Gegensatz zu manchen Maßnahmen des Naturschutzes. Hier fordert der Landwirtschaftsminister ein neues Denken. Es müsse eine „Neubewertung von Maßnahmen, insbesondere von Natur- und Artenschutz“, vorgenommen werden. Beispiel Bibermanagement. Nicht nur in Leutkirch seien die Flächen, die bei Hochwasser überschwemmt werden können, bereits vor dem Hochwasser gut gefüllt gewesen. Hauks Fazit: „Biberburgen müssen abgeräumt werden“, zumal das Tier in seinem Bestand nicht mehr gefährdet sei.

Schäden auch im Wald

Auch an anderer Stelle sieht der Landwirtschaftsminister einen übertriebenen Naturschutz als zumindest mitverantwortlich dafür, dass die Folgen der Regenfälle vielerorts heftiger waren, als es hätte sein müssen. Bei der Gewässerrenaturierung sei dem Hochwasserschutz künftig ein Vorrang einzuräumen, erklärte Hauk, auch wenn es landwirtschaftliche Flächen zu schützen gelte. Bannwälder, also Wälder, die sich ohne menschliches Zutun entwickeln, müssten in Hochwasserrisikogebieten daraufhin überprüft werden, ob nicht Schutzwälder sinnvoller seien. Und bei Fahrradschnellwegen durch den Wald müsste die Frage gestellt werden, ob diese Flächenversiegelung sinnvoll und notwendig sei.

Es mache den Eindruck als ob der Agrarminister versuche, „auf Kosten des Naturschutzes ein billiges Wahlkampfmanöver durchzuführen, um damit in Teilen der Landwirtschaft zu punkten“, kommentierte Johannes Enssle, der Landesvorsitzende des Nabu, die Äußerungen Hauks.