Der Musiker Snoop Dogg. Foto: Hatje Cantz/Donald Graham

Keine einstudierten Gesten, dafür intime Porträts von Menschen, die etwas von sich preisgeben wollen: Dafür stehen die brillanten Schwarz-Weiß-Aufnahmen des gefeierten Fotografen Donald Graham. Ein Bildband würdigt sein Werk.

Stuttgart - Bei ambitionierter Porträtfotografie denkt manch einer vielleicht an einen detailversessenen Zuchtmeister im Fotostudio, der keine Gnade walten lässt, um seine Vorstellungen zu verwirklichen. „Bitte breitbeinig auf den Stuhl setzen! Ellenbogen fest auf die Knie stützen! Rücken durchdrücken! Kopf und Kinn heben! Nach vorne schauen!“ Und das Ganze nochmals von vorn.

Einfach nur du selbst

Nein, bei Donald Graham läuft das Prozedere ganz anders ab, das einzige, was der gefeierte Mode- und Porträtfotograf sagt, egal, ob es sich um einen coolen Star-Rapper handelt oder um irgendeinen Typ in einer indischen Großstadt, ist folgender Satz: „Just be yourself!“, sei einfach nur du selbst. Klingt einfacher als ist. Denn authentisch will ja jeder sein, bloß: Wer weiß schon, wie sie oder er wirklich ist, in einer Welt, in der alle nur etwas darstellen wollen, ja müssen?

Abweisender Rücken

Doch das Spiel mit den Erwartungen anderer und der möglichst gelungenen Selbstinszenierung vor dem Kameraobjektiv gelingt perfekt. Der unbekannte Inder zwinkert charmant, der Rapper Snoop Dogg zieht eine selbstironische Gangsta-Schnute. Und ein anderer zeigt statt des Gesichts seinen mächtigen und ungeheuer abweisenden Rücken. Dennoch wirken alle Modelle auf wunderliche Weise schön, oder besser: einzigartig. „One Of A Kind“, so lautet sinnigerweise auch der Titel des nun bei Hatje Cantz erschienenen Bildbandes. Und einzigartig sind diese Menschen, selbst wenn sie nur einen Körperteil oder eine Wange präsentieren. Wobei die vermeintlichen Stars, etwa die Schauspielerin Frances McDormand oder der Schriftsteller Bret Easton Ellis mit all ihrer Kameraerfahrung keinen Distinktionsgewinn erzielen. Vor Grahams Objektiv sind alle gleich, selbst seine Nächsten müssen sich ehrlich machen. Dass das Projekt vor über 30 Jahren begann, als Graham seine erkrankte Mutter fotografierte, spricht für diese These.

Donald Grahams Schwarz-Weiß-Fotografien wurden vielfach ausgezeichnet und sind in Ausstellungen und Sammlungen berühmter Museen vertreten.