Die 32-jährige Swetlana Schäfer hat sich von der Diagnose MS nicht unterkriegen lassen. Beruflich will sie voll durchstarten. Foto: Janey Schumacher

Die Diagnose traf die 32-jährige Cannstatterin wie ein Schlag ins Gesicht: Multiple Sklerose. Doch trotz ihrer MS-Erkrankung will sie beruflich voll durchstarten.

Bad Cannstatt - Die Diagnose traf Swetlana Schäfer wie ein Schlag ins Gesicht: Im Alter von 19 Jahren erfuhr die heute 32-Jährige, dass sie an Multipler Sklerose (MS) leidet. Der heutige Welt-MS-Tag ist ein guter Anlass, den Lebensweg einer jungen Frau aus Bad Cannstatt aufzuzeigen, die sich von der Erkrankung nicht unterkriegen lässt.

„Ich war erst einmal schockiert und wollte mit der Krankheit nichts zu tun haben“, beschreibt Swetlana Schäfer ihre ersten Gedanken, als sie von der Diagnose erfuhr. Eigentlich war sie wegen einer Sehnerv-Entzündung beim Augenarzt, „als die Ärztin schon so einen Verdacht hatte“. Aus diesem Grund wurde sie in eine Klinik überwiesen. Nach Kernspintomografie und Bluttests war schließlich klar: Die Ursache ihrer Beschwerden ist Multiple Sklerose (MS). Diese chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems kann das Gehirn, das Rückenmark sowie den Sehnerv befallen. Der Verlauf ist oft schubartig. Als Ursache wird eine Autoimmunreaktion, das heißt eine Fehlregulierung des Immunsystems angenommen: Entzündungs- und Abwehrzellen des Körpers greifen fälschlicherweise körpereigene Strukturen an.

Swetlana Schäfer war in den ersten Wochen und Monaten nach der Diagnose verzweifelt: „Ich kannte aus meinem Umfeld nur Menschen, denen es mit dieser Krankheit wirklich sehr schlecht ging und so wollte ich nicht enden.“ Im Laufe der Zeit hat sie aber gelernt, mit MS umzugehen. Besonders geholfen hat ihr der Besuch bei der Kontaktgruppe der Aktion Multiple Sklerose Erkrankter des Landesverbands Baden-Württemberg (AMSEL). Die hat sie während ihres Jura-Studiums erst in Tübingen besucht, seit sechs Jahren nimmt sie am Treffen der Cannstatter Gruppe teil. „Sich mit anderen Betroffenen auszutauschen gibt mir viel Kraft.“

Viele Hürden gemeistert

Doch trotzdem hat die Krankheit ihr immer wieder Hürden auferlegt, die sie auf ihrem Lebensweg meistern musste: So musste sie beispielsweise ihr Jura-Studium wegen der Krankheit unterbrechen. „Auf einmal konnte ich meinen Arm nicht mehr spüren.“ Anschließend stellte sich das Taubheitsgefühl auch in den Füßen ein. Irgendwann wurden die Schübe so stark, dass sie nicht mehr richtig laufen konnte und deshalb in eine Klinik zur Rehabilitation eingeliefert wurde. Diese Zeit war für die heute 32-Jährige besonders schwer. „Ich wollte nicht im Rollstuhl sitzen, sondern etwas im Leben erreichen und beruflich durchstarten.“ Umso stolzer ist sie darüber, das erste Staatsexamen in Jura trotz MS bestanden zu haben.

Heute geht es ihr den Umständen entsprechend gut. Das Laufen bereitet ihr derzeit keine Schwierigkeiten. „Bei mir beeinträchtigt die Krankheit eher das Gedächtnis.“ An manches kann sie sich nicht mehr oder nur noch schemenhaft erinnern. Beispielsweise an Situationen während ihres Aufenthalts in der Rehabilitationsklinik. „An einen Ausflug, den ich damals gemeinsam mit meiner Familie unternommen habe, kann ich mich fast gar nicht mehr erinnern.“ Anderes ist ihr jedoch noch bestens im Gedächtnis: Die Strecke zu ihrer Großmutter, die in Russland lebt oder der Weg zu ihrem ehemaligen Kindergarten. Auch an ihre Gastfamilie, bei der sie während eines Schüleraustauschs in Alaska gelebt hat, erinnert sie sich bestens. „Die Ärzte sagen, das ist eine Art Schutzmechanismus des Gehirns. Die schönen Erinnerungen halten mich fit, Negatives dagegen schlägt mir auf die Stimmung.“

Doch die 32-Jährige gibt nicht auf, kämpft gegen die Symptome der Krankheit. Sie macht Gedächtnistraining, sowohl gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der AMSEL-Kontaktgruppe als auch zuhause. „Zwar geht es nicht gleich von null auf hundert, dennoch mache ich Fortschritte“, sagt sie. Derzeit gilt die 32-Jährige als medikamentös gut eingestellt und geht einmal im Jahr zur Kontrolle. Die Ärzte halten weitere Schübe zwar für unwahrscheinlich, dennoch traut Schäfer dem Frieden nicht. „Leider weiß man nie, wann und wie sich die Krankheit mit den 1000 Gesichtern wieder zeigt“, sagt sie.