Cassian Andor (Diego Luna, rechts) trifft auf der Flucht vor dem Imperium den Rebellen Luthen Rael (Stellan Skargard). Foto: IMAGO/Picturelux/IMAGO/Des Willie

Die „Star Wars“-Serie „Andor“ erzählt die Vorgeschichte zum Spielfilm „Rogue One“: Diego Luna spielt darin einen entwurzelten Gauner, der sich der Rebellion gegen das Imperium anschließt.

Diktaturen neigen dazu, durch willkürliche Grausamkeiten die Bevölkerung gegen sich aufbringen. In der Realität lässt sich das derzeit im Iran beobachten: Religionspolizisten haben dort mutmaßlich die 22-Jährige Mihsa Amini ermordet, weil ihr Kopftuch nicht richtig saß – und die Menschen sind trotz aller Risiken auf den Barrikaden.

Die Fiktion bietet viele Beispiele für solche Gewaltherrschaften. Eine der prominenten ist das finstere „Imperium“, das in der entscheidenden Phase über George Lucas’ „Star Wars“- Universum herrscht und Kreaturen aller Art drangsaliert. Die Serie „Andor“ auf Disney+ erzählt nun, wie in die Enge Getriebene zu Revolutionären werden können.

Der einzige Ausweg: die Rebellion

Der mexikanische Schauspieler Diego Luna gerät als Kleinganove Cassian Andor auf einem Minen-Planeten ohne Anlass ins Visier zweier imperialer Polizisten, die gerade ein Opfer suchen. Die Situation eskaliert, Andor kehrt zurück auf seinen Heimatplaneten Ferrix, wo ihn bald ein imperialer Suchtrupp aufzuspüren versucht. Sein einziger Ausweg: Luthen Rael (Stellan Skarsgard), ein Kunde für sein Diebesgut, entpuppt sich als Mitstreiter der Rebellion und verhilft ihm zur Flucht.

Dass Andor zum Rebellen wird, gehört zur Prämisse dieser Serie: Luna hat die Rolle schon im zeitlich später angesiedelten Spielfilm „Rogue One“ (2016) gespielt. Darin gehört seine Figur zu einer Gruppe, die dem Imperium die Baupläne des geplanten Todessterns entwendet – was den Triumph der Rebellen im ersten „Star Wars“-Film von 1977 überhaupt erst möglich macht.

Der Held wirkt zunächst etwas spröde

In „Andor“ ist der spätere Rebell ein entwurzelter Mann, der als Kind vom Planeten Kenari verschleppt wurde und sich irgendwie durchschlägt. Er schuldet auf Ferrix praktisch allen Geld, hat immer eine windige Ausreden parat und mogelt sich mehr schlecht als recht durch ein karges Dasein.

Das zu verkörpern, fällt Diego Luna in den drei bislang verfügbaren Episoden nicht immer leicht: Er wirkt zunächst ein wenig spröde und entfaltet nicht das einnehmende Hochstapler-Charisma, das Harrison Ford als Weltraum-Schmuggler Han Solo so brillant ausgespielt hat. Luna gewinnt an Statur, als er sich seiner Mission nähert und Luthen Rael trifft. Den wiederum verkörpert Stellan Skarsgard („Nymphomaniac“, „Fluch der Karibik“) mit der ihm eigenen Überzeugungskraft.

Näher am Original-Gefühl als andere Serien

Der Showrunner Tony Gilroy hat mit seinem Anwalts-Thriller „Michael Clayton“ (2007) Oscars für Regie und das Drehbuch bekommen. Gemeinsam mit Chris Weitz schrieb er das Buch zu „Rogue One“. Er kennt sich also aus im „Star Wars“-Universum und ist in vielem näher am Original-Gefühl als etwa die Serien „Mandalorian“ und „Boba Fett“. Das liegt natürlich am besonderen Kitzel der Imperiums-Ära, an neuen außerirdischen Schausplätzen, Raumschiffen und Nebenfiguren wie dem goldigen, aber ungelenken Droiden B-2EMO, Spitzname „Bee“.

Andors Adoptivmutter Maarva hat Cassian das Stehlen beigebracht, ihm aber auch Geborgenheit geschenkt, was Fiona Shaw („Harry Potter“) glaubhaft vermittelt. Adria Arjona sprüht vor Widerstandsgeist als eigenwillige Schwarzmarkt-Mechanikerin Bix, die in eine Liebes-Intrige gerät. Und Kyle Soller verkörpert mit stocksteifem Rückgrat den Inbegriff des kleinkarierten Imperiums-Fanatikers, der noch linientreuer ist als sein Chef.

Die imperialen Uniformen wirken noch absurder als sonst

Die Uniformen der Schergen des Bösen waren in „Star Wars“ schon immer an modische Verirrungen der Sowjet-Zeit angelehnt, in „Andor“ fallen sie noch ein wenig absurder aus als sonst: Allein die Dienstmützchen mit den roten Schirmen sind echte Hingucker in Sachen schlechter Geschmack.

Die imperialen Handlanger kompensieren mangelnden Durchblick mit strammer Haltung und übertriebener Härte – und provozieren damit erst Recht zivilen Ungehorsam. Manches erinnert da an Bilder aus Russland, einer anderen realen Diktatur der Gegenwart, die Anti-Kriegs-Demonstranten zusammenknüppeln lässt und Menschen mit Gewaltandrohung zur Stimmabgabe bei Scheinreferenden zwingt. So aktuell war „Star Wars“ lange nicht.