Holger Stanislawski an der Seitenlinie: „Ich habe Angst, dass mir mal die Stimme wegbleibt.“ Foto: dapd

St. Paulis Trainer Stanislawski über den VfB, seine drei Laster und seine Spielphilosophie.

Stuttgart - Der Kampf gegen den Abstieg nagt an Holger Stanislawski. Vor dem Kellerduell am Sonntag gegen den VfB Stuttgart (17.30 Uhr/Sky und Liga total) sorgt sich der Trainer des FC St. Pauli um seine Stimme: „Ich habe Angst, dass sie irgendwann mal komplett wegbleibt.“

Herr Stanislawski, Sie haben zwei Laster: Rauchen und literweise Kaffee am Tag. Steigt der Konsum in der heißen Phase im Kampf gegen den Abstieg noch an?

Ein Laster haben Sie noch vergessen: Schokolade. Aber mein Konsum ist bei all dem nicht gestiegen - das geht allerdings auch kaum (lacht).

Gibt es noch Phasen, in denen Sie wirklich mal abschalten können?

Es gibt nicht viele Möglichkeiten, aber ein paar wenige habe ich mir erhalten. Meine Ruheoase ist mein Zuhause. Da kann ich mal ein paar Minuten relaxen, auf der Couch die Gedanken schweifen lassen. Das geht auch gut, wenn ich mit meinem Hund spazieren gehe.

Sie beschreiben den Trainerjob gern als Raubbau am Körper. Gehen Sie am Stock?

Natürlich ist der Job des Trainers kräfteraubend. Man muss 24 Stunden am Tag präsent sein. Jeder Schritt wird genau beobachtet und analysiert. Aber auch andere Jobs sind knochenhart. Nehmen wir einmal einen Hafenarbeiter bei uns in Hamburg. Der muss brutal hart malochen.

Sie selbst haben schon die Angst geäußert , dass Ihnen bei der ganzen Schreierei an der Seitenlinie mal eine Ader im Kopf platzt. Was machen Hirnregion und die Stimme?

Alles gut. Ich habe manchmal nur die Angst, dass die Stimme irgendwann mal tatsächlich komplett wegbleibt (lacht).

"Vielleicht kam die Klatsche im richtigen Moment."

Kommen wir zum Sportlichen. Sie betonen ja oft, wie wichtig Ihnen die Spielkultur Ihres Teams ist. Legen Sie jetzt nach dem 0:5-Debakel in Nürnberg am vergangenen Samstag doch noch mehr Wert auf den Kampf?

Kampf und Leidenschaft sind Attribute, die wir nicht predigen. Das sind Grundvoraussetzungen. Wir haben eine Philosophie. Kurz, schnell und flach im Passspiel - damit sind wir aufgestiegen und haben so auch in vielen Spielen in der Bundesliga erfolgreich gespielt. Daran wird sich nichts ändern. Ohne Fußball geht es im Fußball nicht.

Haben Sie nach dem 0:5 an der Ansprache zur Mannschaft etwas verändert?

Wir werden jetzt den Fußball nicht neu erfinden. Natürlich haben wir Fehler angesprochen. Vielleicht kam die Klatsche im richtigen Moment. Die Sinne sind jetzt wieder auf das Wesentliche geschärft.

Ein Problem in Nürnberg war das Zweikampfverhalten. Haben Sie in der Trainingswoche besonderen Wert darauf gelegt?

Mir hat vor allem unser Passspiel nicht gefallen. Darauf haben wir geachtet.

Was war noch schlecht in Nürnberg?

Konzentration, Stellungsspiel und Zielstrebigkeit haben wir vermissen lassen. Das muss besser werden gegen den VfB.

Wie schätzen Sie den VfB ein?

Niemand hätte die Stuttgarter in dieser Saison so weit unten erwartet. Die Mannschaft hat Qualität, die letzten Ergebnisse haben das absolut unter Beweis gestellt.

Was erwarten Sie für ein Spiel am Sonntag?

Es wird eine enge Partie, beide Teams befinden sich auf Augenhöhe. Für uns kommt es darauf an, dem VfB den Spaß am Spiel zu nehmen und selbst wieder eine gewisse Spielfreude zu entwickeln.

Kann Ihr oft beschworener Zusammenhalt, das Dasein als Stadtteilverein und die Tatsache, dass man den Kader mit den passenden Typen zusammenstellt, ein entscheidender Faktor sein im Kampf gegen den Abstieg?

Weil wir daran fest glauben, haben wir den Kader so wie er ist zusammengestellt. Wir haben bewusst darauf verzichtet, als alle nach Verstärkungen geschrien haben, Neuzugänge zu verpflichten. Der Teamgeist dieser Mannschaft ist ungebrochen und sicher unser großes Plus. Darum werden wir die Mannschaft im Sommer - wenn überhaupt - auch nur punktuell verstärken.