Bis die Lastwagen zur neuen Deponie fahren können, dauert es Jahre. Foto: factum/Archiv

Mit mehr Standorten zur Auswahl und mehr Gutachten wollen die Kreisräte das Verfahren versachlichen. DAmit fängt die Arbeit aber praktisch wieder von vorne an.

Böblingen - Die Kreisräte haben die weitere Vorgehensweise bei der Suche nach einem Standort für Erdaushub und Bauschutt im Kreis Böblingen einstimmig festgelegt. Dabei war vor der Sitzung eine ablehnende Haltung deutlich zu spüren. Allerdings umfasst die Beschlussempfehlung des Werksausschusses an den Kreistag acht Punkte. „Wir können zurückgehen“, hatte der Landrat Roland Bernhard zu Beginn der Sitzung gesagt, „aber bitte nicht auf Los.“ Nun stehen wieder mindestens 22 mögliche Plätze für die Deponie zur Auswahl. Da die Kreisräte auch die Variante von zwei kleinen Halden statt einer großen untersucht haben wollen, sind es noch mehr. Ihre Bewertung sollen externe Gutachter vornehmen.

 

Der Landrat äußert Verständnis für die Unruhe

Mehr als zwei Stunden debattierte der Ausschuss am Montag über die geplante Erddeponie. Das Landratsamt und der Abfallwirtschaftsbetrieb hatten nach zweijähriger Suche eine Liste mit fünf möglichen Standorten zusammengestellt. In den vergangenen drei Wochen hatten jedoch alle betroffenen Kommunen das Vorhaben auf ihrer Gemarkung abgelehnt. Sindelfingen, Weissach, Rutesheim und Leonberg sowie Ehningen hatten als Gründe unter anderem den verstärkten Lastwagenverkehr angegeben und sich gegen die Rodung von Waldflächen ausgesprochen. „Es gibt viel Unruhe“, griff Roland Bernhard die Problematik in der Sitzung auf und äußerte Verständnis: „Wer will schon vor der Haustüre den Dreck und den Staub?“

Dass die Deponie notwendig ist, darüber sind sich die Kreisräte einig, wie Claus Unger betonte. „Aber in welchem Umfang ist die Frage“, sagte der Bürgermeister von Ehningen. Statt nur eine große Halde zu bauen, könnten die Lasten auf zwei kleinere verteilt werden, lautet der Vorschlag seiner CDU-Fraktion – eine für den Nord- und eine für den Südkreis. Dadurch müssten Flächen unter 30 Hektar nicht mehr automatisch von der Auswahlliste gestrichen werden. „Kein Bürger versteht, dass man in Ehningen für eine Deponie 200 Jahre alte Eichen fällen muss“, sagte er. Egal wo eine solch große Anlage gebaut werde, es werde sich starker Protest formieren, bekräftigte der Sindelfinger Stadtrat Walter Arnold (CDU). „Geteiltes Leid ist halbes Leid“, erhofft sich der SPD-Kreisrat Peter Pfitzenmaier von der Verkleinerungsstrategie. Gutachten über die Standorte, die zu erwartende Menge an Erdaushub und Bauschutt sowie den Flächenbedarf wurden ebenfalls über die Fraktionen hinweg gefordert. „Die Bewertung muss auf den Prüfstand“, sagte Dieter Maurmaier (FDP).

Der Abfallwirtschaftsbetrieb plädiert für einen wirtschaftlichen Standort

Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit warb Roland Bernhard für einen einzigen Standort. Sonst müssten die Erschließungsstraße, die Gebäude und Abwasserleitungen zweimal gebaut werden. Die Betriebskosten müssten über die Gebühren abgedeckt werden und marktgängig sein, sonst würden die Bauunternehmer ihre Lasten wieder über weite Strecken fahren, was zu höheren Baukosten führt. Allerdings könne sich der Kreistag dafür entscheiden, die Deponie künftig zu bezuschussen. Die Steinbrüche können jedenfalls nicht als zusätzlicher Abladeort dienen: Dort darf nur saubere Erde hingebracht werden. Für verunreinigten Aushub und Bauschutt gibt es im Kreis seit 2013 keine Deponie mehr.

„Ich hatte die Sorge, dass wir uns heute verzetteln“, lobte Roland Bernhard dennoch das Bemühen um Sachlichkeit in der Sitzung. Für die Beschlussempfehlung griff der Landrat alle Vorschläge aus den Reihen der Kreisräte auf. So soll das Landratsamt auch Konzepte zur Vermeidung von Erdaushub und Bauschutt entwickeln und sich in die Bundespolitik einmischen, um eine Verschärfung der Vorschriften für die Entsorgung des Materials zu verhindern. Außerdem soll eine Projektgruppe aus Kreisräten gebildet werden, die sich kontinuierlich mit dem Thema Deponie beschäftigt. Statt auf ein Mal 30 Hektar zu roden, will der Landrat darüber hinaus prüfen lassen, ob die Halde abschnittsweise mit kleineren Flächen angelegt werden kann. „Dass man durch die Erhöhung der Standortzahl den Frieden in der Bevölkerung erhöht, ist ein Irrglaube“, ist sich Roland Bernhard sicher.

Von der Aufregung unbeeindruckt blieb in der Sitzung nur Andreas Kindler (CDU). Der Landwirt freute sich, dass für das Projekt ausnahmsweise die Landwirtschaft verschont wurde. „Von Abholzung geht die Welt nicht unter“, sagte er. Wald sei nicht für die Naherholung gepflanzt worden, sondern ein nachwachsender Rohstoff.