Ein Teil der Anlage ist bereits in Betrieb, am Rest wird noch gebaut.
Stuttgart-Zuffenhausen - Noch stehen Baugerüste neben Boulderwänden, und Arbeiter mischen sich unter Kletterer: An der Stammheimer Straße 41 wird fleißig an der „Climbmax Kletterwelt“ gearbeitet, einem der größten derartigen Komplexe in ganz Deutschland. Bereits seit gut zwei Wochen fertig und in Gebrauch ist die Boulderhalle. Die Kletterhalle hingegen ist noch im Bau und soll zusammen mit der gesamten Anlage am Samstag, 15. Dezember, offiziell eingeweiht werden.
„Die Leute waren ungeduldig“, sagt Timo Preußler, einer der Investoren und Geschäftsführer der Firma Climbmax. Man sei regelrecht mit Anfragen bombardiert worden. Viele Kletterer hatten im Internet Bilder der fertigen Boulderhalle gesehen und darauf gedrängt, dort endlich aktiv werden zu können. So sei es dann dazu gekommen, dass man diesen Teil der Anlage bereits am 10. November eröffnet habe. „Das war eigentlich so nicht geplant“, sagt Preußler. Deshalb habe man die Aktion ganz bewusst klein gehalten, gekommen seien an diesem Tag rund 1000 Besucher.
Die Kletterwand wurde aus Bulgarien angeliefert
Dass die zweite Halle erst später eröffnet werden kann, hängt mit Problemen bei der Installation der Lüftung zusammen. Die Kletterwand, die aus Bulgarien angeliefert wird, kann nämlich erst nach dem Einbau der Lüftungsrohre aufgestellt werden. Was Verzögerungen angeht, sind die Investoren einigen Kummer gewohnt: Eigentlich hätte die Anlage bereits im September 2011 öffnen sollen, damals hatte es aber Probleme mit den Brandschutzauflagen gegeben. Deshalb hatte die Firma Climbmax den ursprünglichen Bauantrag zurückgezogen und einen neuen eingereicht.
Als Eröffnungstermin war dann August 2012 ins Auge gefasst worden, doch auch hier machte der Brandschutz einen Strich durch die Rechnung. „Die Stadt hat uns viele Steine in den Weg gelegt“, sagt Timo Preußler kopfschüttelnd und verweist darauf, dass immerhin 50 neue Arbeitsplätze, vor allem im Teilzeitbereich, geschaffen würden.
Überbordende Bürokratie und viel zu lange Bearbeitungszeiten hätten dazu geführt, dass die Investoren nun finanziell mit dem Rücken zur Wand stünden. Zusammen mit Christian Benk, Claus Benk und Maximilian Wörner hat der 29-Jährige eine Menge Geld in das Projekt gesteckt. Wie hoch die Investitionskosten genau sind, möchte Timo Preußler nicht verraten. Wohl aber, dass die ursprünglich veranschlagte Summe wegen der Verzögerungen und Änderungen um 30 bis 40 Prozent überschritten wird.
Die Boulderhalle ist eine der fünft größten in der Welt
Preußler und seine Mitstreiter sind allesamt äußerst erfolgreiche Sportkletterer und können zahlreiche nationale und internationale Titel aufweisen. Als Geschäftsführer haben sie Erwin Marz mit ins Boot genommen, einen Kletterer mit langjähriger Erfahrung beim Betreiben von Sportanlagen. „Wir wollen uns keine goldenen Nasen verdienen, sondern etwas für den Sport tun“, beschreibt Timo Preußler seine Motivation. Mit dem Climbmax-Projekt gehe für ihn persönlich ein Traum in Erfüllung, erzählt der gebürtige Mutlanger, der in der Stuttgarter Innenstadt wohnt und der eine eigene Industriekletterer-Firma betreibt.
40 auf 25 Meter groß ist die Boulderhalle, es kann maximal fünf Meter hoch gestiegen werden. Sie ist ein kompletter Neubau. Die Dimensionen der Kletterhalle sind ähnlich, allerdings geht es hier bis zu 15 Meter in die Höhe. In diesem Gebäude befand sich früher die Bäckerei der Firma Jaus, es ist entsprechend umgebaut worden. Ergänzt werden die Kletter- und Boulderwände durch einen Seminarraum, ein Bistro und einen kleinen Laden, in dem Outdoor-Ausrüstung verkauft wird. Laut Preußler ist die Boulderhalle eine der fünft größten in der Welt. Als Komplex zusammen mit einer Kletterhalle ist ihm keine vergleichbare Anlage dieser Größe bekannt. Dass man Stuttgart als Standort gewählt hat, dafür gibt es laut Preußler einen triftigen Grund: „Nach München ist das die zweitwichtigste Kletterhochburg in Deutschland.“ Unter der Woche, so die bisherige Erfahrung, kommen die Besucher aus Stuttgart und dem Umland, an Wochenenden auch von weiter her. Preußler rechnet mit 250 bis 300 Gästen täglich. Sollten es mehr werden, wird die Anlage das leicht verkraften. Es können nämlich bis zu 480 Kletterer gleichzeitig an die Wände. Die meisten, davon gehen die Betreiber aus, werden mit Stadtbahn oder S-Bahn kommen. Für die, die das Auto nehmen, gibt es zwischen 50 und 60 Parkplätze im Hof. Das Gelände gehört weiterhin der Firma Jaus, Climbmax hat es gepachtet.
„Der Klettersport braucht sich nicht hinter dem Fußball verstecken“, sagt Preußler. Er hofft, dass der Climbmax-Komplex eine ähnlich große Bedeutung für Stuttgart bekommt wie die Mercedes-Benz-Arena. Nationale und internationale Wettkämpfe könnten an der Stammheimer Straße auf jeden Fall ausgetragen werden, alle geforderten Normen werden erfüllt. Ob mit oder ohne Wettkämpfe, eines ist für Timo Preußler auf jeden Fall klar: „Wir wollen den Klettersport in eine andere Dimension katapultieren.“
Bouldern: Der Begriff „bouldern“ leitet sich vom englischen Wort „boulder“ (Felsblock) her. Er bezeichnet das Klettern ohne Seil und Gurt an Felsblöcken, Felswänden oder an künstlichen Kletterwänden in der Halle – und zwar immer nur in Absprunghöhe. Seit den 1970er Jahren ist das Bouldern eine eigene Disziplin des Sportkletterns. Ziel beim Bouldern ist es, eine bestimmte Grifffolge ohne Sturz zu meistern. Die einzelnen untergelegten Matten, sogenannte Crashpads, fangen dabei einen Sturz auf und dämmen das Verletzungsrisiko.