Im Vordergrund Foto: Werner Kuhnle

Ein Stammheimer Bürger klagt vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart und vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gegen das Bauvorhaben am Containerbahnhof Kornwestheim, wo die Firma Aurelis derzeit eine Mehrzweckhalle erstellt. Er wirft der Stadt Kornwestheim unter anderem beachtliche Verfahrensfehler, fehlerhafte Abwägung sowie „Etikettenschwindel“ vor und hofft, einen Baustopp zu erwirken.

Stammheim - Beim Blick aus dem Fenster wird vielen Stammheimern im Gebiet Sieben Morgen und am Ehniweg bange. Vor ihren Augen, nur durch die Bundesstraße 27a getrennt, errichtet die Firma Aurelis derzeit eine Multifunktionshalle für einen Logistikstandort. Zusätzlich zu ihr sollen eine Tankstelle sowie ein öffentlicher Parkplatz für Lastwagen gebaut werden. Die Planer gehen von einem 24-Stunden-Betrieb aus und rechnen auf der Bundesstraße mit bis zu 220 Lastwagen und 200 Autos pro Tag zusätzlich.

Viele Anwohner befürchten noch mehr Lärm und Verkehr. Einer von ihnen wehrt sich vor Gericht, besser gesagt den Gerichten: Beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat der Stammheimer Klage gegen den Bebauungsplan „Im Bereich Containerbahnhof Süd“ eingereicht. Der Bebauungsplan, der dort zwei Industriegebiete ausweist, soll für unwirksam erklärt werden. Wesentliche Begründung: Die Stadt Kornwestheim habe Verfahrensfehler gemacht, gegen das Planungsrecht verstoßen und eine „fehlerhafte Abwägung“ vorgenommen. Durch eine zusätzliche Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart gegen die von der Stadt Kornwestheim erteilte Baugenehmigung soll im Eilverfahren ein Baustopp erreicht werden.

Über den Stand der Dinge hat der Bürgerverein Stammheim (BV), der den Kläger unterstützt, jüngst in einer Veranstaltung informiert. Mehr als 50 Personen waren der Einladung des BV-Vorstandsmitglieds Roland Kellner gefolgt. „Die Stadt Kornwestheim hat beachtliche Verfahrensfehler gemacht, weil umweltbezogene Informationen nicht bekannt gemacht wurden“, erklärte Kellner. Bestimmte Untersuchungen zu Tieren und Pflanzen im besagten Plangebiet seien im Verfahren nicht bekannt gemacht beziehungsweise nicht öffentlich ausgelegt worden. Dadurch sei nicht nachvollziehbar, dass in der Umsetzung des Bebauungsplanes nicht gegen eines der artenschutzrechtlichen Verbote des Bundesnaturschutzgesetzes verstoßen wurde.

Ein weiterer Aspekt der Klage bezieht sich auf die Tatsache, dass Kornwestheim die Industriegebiete in unmittelbarer Nähe zu den Stammheimer Wohngebieten festgesetzt hat. Damit verstoße Kornwestheim gegen den sogenannten Trennungsgrundsatz: „Die Festsetzung als Industriegebiet steht im Widerspruch zu den schutzbedürftigen Gebieten Ehniweg und Sieben Morgen als Wohngebiete“, sagte Kellner. Bei derartigen Planungen sei es anerkannt, zum Schutz der Anwohner „Zwischenpuffer“ in Form von Mischgebieten oder Grünstreifen einzuplanen. Nun ist es so, dass in Stammheim Teile des Wohngebietes zwar als Mischgebiet ausgewiesen sind, wonach Wohnen und Gewerbe (und auch höhere Lärmwerte) möglich wären. Tatsächlich aber dürfen die Bewohner dieser Stammheimer Mischgebiete dort kein Gewerbe ausüben. „Wir mussten uns im Kaufvertrag gegenüber der Stadt Stuttgart verpflichten, dass wir die Häuser nur zu Wohnzwecken nutzen“, sagte Kellner. Faktisch handle es sich demnach nicht um Misch-, sondern um reine Wohngebiete. „Das mit den Mischgebieten hat die Stadt Stuttgart damals nur gemacht, um den Bau der Bundesstraße und des Containerbahnhofes zu ermöglichen.“ Für die betroffenen Anwohner ein Skandal.

Damit nicht genug. Die Widmung des Parkplatzes neben der Multifunktionshalle als „öffentlicher Parkplatz“ stelle einen „Etikettenschwindel“ dar und sei nicht nachvollziehbar. Es sei viel wahrscheinlicher, dass der Parkplatz von Lastwagen genutzt wird, die zu den anliegenden Gewerbe- und Industriegebieten gehören. Demnach müsse der Platz der Multifunktionshalle oder den umliegenden Betrieben zugeordnet werden und eigentlich eine andere, strengere Lärmbewertung greifen, als das bei einem öffentlichen Parkplatz der Fall ist, argumentieren die Anwälte unter anderem.

Mittlerweile liegen dem Verwaltungsgericht Stuttgart die Stellungnahmen der Stadt Kornwestheim und der Bauherrin Aurelis vor. Die Gerichtsakte umfasst bislang mehr als 500 Seiten. Wann das Gericht in Stuttgart die Entscheidung im Eilverfahren trifft, ist noch offen. Es soll in den kommenden Wochen passieren. Bis der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim ein Urteil spricht, können hingegen noch viele Monate vergehen.

„Wir unterstützen den Stammheimer Bürger bei seiner Klage, die auch mit hohen Kosten verbunden ist“, betonte Roland Kellner bei der Infoveranstaltung. Wer sich finanziell an den Kosten für die Klage beteiligen wolle, könne dies über den Bürgerverein tun.