SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann will die straffreie Selbstanzeige auf den Prüfstand stellen. Foto: dpa

Erst stellt sich heraus, dass Alice Schwarzer jahrelang Steuern hinterzogen hat, dann wird ähnliches über den Berliner Kulturstaatssekretär bekannt. SPD-Fraktionschef Oppermann will die Regelung der straffreien Selbstanzeige jetzt überdenken.

Erst stellt sich heraus, dass Alice Schwarzer jahrelang Steuern hinterzogen hat, dann wird ähnliches über den Berliner Kulturstaatssekretär bekannt. SPD-Fraktionschef Oppermann will die Regelung der straffreien Selbstanzeige jetzt überdenken.

Berlin - Der Steuerfall der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer hat die Diskussion über die strafbefreiende Selbstanzeige von Steuersündern neu entfacht. Besonders SPD-Politiker machen gegen das Instrument mobil und kritisieren es als nicht mehr zeitgemäß.

Schwarzer hatte am Sonntag nach einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“ eingeräumt, seit den 80er Jahren ein Schweizer Konto geführt und es erst 2013 beim Finanzamt angezeigt zu haben. Für die vergangenen zehn Jahre habe sie rund 200.000 Euro Steuern nachgezahlt - plus Säumniszinsen. Im deutschen Steuerstrafrecht kann eine wirksame Selbstanzeige vor Bestrafung schützen. Die „tätige Reue“ wird honoriert.

"Strafbefreiende Selbstanzeige gehört vom Tisch"

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann erklärte bei „Spiegel online“, seine Partei wolle die strafbefreiende Selbstanzeige überprüfen und gegebenenfalls ändern. Details nannte er nicht. Der SPD-Finanzexperte Joachim Poß sagte der „Bild“-Zeitung: „Die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuersünder gehört vom Tisch, weil sie Steuerhinterziehung gegenüber anderen Straftaten privilegiert.“ Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil: „Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Wir müssen darüber reden, ob die strafbefreiende Selbstanzeige noch zeitgemäß ist.“

Der CDU-Finanzexperte Norbert Barthle sprach sich in der „Bild“ hingegen für das Beibehalten des Instruments aus: „Wir brauchen die Selbstanzeige, solange es Steueroasen gibt. Nur so kommt der Staat an das ihm zustehende Steuergeld.“ Auch der Steuerzahlerbund sprach sich dafür aus, die Regelung beizubehalten: „Es ist die einfachste und effektivste Form für den Staat, an hinterzogene Steuern heranzukommen“, sagte Präsident Reiner Holznagel.

Der Chef der Bundessteuerberaterkammer, Horst Vinken, verteidigte das Instrument ebenfalls. „Die Selbstanzeige ist sinnvoll und legitim“, sagte er der „Rheinischen Post“. Der Staat habe oft nicht das Personal, um komplexe Fälle aufzudecken, wie es durch eine Selbstanzeige geschehe. „Auch erleidet der Staat durch die Selbstanzeige keinen finanziellen Schaden, der Steuersünder muss Steuerschuld und Zinsen nachzahlen.“ Zudem seien die offenbarten Konten dann künftig nicht mehr schwarz.

Problematisch an der bisherigen Regelung ist nach Ansicht von Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), dass die Steuersünder, die sich selbst anzeigen, „anschließend billiger wegkommen als die, die von Anfang an ehrlich waren. Und deswegen wollen wir das auch ändern.“ Die Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung solle verlängert werden, sagte der Politiker in der ARD-Sendung „hart aber fair“ am Montagabend.

Bund und Länder arbeiten derzeit an Plänen, schärfere Vorgaben für die strafbefreiende Selbstanzeige von Steuerbetrügern zu erlassen. Im Gespräch ist beispielsweise, dass Steuerhinterzieher ihre Steuererklärungen künftig für die zurückliegenden zehn Jahre vollständig korrigieren müssen, um straffrei auszugehen. Bisher galt eine Verjährungsfrist von fünf Jahren. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, zusammen mit den Ländern die Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige weiter zu entwickeln, „sofern hierfür Handlungsbedarf aufgezeigt wird“.