Im städtischen Klinikum soll nach Millionenverlusten und der Trennung vom Geschäftsführer wieder Ruhe einkehren Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Im städtischen Klinikum übernehmen nach der Trennung von Geschäftsführer Ralf-Michael Schmitz interne Kräfte die Geschäfte. Bis Herbst soll eine neue Struktur stehen, bis April 2017 die Leitung neu besetzt sein.

Stuttgart - Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) war am Freitag bei einem spontan einberufenen Pressegespräch bemüht, die Negativmeldungen rund um das städtische Klinikum abzumildern: „Als wir heute den leitenden Mitarbeitern unsere Entscheidung mitgeteilt haben, wurde stehend applaudiert. Davon war ich sehr gerührt.“ Damit meinte Wölfle nicht etwa die am Vortag getroffene Entscheidung, sich mit einer Abfindung in Höhe von 900 000 Euro vom langjährigen Geschäftsführer des Klinikums, Ralf-Michael Schmitz, zu trennen.

Den Zuspruch vonseiten der leitenden Mitarbeiter des Klinikums fand die vom Gemeinderat beschlossene Interimsgeschäftsführung. Aus dem bisherigen Direktorium wird Antje Groß, Direktorin für Controlling und Finanzen, weiterhin der Krankenhausleitung angehören. Bei ihr seien „keine arbeitsrechtlichen Themen“ im Zusammenhang mit Millionenverlusten bei Geschäften mit Libyen und Kuwait erkennbar, so Wölfle.

Kurz vor dem Ruhestand noch ein Chefposten

Als Interimsgeschäftsführer hat der Krankenhausauschuss des Gemeinderats Reinhard Schimandl berufen. Der bisherige Personalleiter will am 30. April 2017 mit 63 in den Ruhestand gehen, spätestens bis dahin muss ein Nachfolger gefunden werden.

Ob die dann neue Führungsspitze wie bisher aus nur einem Geschäftsführer oder einer Doppelspitze bestehen soll, ist laut Wölfle noch unklar: „Im deutschsprachigen Raum ist die Anzahl der Personen, die für diese Position infrage kommen, überschaubar.“ Deswegen wolle man erst einmal abwarten, welche Kandidaten es gibt und für welche Struktur sie zu haben sind. Sicher sei man sich nur, dass in Zukunft die medizinische Seite stärker in der Krankenhausleitung vertreten sein soll.

Personal kämpft für Vertretung der Pflege

Während dieser Vorschlag bei den Ärzten des Klinikums gut ankam, sieht Personalratsvorsitzender Jürgen Lux genau darin eine Gefahr: „Uns ist es wichtig, dass auch die Pflege wieder in der Krankenhausleitung vertreten ist.“ Die Belegschaft werde dafür kämpfen. Nach der Kündigung von Pflegedirektorin Gudrun Klein vor etwa einem Jahr ist die Stelle unbesetzt geblieben. Laut Wölfle soll die Interimsgeschäftsführung beratende Unterstützung aus dem medizinischen Bereich erhalten. Das Beratungsgremium soll von dem Beratungsunternehmen Ernst & Young zusammengestellt werden. Für den Posten des Klinischen Direktors, der durch den Weggang von Jürgen Graf frei wurde, ist vorerst keine Neubesetzung vorgesehen.

Die Entscheidung für eine Übergangsgeschäftsführung aus den eigenen Reihen findet auch bei Personalrat Lux Zustimmung: „Ich hätte davor gewarnt, sich für ein Jahr einen externen Manager ins Haus zu holen, der alles umkrempelt.“ Dass es allerdings zum sogenannten goldenen Handschlag für Geschäftsführer Schmitz gekommen sei, sehe die Belegschaft äußerst kritisch: „Einer Pflegekraft oder einem Arzt wird gesagt, dass sie Mehrarbeit in Kauf nehmen müssen, damit das Klinikum wirtschaftlich besser dasteht. Doch dann schiebt man jemandem, der Fehler gemacht hat, eine hohe Abfindung hinterher.“ Schmitz (54) werden die Verdoppelung des Defizits auf 24 Millionen Euro im Jahr 2014 und Versäumnisse bei der Kontrolle der Geldflüsse für Patienten aus Libyen angelastet. Das Klinikum sitzt auf Forderungen von neun Millionen Euro. Wölfle hofft, dass eine Versicherung sie zumindest teilweise ausgleicht.

Teure Abfindung vom Rat akzeptiert

Dass die Abfindungssumme vor diesem Hintergrund kritisiert werde, versteht Wölfle. „Die Vertragslage war für das Klinikum schwierig.“ Erst 2014 hatte Wölfle einer Vertragsverlängerung mit Schmitz um sieben Jahre – üblich sind nur fünf – zugestimmt. „Manchmal trifft man Entscheidungen, die sich später als falsch erweisen“, räumt der Bürgermeister ein. Es habe aber zu jener Zeit keine Beschwerden über Schmitz gegeben.

„Wir haben eine Lösung gefunden, die in Ordnung ist“, sagt Klaus Nopper, der die CDU im Krankenhausausschuss vertritt, zur Interimslösung mit Antje Groß und Reinhard Schimandl. Dass man sich von Schmitz trennen musste, sei „Ergebnis einer Entwicklung gewesen“. Es sei aber nicht angebracht, die ganze Arbeit von Schmitz schlechtzureden. Nach Noppers Informationen habe dieser aber zuletzt zu viele Aufgaben abgeschoben, statt sich selbst darum zu kümmern.

Bis zu den Sommerferien soll laut Wölfle feststehen, wie die neue Führungsstruktur aussehen soll, bis September sollen dann auch die Personalien feststehen. Aus dem Klinikum könnte eine Kommunalanstalt öffentlichen Rechts werden. Dann würden neben Stadträten auch externe Sachverständige das Klinikum kontrollieren. „Außerdem können wir dann mit dem Land verhandeln, dass das Klinikum als Maximalversorger künftig besser honoriert wird“, so Wölfle.