Zwei Skulpturen setzen den Kontrast zur Bilderschau: Bei der einen handelt es sich um einen Stapel Zelluloseblätter mit verkohltem Rand. Foto: Ines Rudel

Der Bildhauer und Skulpturenkünstler Helmut Stromsky zeigt in der Städtischen Galerie Skizzen, Entwürfe und Fotografien. Es lohnt sich, genauer hinzusehen.

Plochingen - Wenn ein Bildhauer und Skulpturenkünstler, zumal ein landesweit renommierter, von „Bildhauerzeichnungen“ spricht, dann ist doch alles klar: Bei den Zeichnungen handelt es sich um Skizzen und Entwürfe, denen allein schon ein künstlerischer Wert beigemessen und zugetraut wird. Aber Helmut Stromsky spricht auch ganz abstrakt von „Bezeichnungen“ – und alles begriffliche Rätseln geht wieder von vorne los. Bezeichnet wird ja vieles auf dieser Welt: Radlader und Riesenrad, Abtropfgewicht und Serviervorschlag, Hubraum und Hustensaft, Dezibel und Dirndlgröße.

Man kann das Rubrizieren und Katalogisieren aber auch draußen vor der Tür lassen, und gänzlich unbedarft in Plochingens Städtischer Galerie die Zeichnungen, Fotografien und die wenigen Skulpturen des Esslinger Kunstschaffenden betrachten, die derzeit auf zwei Ebenen ausgestellt sind. Stromsky, Jahrgang 1941, muss man am Neckarknie nicht weiters vorstellen. Im Dettinger Park betrieb er bis vor zwei Jahren eine Kunstgießerei, deren Produktpalette ihn zu einer „Instanz für den künstlerischen Bronzeguss im Land machte“, wie es Christian Gögger, der Künstlerische Leiter des Kunstvereins Esslingen, bei der Eröffnung formulierte.

2015 wurde Stromsky mit dem Esslinger Kulturpreis geehrt

Hinzu kommt die moralisch-ethische Instanz: 2015 schuf Helmut Stromsky 15 Bronzetafeln, die auf dem Friedhof der Plochinger Stadtkirche an das Leid der hierher verschleppten und zu Tode gekommenen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen erinnern. Im selben Jahr ist der Künstler mit dem Esslinger Kulturpreis gewürdigt und ausgezeichnet worden.

Beim Galeriebesuch wird rasch klar, dass Stromskys Bildhauerzeichnungen keine Nebenprodukte darstellen, sondern eigene künstlerische Bereiche bilden. Auch wenn die gerahmten Zeichnungen einheitlich und seriell unter „Graphit auf Papier“ firmieren, offenbaren sie doch ein differenziertes Eigenleben. Um die akribischen und lichtsensiblen Linien und Schraffuren hinter Glas zu entschlüsseln, die sich mal mit Schnürlregen, Gardinenmusterakkuratesse oder Feldparzellen in der Draufsicht assoziieren lassen, legt Gögger dem Betrachter das „Navigieren“ nahe.

Die Striche und die Strichbündel sind auch in den Schwarz-Weiß-Fotografien ein tragendes Motiv. Sie können sich zudem zum kompletten Stützenhaus aufschwingen, das sich an den winterkahlen Baum lehnt, was wiederum Strukturen schafft. Mit „Photo“ kommt auch hier die einheitliche Bezeichnung recht spartanisch daher.

Näher Hinzusehen lohnt sich

Zwei Skulpturen, auch sie nicht näher „bezeichnet“, setzen den horizontalen Kontrast zur Bilderschau. Was im ersten Moment wie der Blick ins Innenleben einer überdimensionalen fossilen Juraschnecke erscheint, stellt tatsächlich ein Arrangement dar, bei der das Feuer in einer Papierfabrik – wenn man so will – dem Künstler zugearbeit hat: Ein Stapel Zelluloseblätter war am Rand so präzise schwarz angekokst, dass Stromsky den Packen nur noch spiralig auffächern musste. Die zweite Skulptur entspricht einem exakt gezimmerten Holzkeilkonstrukt, das durch Jahresringdekor und Astlochfigurationen besticht. Auch hier lohnt sich das nähere Hinschauen. So, wie das in Gänze für die gesonderten Kreativabteilungen der Bildhauerzeichnungen eines Bildhauers gilt.

Die Ausstellung in der Marktstraße 36 ist bis zum 14. April zu sehen. Öffnungszeiten sind montags, mittwochs und samstags von 10 bis 13 Uhr, dienstags und donnerstags von 10 bis 17 Uhr, freitags von 9 bis 16 Uhr. An Karfreitag und über Ostern ist geschlossen.