Adam Lude Döring sieht sich selbst als „Linienmensch“. Foto: factum/Granville

Die Städtische Galerie Bietigheim zeigt Werke des Sachsenheimer Malers Adam Lude Döring. Bei seinen Bildern fasziniert vor allem die Konfrontation der Strenge mit dem Chaos.

Bietigheim-Bissingen - Bunte, tanzende Clowns, schwingende Trapez-Artisten und in Bewegung verschlungene Körper – bei den frühen Werken von Adam Lude Döring wird es dem Betrachter nie langweilig. Die Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen zeigt anlässlich des 90. Geburtstags des Sachsenheimer Künstlers knapp 60 seiner Gemälde und Zeichnungen. Die Studioausstellung rundet damit das derzeitige Gesamtkonzept der Galerie ab, das sich mit einer Ausstellung mit Werken von Sophie Taeuber und Hans Arp den Wegbereitern der Moderne widmet.

Denn die frühen Werke von Döring erinnern an Picasso, einen der größten Vertreter der Klassischen Moderne. „Picasso war der einzige Maler, den ich voll akzeptiert habe“, sagt der 90-jährige Döring heute. Das dominierende Thema bei Döring ist die Struktur, die Form oder schlicht die Linie. Sie gibt den dargestellten Figuren Ausdruckskraft und erzeugt Bewegung. „Die Linie ist für mich das Abenteuer, die Farbe nicht, die ist ein Fest“, sagt er. So waren es schon immer Körper in Bewegung, die Döring faszinierten. Viele Anregungen holte sich der Autodidakt im Zirkus oder im Stuttgarter Ballett, wo er bis zu seinem Umzug ins zu Sachsenheim gehörende Häfnerhaslach 1978 Stammgast war.

Den Werken sieht man die Lust am Ausprobieren an

Vielen Werken sieht man die Lust am Ausprobieren an, beispielsweise beim „Clown in der Manege“ von 1967, den der Künstler simultan mit beiden Händen gleichzeitig gemalt hat. Die Linien wirken dort verwackelt, die Umrisse bleiben im Ungefähren, der vermeintliche Verlust an Kontrolle gibt dem Werk jedoch eine ungewohnte expressive Dynamik.

Die Verbindungen der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen zu Döring bestehen schon länger. So widmete ihm die Galerie zu seinem 75. Geburtstag eine Einzelausstellung, damals war das Thema „Köpfe“. Vor vier Jahren gab es eine Ausstellung, die Zirkus und Jahrmärkte thematisierte und neben Werken mit großen Namen wie Matisse oder Picasso fehlte auch Adam Lude Döring nicht.

Damals habe sich für die Galerie durch Zukäufe privater Sammlungen auch die Möglichkeit ergeben, die Döring-Sammlung der Galerie bedeutend zu erweitern, sagt die Leiterin Isabell Schenk-Weininger. Mittlerweile habe man über 60 Werke in der Sammlung, wovon ein Großteil nach einer Restaurierung nun auch ausgestellt werde.

Regel und Chaos liegen beim Spiel nah beieinander

Die Ausstellung ist überwiegend chronologisch sortiert, wodurch der Besucher bei den expressiven Zirkus- und Ballett-Bildern startet, bald aber an den Punkt in Dörings Leben kommt, der einen künstlerischen Bruch in seinem Werk aufzeigt: das Jahr 1968 markiert das Geburtsjahr der so genannten „Hundertfelderbilder“. Das sind Werke, denen ein Formfestigkeit gebendes Raster von zehn mal zehn quadratischen Feldern zugrunde liegt. Diese scheinbare Beschränkung wird vom Maler Döring durchbrochen durch die bereits bekannten expressiven Linien. Dadurch entsteht ganz beiläufig ein Eindruck von Zufall – eine dem Dargestellten naheliegende Eigenschaft, denn oft geht es um Sport und Spiel, sei es in Form von beispielsweise Karten, Tischtennis oder Billard. Und da liegen Regel und Chaos bekanntlich nahe beieinander.

Die Ausstellung in der Städtischen Galerie ist noch bis zum 26. Juni geöffnet. Eine besondere Veranstaltung wartet am Freitag, 24. Juni, auf den Besucher. Bei einem Künstlergespräch von 18 Uhr an feiert Adam Lude Döring seinen 90. Geburtstag nach. Eigentlich hat er am 21. Dezember Geburtstag. „Ich bin in der längsten Nacht der Jahres geboren, feiere aber gerne am längsten Tag des Jahres“, meint er.