Schloss Kronberg – Einst prächtiger Alterssitz einer deutschen Kaiserin: Schloss Kronberg im Taunus. Foto: Hotel Kronberg/Andreas von Einsiedel

Rückzugsort für den Hochadel, Schauplatz politischer Verhandlungen, Erholungsheim für Opfer von Krieg und Verfolgung – wir stellen fünf Herbergen in Deutschland vor, in denen Geschichte geschrieben wurde.

Kronberg - Die Kaiserin is not amused. „Wenn er doch nur mit zwei Herren käme, aber er muss 18 Personen mitbringen“, klagt Victoria von Großbritannien und Irland, als sich ihr Sohn Wilhelm II. zur Inspektion ihres neuen Wohnsitzes in Kronberg ansagt. Der Besuch des deutschen Kaisers kommt ungelegen. 1893 ist das Schloss, das der Alterssitz von Kaiserin Friedrich (wie sich Victoria im Angedenken an ihren Mann Kaiser Friedrich III. nach dessen Tod nennt) werden soll, noch nicht präsentabel.

 

Schloss Kronberg

Noch immer steht über dem Hotel-Hauptportal „Friderici memoriae“, dem Gedenken Friedrichs. Hier lässt sich Victoria nach dem frühen Kehlkopfkrebstod ihres Gatten, dem „99-Tage-Kaiser“, ein neues Zuhause in historischem Stil bauen. In Berlin ist die britisch liberale Victoria nicht sehr gelitten. „Sie kritisieren mich hier dafür, dass ich zu englisch sei, und zu Hause, dass ich zu preußisch bin“, schreibt sie 1864.

In Kronberg mischt der Berliner Hofbaudirektor Ernst von Ihne Elemente deutscher und italienischer Renaissance mit englischer Tudorgotik und heimischem Fachwerk zu einem repräsentativen Ensemble. Nach vier Jahren sind Schloss, Marstall und Nebengebäude fertig. „Ein einheitliches Kunstwerk“, sagt Enkel Philipp Landgraf von Hessen.

Aus Potsdam holt die Kaiserin den Hofgärtner Hermann Walter, der einen Park im englischen Stil anlegt, heute ein eleganter Golfplatz. Dazu kommen ein terrassenartiger italienischer Rosengarten und eine Grotte mit Wasserfall. Ende 1898 wird bei Victoria Brustkrebs diagnostiziert. Sie stirbt im August 1901 und wird neben ihrem Gemahl im Park von Schloss Sanssouci beigesetzt. Nach der deutschen Niederlage werden 1918 in Kronberg französische Besatzungstruppen einquartiert.

In der Inflationszeit muss die Familie ins Hofmarschall-Cottage umziehen. Das Haus wird geschlossen. Im März 1945 kommen erneut Besatzungstruppen. Das Schloss wird zum Offiziersclub der US-Armee. Als die Amerikaner 1953 abziehen, sind die Schäden groß, ein Großteil des Inventars gestohlen (wie auch der Familienschmuck).

Da kommt Prinz Wolfgang auf die Idee, aus dem Erbe der Großmutter ein Hotel zu machen – als Synthese aus herrschaftlicher Tradition und bürgerlichem Selbstverständnis. 1967 wird das Schloss nach einem Brand modernisiert. Einem Schwimmbad steht bis heute der Denkmalschutz im Weg.

Heute verfügt das Schlosshotel Kronberg über 62 Zimmer und Suiten (unter anderem eine, in der Zar Nikolaus I. logierte), ein Beauty Cottage, die historische Bibliothek und ein exquisites Restaurant mit großer Terrasse und Golfplatz-Blick.

www.schlosshotel-kronberg.de

Hotel Atlantic

Wer ins Atlantic kommt, hofft insgeheim, in der Jugendstil-Lobby Udo Lindenberg zu treffen, den berühmtesten Dauergast des Hauses an der Außenalster. Das Bildnis von Kaiser Wilhelm II. über dem Kamin, hinter der Rezeption ein Treppenaufgang mit Messing-Handlauf: Man spürt ihn noch, den Geist des über 110 Jahre alten Grandhotels. Eines mit großen Gästenamen: vom Schah von Persien, Charles de Gaulle, Josephine Baker bis zu Gina Lollobrigida oder Michael Jackson.

Dabei war das nach Plänen von Friedrich Wellermann und Paul Fröhlich errichtete, 1909 eröffnete Haus eigentlich ein Aussiedlerquartier – wenn auch auf höchstem Niveau. Der Reeder Albert Ballin wollte dort eine adäquate Unterbringung für die 1.-Klasse-Passagiere der Hamburg-Amerika-Linie der Hapag (die 3. Klasse, die die Überfahrt für den Reeder erst rentabel machte, wartete in einfachen Unterkünften in der Ballinstadt). Zwischen 1945 und 1950 diente das Hotel den britischen Besatzern als Unterkunft für Offiziere. Seit 2021 gehört das Atlantic zur Marriott-Gruppe. Das denkmalgeschützte Fünf-Sterne-S-Hotel hat 221 Zimmer und Suiten.

www.marriott.de/hotels/travel/hamak-hotel-atlantic-hamburg-autograph-collection/

Schloss Bensberg

Vermutlich seiner Frau zuliebe beauftragte der Herzog von Jülich und Berg (im Volksmund Jan Wellem genannt) 1703 den Grafen Matteo d’Alberti mit dem Bau eines neuen Schlosses im Barockstil. Bis 1711 schuf der venezianische Baumeister in Bensberg ein prächtiges Jagdschloss nach dem Vorbild des Schlosses Schönbrunn, dessen Mittelachse exakt auf den Kölner Dom ausgerichtet ist.

Mehrfach als Feldlazarett genutzt, diente das Schloss von 1840 bis 1918 als preußische Kadettenanstalt. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte das stark renovierungsbedürftige Schloss ab 1922 keine adäquate Verwendung. Zeitweise waren bis zu 41 obdachlose Familien untergebracht.

Von 1935 bis 1945 richteten die Nationalsozialisten eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt, im Volksmund Napola genannt, ein. Nach 1945 wurde es von amerikanischen, englischen und ab 1946 von belgischen Besatzungstruppen genutzt. Im Jahr 1997 wurde das ehemals fürstliche Jagdschloss für 75 Millionen Euro restauriert und zu einem Grandhotel mit fünf Sternen umgebaut.

Heute wird das Haus von der Gruppe Althoff Hotels betrieben. Es hat 120 Zimmer und beherbergt u. a. das Drei-Sterne-Restaurant Vendôme von Joachim Wissler.

www.althoffcollection.com/de/althoff-grandhotel-schloss-bensberg

Grandhotel Petersberg

Eine starke Duftmarke: Von 1912 bis 1914 ließ 4711-Besitzer Ferdinand Mülhens das 1892 erstmals eröffnete Hotel bei Bonn in ein neubarockes Kurhotel umbauen. 1938 wohnte dort der britische Premier Neville Chamberlain, um mit Hitler zu verhandeln. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen US-Truppen vorübergehend Quartier – darunter der spätere Präsident Dwight D. Eisenhower. 1949 zog die Alliierte Hohe Kommission ein.

Hier unterzeichnete Bundeskanzler Konrad Adenauer am 22. November 1949 das Petersberger Abkommen, das die Rechte der Bundesregierung über das nur einige Wochen vorher geschlossene Besatzungsstatut hinaus erweiterte. Heute zählen der Adenauer-Kaminsaal mit Porträtgemälden des ersten Bundeskanzlers und sein Arbeitszimmer zu den zentralen Orten des Hotels.

Ab 1954 mietete die Bundesregierung das Ensemble für hohe Staatsgäste an; erster Staatsgast war 1954 der äthiopische Kaiser Haile Selassi. Queen Elizabeth II., Boris Jelzin, Michail Gorbatschow, Bill Clinton, der Schah von Persien und viele andere folgten.

Wegen fehlender Rentabilität wurde das Gästehaus 1969 geschlossen. Dennoch konnten sich 1995 in der Kapelle Michael Schumacher und Corinna Betsch ihr Jawort geben – mit Protektion des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl. Nach dem Regierungsumzug nach Berlin 1999 wurde ein neues Nutzungskonzept vereinbart. Seitdem können auch andere Privatpersonen in dem Steigenberger-Hotel buchen. Reguläres Gästehaus der Bundesregierung ist seit 2007 Schloss Meseberg bei Berlin.

Das Hotel verfügt über 88 Zimmer, elf Suiten und die 250 Quadratmeter große Staatsgästesuite.

www.steigenberger.com

Schloss Elmau

Mitten im Hochtal zwischen Zugspitze und Karwendel liegt in der Ortschaft Krün das Schloss Elmau. Ein geschichtsträchtiges Haus nicht erst, seitdem dort 2015 der G-7-Gipfel stattgefunden hat. 1916 von Johannes Müller, einem mit der Zeit immer mehr den Nationalsozialisten zuneigenden völkisch-protestantischen Theologen und Philosophen, mit finanzieller Hilfe von Elsa Gräfin von Waldersee gebaut, wurde Schloss Elmau 1946 von den Amerikanern als Erholungsheim für sogenannte Displaced Persons requiriert: vor allem für aus Osteuropa vor den Nachkriegspogromen geflohene Juden.

Ab 1966 wurden vom Lager Feldafing jeweils für zwei Wochen Gruppen junger Tuberkulosekranker in die feudale Herberge geschickt. Hochgetäfelte Gesellschaftszimmer, elegante Speisesäle: Für den KZ-Überlebenden Ernest Landau beherrschten „Galanterie und Liebenswürdigkeit“ das Bild.

Heute verfügt das Hideaway über 115 und das noch edlere Retreat über 47 Zimmer und Suiten. Mit je zwei Wellnessbereichen und sieben Restaurants, an der Spitze das Luce d’Oro.

www.schloss-elmau.de