Den Bahnlärm schirmen Bürobauten ab. Deren Fassade gilt als neue Visitenkarte der Stadt Herrenberg. Foto: factum/Jürgen Bach

Der Sieger eines Wettbewerbs für Neubauten auf dem Baywa-Areal steht fest. Der Termin des ersten Spatenstichs für das lang ersehnte Projekt ist noch offen. Die Lage direkt an den Bahngleisen war für die Planer nicht die einzige Schwierigkeit.

Herrenberg - Der Neubau wird gleichsam die Visitenkarte der Stadt. Zumindest für Besucher, die mit der Bahn anreisen, ist er das Erste, was sie von Herrenberg sehen. Die Pläne für ein neues Quartier direkt am Bahnhof sind fertig, die tatsächlich lang ersehnten Nachfolger für die abgerissenen Bauten auf dem Baywa-Gelände. Schon 2009 stand ein Konzept für das Grundstück weit oben auf der Wunschliste der Herrenberger. Dies hatte damals eine Bürgerbefragung mit mehreren tausend Beteiligten ergeben.

Am vergangenen Freitag hat eine Jury den Sieger eines Wettbewerbs gewählt, an dem sich vier Immobiliengesellschaften gemeinsam mit Architekten beworben hatten. Am gelungensten befanden die Juroren den Entwurf des Stuttgarter Architekturbüros Ackermann und Raff. Das Unternehmen blue estate will ihn verwirklichen. Die direkte Nähe zum Bahnhof ist zwar für Pendler von Vorteil, aber „direkt neben einer Bahnlinie zu bauen, ist nicht ganz trivial“, sagt der Architekt Oliver Braun. Zum einen während der Bauzeit, zum anderen selbstredend wegen des Lärms für die künftigen Bewohner, den naheliegenderweise ein Büroblock abschirmen soll. Dass dessen Fassade, eben die neue Visitenkarte, dennoch nicht wirkt wie die Rückwand eines Betonwerks, gefiel den Juroren besonders.

Das Quartier wird ökologisch vorbildlich sein

Wie vieles andere auch: Das Quartier wird autofrei sein, ein Blockheizkraftwerk soll Wärme, Solaranlagen sollen Strom liefern. Gemäß den städtischen Vorgaben werden vorwiegend Büros entstehen plus einem – noch umstrittenen – Hotel, aber auch Einzelhandel soll Menschen in das Gebiet locken. Der Baubürgermeister Tobias Meigel spricht einstweilen von einem Haus für „temporäres Wohnen“. Ein Viertel der Fläche ist für tatsächliche Wohnungen vorgesehen. Deren Mieter oder Eigentümer werden auf einem Boulevard zu einem zentralen Platz schlendern können. Ein Termin für den Baubeginn ist noch offen. Zunächst soll der Gemeinderat im November das Urteil der Jury bestätigen. Daran besteht allerdings kaum Zweifel, weil Stadträte aller Fraktionen zu den Juroren zählten. Danach muss ein Kaufvertrag für das Grundstück ausgehandelt und das zum Vorhaben passende Baurecht formal hergestellt werden. Womöglich sind auch noch unerwartete Schwierigkeiten zu bewältigen. Auf dem Grundstück wurden einst eine Tankstelle und ein Heizöllager betrieben. Zudem bemängelte die Jury ausdrücklich, dass der Siegerentwurf keinen Nachweis dafür enthält, dass die Feuerwehr im Notfall freien Zugang zu allen Wohnbauten hat.

Die Stadt hatte das Grundstück schon 2013 gekauft

Ursprünglich war der erste Spatenstich für den Sommer 2018 geplant. Fünf Jahre zuvor hatte die Stadt das Grundstück gekauft und das Getreidesilo abreißen lassen, das als Scheußlichkeit galt. Als in den 1960er-Jahren die Landwirtschaftliche Zentralgenossenschaft das Ensemble in Betrieb nahm, lag es noch am Rande der Stadt. Später wuchsen Wohngebiete rund ums Gelände. Der noch heute gängige Name des Areals stammt vom Konzern Baywa, die „Bayerische Warenvermittlung landwirtschaftlicher Genossenschaften“. Die Aktiengesellschaft hatte die Bauten im Jahr 2002 übernommen.

In der Anfangszeit nach der Eröffnung werden die neuen Quartierbewohner sich mit der Nachbarschaft von Baustellen anfreunden müssen. Das Gelände misst insgesamt 16 000 Quadratmeter. Nur auf knapp der Hälfte davon werden die aktuellen Pläne verwirklicht. Auf dem westlichen Teil des Grundstücks betreibt die Baywa noch heute einen Bau- und Gartenmarkt, dessen Abriss im Grundsatz beschlossen ist. Pläne für Neubauten sind noch nicht skizziert. Gleiches gilt für den Osten. Dort soll ein Neubau für ein Herrenberger Unternehmen entstehen. Sogar dessen Name ist noch nicht bekannt.