Der Akademiegarten ist als wichtige Kaltluftschneise in der dicht besiedelten und verkehrsumtosten Stuttgarter Innenstadt ausgewiesen Foto: Achim Zweygarth

Die SPD-Fraktion im Rat möchte das Linden-Museum nebst Haus der Kulturen am künftigen Manfred-Rommel-Platz am Bahnhof neu bauen. Die Philharmonie wollen die Genossen dagegen unbedingt an der Kulturmeile platzieren. CDU und Grüne sehen die Ideen kritisch.

Stuttgart - Die öffentliche Diskussion über ein geeignetes Grundstück für eine Stuttgarter Philharmonie, die zudem als Opernprovisorium fungieren soll, hat die Suche nach einem neuen Standort für das von Raumnot geplagte Linden-Museum in den letzten Wochen überdeckt. Die SPD-Fraktion im Gemeinderat prescht nun mit dem Vorschlag vor, das sogenannte A-3-Areal am Hauptbahnhof für ein neues Museumsgebäude inklusive eines Hauses der Kulturen zu reservieren. Eine Kombination aus Linden-Museum, Kongresszentrum und philharmonischem Saal nahe des künftigen Manfred-Rommel-Platzes, wie sie von OB Fritz Kuhn (Grüne) im November vergangenen Jahres proklamiert worden war, lehnen die Sozialdemokraten ab. Das geplante Konzerthaus sollte nach ihrer Auffassung unbedingt an der Kulturmeile entstehen – entweder am Gebhard-Müller-Platz oder aber im Akademiegarten am Charlottenplatz. Die Begeisterung bei CDU und Grünen über die Vorschläge der Genossen hält sich in Grenzen.

SPD sieht Museumsneubau am Bahnhof als Ausweis der Internationalität Stuttgarts

SPD-Fraktionschef Martin Körner begründet den Vorstoß damit, mit dem Völkerkundemuseum nebst Haus der Kulturen könne man die Internationalität Stuttgarts ins Zentrum der Stadt rücken und damit auch ein politisches Signal aussenden. Stuttgart verfüge über ein interkulturelles Flair wie kaum eine andere Großstadt in Deutschland, so Körner: „Eine solche Einrichtung direkt im Herzen der Stadt würde sicher viele internationale Besucher anlocken.“ Andere auf dem A-3-Gelände mögliche Nutzungen wie der philharmonische Saal, Kongresssäle, aber auch Schulräume könnte sich der Fraktionschef dagegen in einem Hochhaus an der Ecke Schillerstraße/Konrad-Adenauer-Straße vorstellen: „Wir wollen prüfen lassen, ob am Gebhard-Müller-Platz etwa auf der Fläche der heutigen Turnhalle des Königin-Katharina-Stifts ein Hochhaus machbar wäre, das städtebaulich mit dem Hochhaus am Charlottenplatz korrespondiert und der Kulturmeile einen markanten Rahmen gibt.“

Prüfen lassen will die SPD auch eine weitere Option, die schon mehrfach in der Diskussion war: den Bau einer Philharmonie im Akademiegarten am Charlottenplatz. Die Freifläche zwischen Neuem Schloss und Landtag diente schon in der Vergangenheit immer wieder als Spielwiese für Ideen von Politikern und Architekten. So brachte der frühere Landtagspräsident Peter Straub (CDU) schon vor acht Jahren den Gedanken ins Spiel, dort einen neuen Landtag oder aber einen Bürotrakt für die Abgeordneten zu bauen. Vom damaligen OB Wolfgang Schuster (CDU) gab es seinerzeit als Antwort ein klares Nein. Schusters Begründung: Der Akademiegarten sei eine sehr wichtige Grünzone und öffne städtebaulich betrachtet vom Charlottenplatz her die Sicht auf das Neue Schloss. Seit dem Aus für die Interimsoper im Paketpostamt am Rosensteinpark (unsere Zeitung berichtete) ist der Akademiegarten wieder in den Fokus gerückt. Zuletzt hatte auch der Vorsitzende des Vereins Aufbruch, der TV-Moderator Wieland Backes, den Standort bei seinem Auftritt im Gemeinderat dezidiert genannt, nachdem die Vorschläge seiner Initiative für einen Opernneubau an Stelle des Königin-Katharina-Stifts im Rathaus mehrheitlich auf Ablehnung gestoßen waren. Zuvor hatten sich der ehemalige SPD-Fraktionschef Rainer Kußmaul und der scheidende Opernintendant Jossi Wieler ebenfalls für eine Philharmonie/Interimsoper im Akademiegarten starkgemacht. Der Akademiegarten sei doch bloß ein Durchgangsgarten, so Wieler. Stadtklimatologen dagegen bewerten die Freifläche ähnlich wie den Oberen Schlossgarten als wichtige Kaltluftschneise und warnen vor den Folgen einer Bebauung für das Stadtklima.

CDU und Grüne wollen den Akademiegarten für eine Philharmonie nicht antasten

Dementsprechend groß ist die Skepsis bei CDU und Grünen. „Ich tu mich schwer damit, einen großen Baukörper vor das Neue Schloss zu pflanzen und dafür Bäume zu fällen“, sagt Alexander Kotz (CDU). Für Andreas Winter (Grüne) ist der Bau einer Philharmonie im Akademiegarten aus ökologischen und städtebaulichen Gründen ebenfalls kein Thema. Auch der SPD-Vorstoß fürs Linden-Museum am Bahnhof stößt nicht auf ungeteilte Sympathie: „Bei allem Respekt: Das wäre kein Zugpferd an dieser Stelle“, so Kotz. Ein Kongresszentrum dagegen würde internationale Gäste viel eher anlocken und wäre auch für den Einzelhandel ein Frequenzbringer. Die Grünen sehen einen Museumsbau auf dem A-3-Areal als „eine Möglichkeit“ unter vielen und geben zu bedenken, dass angesichts der späten Fertigstellung von Stuttgart 21 ein Baubeginn frühestens in sieben Jahren realistisch wäre. Das Museum, das aus allen Nähten platzt, brauche eine zügigere Lösung. „Vielleicht findet die Taskforce, die zurzeit nach Grundstücken für eine Philharmonie sucht, ja auch eine Fläche für das Linden-Museum, die man früher in Angriff nehmen könnte“, hofft Winter.