Feste Abstellplätze sorgen in Ludwigsburg für ein positives Image. Foto: Simon Granville

Elektrische Leihroller stehen im Weg – dagegen gehen Städte mit hohen Gebühren vor. Aber ist das richtig? Die Stadt Ludwigsburg setzt auf klare Vorgaben für die Verleiher.

Die Stadt Ludwigsburg setzt weiterhin auf ausleihbare E-Scooter, um den Autoverkehr in der Innenstadt zu reduzieren. Anders als die Stadt Köln erhebt die Barockstadt eine bewusst niedrige Sondernutzungsgebühr. Sie liegt bei jährlich 15 Euro pro Roller – ein Bruchteil der bis zu 130 Euro, die Köln verlangt. Rigoros verfährt hingegen die Nachbarstadt Kornwestheim. Sie lässt keine Verleihfirmen zu. Fördern oder vertreiben? Der Kurs der Kommunen kann durchaus konträr sein.

Auf eine hohe Gebühr verzichtet die Stadt Ludwigsburg ganz bewusst. „Wir hatten nie eine schlechte Abstellmoral“, sagt Matthias Knobloch, Leiter des Fachbereichs Nachhaltige Mobilität der Stadt Ludwigsburg. Firmen wie Zeus oder Tier mittels Gebühren zu vertreiben, komme für Ludwigsburg nicht infrage. „Ich halte die Kölner Tarife für schwierig“, kritisiert Knobloch. Selbst wenn es in einer Stadt zu viele herumstehende Leihroller gebe, böten sich andere Wege an, für mehr Ordnung zu sorgen: zum Beispiel Parkverbotszonen. Zuletzt hatte jedoch das Verwaltungsgericht Köln der Rhein-Kommune den Rücken gestärkt: Es gestattete im Januar der Stadt Köln die hohen Sondernutzungsgebühren und wies die Klage der vier Verleihfirmen Lime, Tier, Voi und Bolt ab.

Die Leihfirmen wollen mit Qualität überzeugen

Ist eine hohe Gebühr für E-Scooter überhaupt rechtens? Diese Frage kann durchaus unterschiedlich beantwortet werden. „Sondernutzungsgebühren sind ein Verhinderungsinstrument“, sagt etwa Patrick Grundmann, Pressesprecher von Tier Mobility, einem der beiden Anbieter, die in Ludwigsburg jeweils 200 Roller betreiben dürfen und der Stadt damit Einnahmen von insgesamt 6000 Euro bescheren. Grundmann hält viele kurze Autofahrten für überflüssig und plädiert für eine Vielfalt von Mobilitätsformen. Dass die E-Scooter Platz brauchen, bestreitet er nicht, doch dürfe die Gebühr nicht so hoch sein wie in Köln. Die Kommunen sollten stattdessen die Anbieter mit den besten Standards lizenzieren.

Die Stadt Ludwigsburg sammelt positive Erfahrungen

Die Leihroller fördern, das will in Ludwigsburg mit der niedrigen Gebühr von 15 Euro Matthias Knobloch: „Ich plädiere für einen fairen Umgang.“ Knobloch hält die ausleihbaren Fahrgeräte für einen Faktor, wodurch CO2-reiche Autofahrten minimiert werden könnten: wenn etwa ÖPNV-Nutzer nach der Busfahrt noch einen längeren Fußweg vor sich hätten. Den Anbietern verlangt Knobloch in puncto Nachhaltigkeit einiges ab: Wechselakkus statt Einsammelfahrten, keine Arbeit von Scheinselbstständigen und Konzepte, damit Blinde und Sehbehinderte nicht über die Roller stolpern.

Um behinderte Mitmenschen im Straßenverkehr zu schützen, lehnte die Stadt Kornwestheim im vorigen Jahr generell ab, Lizenzen für Verleihfirmen zu erteilen. Fahrten mit dem E-Scooter dienten in den meisten Fällen als Ersatz für das Zu-Fuß-Gehen, argumentierte die Kornwestheimer Verwaltung in ihrer Beschlussempfehlung und berief sich auf Erkenntnisse des Umweltbundesamtes. Die E-Scooter dienten auch als Ersatz für das Fahrrad oder den ÖPNV – doch mit deutlichem Abstand zum Modus des Zu-Fuß-Gehens. „Der E-Scooter als Ersatz für Fahrten mit dem Kraftfahrzeug oder dem Motorrad spielt hier nur eine sehr untergeordnete Rolle.“ Auch der Aufwand für die Herstellung der Akkus wurde genannt.

Den umweltökologischen Nutzen der E-Scooters bewertet hingegen die Stadt Stuttgart positiv. Sie beruft sich dabei auf eine Datenanalyse des Deutschen Instituts für Urbanistik aus dem Jahr 2022 über die sogenannte Letzte Meile, also dem Weg des ÖPNV-Nutzers von der Endhaltestelle zur Wohnung. Demnach fahre etwa ein Viertel der Sharing-Nutzer den E-Scooter von oder zu einer Haltestelle des öffentlichen Nahverkehrs. Es müsse das Ziel sein, die Scooter verkehrssicher zu integrieren.

Die Stadt Stuttgart hat die Höhe der Gebühr noch nicht festgelegt

Wie auch andere Städte wartet Stuttgart derzeit das Rechtsverfahren um den Streit in Köln ab. Die Verwaltung arbeite aber an einem Konzept – die Höhe der Gebühr stehe noch nicht fest, teilte ein Sprecher mit. Die Lizenzen würden dann aber voraussichtlich im Herbst auf dieser Basis erteilt. Das Free-floating-System belaste den Verkehrsraum erheblich, das werde sich auf die Gebührenhöhe sicherlich auswirken.

Offensichtlich sind die Probleme der Verleihfirmen mit dem Abstellverhalten ihrer Nutzer lösbar. Das deutet die Stadt Waiblingen an, die mit dem Anbieter Lime seit Januar feste Abstellzonen vereinbart hat. „Die Beschwerden liegen aktuell bei fast Null“, sagt Klaus Läpple, Leiter der Abteilung Klimaschutz und Umwelt. Lime verhänge zudem eine Art Bußgeld für Fehlabstellungen – das zeige Wirkung. „Aktuell bin ich sehr zufrieden, wie es in Waiblingen läuft.“ Die Stadt erhebt keine Sondernutzungsgebühr, wolle dies aber unter anderem von den Beschwerden abhängig machen.

Im Schwebezustand ist das Verfahren in Esslingen. „Aktuell gibt es bei uns keine gewerblichen E-Scooter-Anbieter“, berichtet Raphael Clauss, Abteilungsleiter Verkehr im Ordnungsamt. Man arbeite an einem Konzept, das die gewerbliche Vermietung von E-Scootern in Esslingen regeln soll. Angebote lägen der Stadt vor – man beobachte die bundesweiten Entwicklungen genau.

In Böblingen sind keine Sondernutzungsgebühren geplant

Die Stadt Böblingen erhebt keine Sondernutzungsgebühren für E-Scooter und plant derzeit auch nicht, sie einzuführen, teilt die Stadt mit. E-Scooter dienten der Fahrt auf der „letzten Meile“ von und zum Bus- oder Bahnhalt. Das Vorgehen der Stadt Köln und das damit verbundene Gerichtsverfahren will die Stadt nicht kommentieren.

Welche Regeln gelten wo?

Deutschland
 Der Fahrer muss mindestens 14 Jahre alt sein. Einen Führerschein braucht man nicht. Auch besteht in Deutschland keine Helmpflicht für E-Scooter. Verboten ist allerdings das Fahren auf Gehwegen und in Fußgängerzonen. Mit dem E-Scooter muss ein Radweg oder eine Fahrradstraße benutzt werden. Nur wenn das nicht geht, darf die Straße befahren werden.

Sicherheit Für die E-Scooter besteht eine Versicherungspflicht. Das KfZ-Schild kostet den Eigentümer laut ADAC jährlich rund 30 Euro. Die Promillegrenze liegt wie beim Auto bei 0,5, bei Ausfallerscheinungen bei 0,3 und bei Fahranfängern bei 0,0 Promille.

Ausland
 Wer im Ausland einen E-Scooter ausleiht, muss die Bestimmungen dort beachten. So berichtet der ADAC für das EU-Gebiet von einer Helmpflicht in Portugal und Kroatien. Im Ausland darf in Ausnahmefällen auf Gehwegen und in Fußgängerzonen gefahren werden. In den Niederlanden sind E-Scooter verboten. Sie werden wie Mopeds angesehen und müssten einen Sitz haben. In Oslo gibt es wegen Unfällen ein nächtliches Fahrverbot.