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Städte versuchen Saufgelagen mit Satzungen beizukommen, doch das hat Tücken.

Stuttgart - Am liebsten hätten die Städte ein Polizeigesetz, das ihnen erlaubt, Saufgelage an bestimmten Plätzen pauschal zu verbieten. Doch weil die Landesregierung nicht mitzieht, wollen sie sich nun mit Bordmitteln behelfen.

Sommer, Sonne, Alkohol: Das Problem öffentlicher Saufgelage ist in größeren Städten so akut wie eh und je. Dass manche Plätze, Parks und Passagen als Partyzone dienen, sorgt für Unmut in der Bürgerschaft. Das zeigen Dutzende von Briefen an den Innenminister, in denen Rathauschefs die Misere beklagen.

Sie ärgern sich auch darüber, dass die Landesregierung den Städten ein Instrument verweigert, mit dem diese die gröbsten Auswüchse beschneiden könnten: Die CDU-FDP-Koalition ist nämlich nicht bereit, eine Grundlage dafür zu schaffen, um Sperrzonen für Alkohol auszuweisen.

Freiburg hat das zwar versucht und auf der Basis einer Polizeiverordnung ein Alkoholverbot in der Altstadt verhängt. Doch dem Verwaltungsgerichtshof reichte dies nicht. Die Freiheitsrechte, so die Richter im Juli 2009, lassen sich nur auf Basis eines neuen Polizeigesetzes derart einschränken.

Seither ringen die Koalitionspartner CDU und FDP um eine Gesetzesänderung. Zuletzt kamen sie überein, die Lage zu "evaluieren". Mit diesem Erkenntnisgewinn ist allerdings nicht mehr in diesem Jahr zu rechnen - derweil brennt das Problem den Kommunalvertretern unter den Nägeln.

In ihrer Not haben einige Städte ihr Instrumentarium nochmals durchgesehen und dabei die Satzungen entdeckt. Das sind Regeln, die für öffentliche Einrichtungen wie etwa Friedhöfe, Schwimmbäder oder Festplätze erlassen werden. Schorndorf etwa will mit einer Benutzungsordnung das Alkoholproblem in zwei Parkanlagen in den Griff bekommen. Bier, Wein oder Schnaps sind dann von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens verboten. Als Vorbild dient der Stadt eine Ende Mai in Sindelfingen in Kraft getretene Benutzerordnung.

Nicht alles, was grün ist, ist eine öffentliche Einrichtung

Die Städte wähnen sich rechtlich auf der sicheren Seite - doch das ist keineswegs ausgemacht. Denn Satzungen müssen laut Gemeindeordnung der Rechtsaufsichtsbehörde angezeigt werden, in diesem Fall also dem Regierungspräsidium Stuttgart. Das aber will erst einmal prüfen, ob diese Hintertür für ein Alkoholverbot tatsächlich zulässig ist. Man müsse jeden Einzelfall betrachten, heißt es in der Behörde. Noch liegt dort keine Alkoholverbotssatzung vor.

Als Hauptproblem gilt dabei die Frage, was überhaupt als öffentliche Einrichtung einer Gemeinde anzusehen ist - nur dort hat die Gemeinde nämlich Zugriff. Straßen und Plätze wie etwa der Augustinerplatz in Freiburg, einem der Brennpunkte für Saufgelage, zählten mit Sicherheit nicht dazu, heißt es im Regierungspräsidium.

Diese Frage ist nicht trivial, denn was eine öffentliche Einrichtung ist und was nicht, wird im Kommentar zur Gemeindeordnung auf mehreren Seiten erörtert. Nicht alles, was blüht und grünt, ist auch eine öffentliche Einrichtung. Der Übergang von Platz und Park ist vielerorts fließend.

Erst im Mai hat das Oberlandesgericht Hamm das Alkoholverbot in einem öffentlichen Park als rechtswidrig abgelehnt (Az. 3 RBs 12/10). Auch die Eigentumsverhältnisse spielen eine Rolle. So ist etwa umstritten, ob Schorndorf in den landeseigenen Schlosswallgütern eine entsprechende Satzung erlassen darf.

Dem Städtetag wäre es deshalb am liebsten, die Landesregierung würde mit einem neuen Polizeigesetz eine solide Basis bieten. "Ohne gesetzliche Grundlage haben die Städte keine Möglichkeit, Alkoholexzessen mitsamt den damit verbundenen Störungen der öffentlichen Ordnung präventiv entgegenzuwirken", sagt Verbandssprecher Manfred Stehle.