Die Stadtwerke Stuttgart bauen eine in die Jahre gekommene Gewerbeimmobilie in der Wangener Kesselstraße zum neuen Firmensitz um. Kostenpunkt: rund 25 Millionen Euro. Ab Ende 2022 sollen dort rund 500 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz haben.
Wangen - Das P l akat am Bauzaun verkündet es: In der Kesselstraße 23 in Wangen entsteht „ein neues Zuhause für die Energiewende“. Auf dem einstigen Trost-Areal gegenüber dem Sportgelände der Sportkultur Stuttgart werden derzeit die in die Jahre gekommenen Bestandsgebäude – Bürotrakt, Werkstätten und Hochregallager – fit gemacht für den künftigen Mieter, die im Jahr 2011 gegründeten Stadtwerke Stuttgart (SWS) und ihre Tochter Stuttgart Netze. Am neuen Firmenstandort des kommunalen Unternehmens setzt man ein umfassendes Nachhaltigkeitskonzept um, das als Vorzeigeprojekt für weitere Gebäude dienen soll, kündigt Peter Drausnigg, Technischer Geschäftsführer der SWS, an. „Unser zukünftiges Zuhause machen wir zu einem Showcase unseres Energiewendeauftrags und unseres Know-how.“
Einsatz von erneuerbaren Energien
Die Stadtwerke Stuttgart setzen konsequent auf erneuerbare Energien, verzichten vollständig auf Kern- und Kohlekraft für die Stromerzeugung und vermeiden klimaschädliche CO2-Emissionen. Diesem Anspruch entsprechend werden bei der Energieversorgung der Firmenzentrale alle vorhandenen regenerativen Quellen genutzt, erläutert Drausnigg. So werden 80 Prozent der Wärme künftig aus Abwasser gewonnen, und zwar mithilfe einer Wärmepumpe. Diese wird zu 100 Prozent klimaneutral betrieben. Für die übrigen 20 Prozent des jährlichen Gesamtwärmebedarfs von 675 Megawatt würden gerade mehrere regenerative Optionen geprüft.
Mobilitäts-Hub geplant
Auf der heutigen Freifläche an der B 10 ist der Bau eines sogenannten Mobilitäts-Hub vorgesehen – ein begrüntes Parkhaus mit einer Gesamtfläche von 7500 Quadratmetern auf fünf Ebenen. Dort sollen Abstellplätze für E-Autos und E-Roller samt Ladesäulen sowie Fahrräder geschaffen, aber auch Sharing-Möglichkeiten umgesetzt werden. Der Ökostrom zum Laden kommt von den Fotovoltaik-Anlagen auf dem Dach und an den Fassaden.
Dank der 900 Solarmodule können pro Jahr mehr als 84 000 Kilogramm Kohlendioxid vermieden werden. „Zudem testen wir vier kleine Windkraftanlagen. Damit sind wir Vorreiter in Stuttgart“, hebt Drausnigg hervor. Deren Gesamtleistung sei mit 3900 Watt zwar nur marginal, „aber wir wollen damit zeigen, was machbar ist“.
Kundencenter im Erdgeschoss
Das Energiekonzept des Hauses soll jeder Interessierte nachvollziehen können – die Energieflüsse vom Keller bis aufs Dach werden die Stadtwerke digitalisiert in Echtzeit im neuen Kundencenter darstellen. Es entsteht auf 310 Quadratmetern im Erdgeschoss des Verwaltungsgebäudes und ersetzt das heutige Kundencenter im Tagblattturm. „Hier erleben unsere Gäste die Energiewende zum Anfassen und Ausprobieren mit Inhalten aus dem gesamten Portfolio“, sagt Drausnigg. Allerdings räumt der Technische Geschäftsführer der SWS bedauernd ein: Bei der Sanierung des Bürogebäudes müsse man zwei Kröten schlucken. Zum einen sei es nicht möglich, auf dem Dach eine Fotovoltaikanlage zu installieren – das gebe die Statik nicht her. Zum anderen sei eine energetische Fassadensanierung nicht machbar. Weniger wegen der rund 6,5 Millionen Euro Mehrkosten, sondern vielmehr wegen der sechs bis acht Monate Zeitverzug, die dadurch entstehen würden. „Wir haben einen ganz engen Zeitplan für den Umbau. Wir müssen bis Ende 2022 raus aus dem Stöckach“, sagt Drausnigg.
Arbeitsplatz für 500 Beschäftige
Rund 500 Beschäftigte werden künftig ihren Arbeitsplatz in Wangen haben – etwa 100 der Stadtwerke Stuttgart und um die 400 der Stuttgart Netze GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen der Stadtwerke und der Netze BW. Deren Mitarbeiter sind für den reibungslosen Betrieb des Stromnetzes in der Landeshauptstadt zuständig, schließen beispielsweise neue Gebäude an die Versorgung an, kümmern sich um Ladestationen für Elektrofahrzeuge, installieren Solaranlagen bei Kunden, kümmern sich um die öffentliche Straßenbeleuchtung. Zum Fuhrpark gehören mehr als 200 Einsatzfahrzeuge, die ebenfalls Platz auf dem Gelände erhalten. „Aber nicht alle Mitarbeitenden werden zur selben Zeit in der Kesselstraße tätig sein“, betont Drausnigg. Derzeit arbeite man zusammen mit der Belegschaft an einem nachhaltigen Mobilitätskonzept.
Langfristiger Mietvertrag
Der Umbau der Bestandsgebäude hat seinen Preis: Rund 25 Millionen Euro investieren die Stadtwerke. Mit der Eigentümerfamilie Trost wurde ein Mietvertrag über 20 Jahre abgeschlossen – mit der Option, auf 30 Jahre zu verlängern. Es gibt zudem ein Vorkaufsrecht, aber ein Kauf stehe derzeit nicht zur Debatte, so Drausnigg.