An den wenigen Schattenplätzen warten Menschen, dass die Zeit vergeht.Foto: Peter Stotz Foto:  

Mehr als eine Transitstation: Der Esslinger Bahnhofsplatz ist Treffpunkt für viele Menschen und soll nun mehr Aufenthaltsqualität erhalten. Erste Schritte sind getan.

Bahnhöfe und die dazu gehörenden Vorplätze sind in allen größeren Kommunen traditionell Knotenpunkte des Lebens. Menschen kommen an, andere eilen fort, Lebenslinien kreuzen sich. Täglich kommen auch in Esslingen etliche Menschen zum Bahnhof und zum Bahnhofsplatz, sei es um jemanden von der Bahn abzuholen, sei es für eine kleine Besorgung, oder um sich für die weitere gemeinsame Abendgestaltung zu treffen. Und manche bleiben auch dort, um zu sitzen, und zu warten, bis die Zeit vergeht.

 

Auf den ersten Blick kommt der Platz recht kahl daher. Neben der kleinen Außengastronomie am Einkaufszentrum finden sich einige Betonklötze als Sitzgelegenheiten beim Toilettenhäuschen, rund um ein einzelnes Baumbeet gibt es eine Sitzbank, in einigen Pflanzkübeln sprießen ein Bäumchen und ein paar Sträucher.

Platz gibt es auf der großen Fläche vor dem Bahnhof reichlich, und etliche nutzen ihn für ihre Treffen. Kleine Gruppen von Jugendlichen stehen herum, unterhalten sich und schauen mit wachem Blick auf die Umgebung – sehen und gesehen werden. Junge Männer diskutieren angeregt vor dem Wettbüro, kleine Gruppen von Erwachsenen trinken sich durch den Tag, Familien sitzen im Schatten des Baums, daneben einzelne Männer, die darauf warten, dass die Zeit verrinnt – am Bahnhof sitzen auch die, die immer da sitzen.

Unterschiedliche Bedürfnisse

„Der Bahnhofsplatz ist Verkehrsknotenpunkt, Ankommensort, Verbindungsraum und zugleich ein öffentlicher Platz, der ganz unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden muss“, beschreibt Hans-Georg Sigel, Bürgermeister für Stadtentwicklung, Infrastruktur, Bauen und Umwelt. Dies gelte für für Jugendliche, Pendlerinnen und Pendler oder Menschen in schwierigen Lebenslagen ebenso wie für jene, denen ein paar kalte Betonklötze zu wenig Aufenthaltsqualität und damit Attraktivität als Treffort bieten.

An stark frequentierten Orten bleibt es indes nicht aus, dass Dinge geschehen, die das Wohlbefinden mancher Menschen stören. Verschmutzung, Auseinandersetzungen, vermutet oder tatsächlich illegale Dinge führen zu subjektiver Unsicherheit und in der Folge gibt es für viele Menschen nur wenige Anreize, sich länger als nötig dort aufzuhalten. „Wir wissen, dass der Platz unterschiedlich wahrgenommen wird. Für manche wirkt er belebend, für andere ist er ein Angstort. Diese Ambivalenz nehmen wir ernst“, betont Esslingens Sozialbürgermeister Yalcin Bayraktar.

Wohnlich soll er werden

Eine Sozialraumanalyse, die die Stadt bei der Universität Tübingen in Auftrag gegeben hatte, zeigte neben den vielen Defiziten des Bahnhofsplatzes eine ganze Reihe an Vorschlägen zu seiner Umgestaltung im Sinne eines ansprechenden Orts für ein breites Spektrum an Nutzerinnen und Nutzern auf.

So soll der Platz nicht nur ein Transitraum sein, sondern wohnlicher werden, mehr Grün und bequeme Sitzgelegenheiten sollen zum Bleiben animieren. Wie in der Studie empfohlen, ist der kommunale Ordnungsdienst regelmäßig präsent, künftig soll der Bahnhofsplatz auch mit kleinen Veranstaltungen aufgewertet werden.

Zuweilen wird der Bahnhofsplatz als sehr trist wahrgenommen. Foto: pst

Für jene, deren Lebensort eher der öffentliche Raum ist, wurde beim Fahrradparkhaus ein Treffpunkt eingerichtet. Der Container soll einen Ort der Begegnung schaffen für die Menschen, die sich auf dem Bahnhofsvorplatz treffen und dort auch Alkohol konsumieren. „Damit wollen wir nicht nur Hilfe ermöglichen, sondern auch Strukturen stärken, die das Miteinander auf dem Platz fördern“, sagt Yalcin Bayraktar. Der Treff wird derzeit noch von zwei Sozialarbeiterinnen der Evangelischen Gesellschaft betreut, die die Stube jeden Freitagnachmittag für zwei Stunden öffnen. Es wird jedoch angestrebt, dass der Treff selbstverwaltet wird.

Sauberkeit seit jeher ein Thema

Auch auf die Sauberkeit auf dem Platz achtet die Stadt verstärkt, wenngleich das Thema nicht erst in jüngerer Zeit diskutiert wird. So berichtet die Eßlinger Zeitung im Jahr 1883 kurz nach der Eröffnung des Bahnhofsgebäudes von dessen „wohlthuendem, etwas großartig gehaltenen Eindruck“, den man freilich erst würdigen könne, „wenn namentlich auch der vordere Zugang zum neuen Gebäude etwas reinlicher als bisher sich repräsentirt“.