Am Bessarabienplatz kann man seit der Umgestaltung auch draußen Kaffee trinken. Foto: Jürgen Brand

Bei der Umgestaltung von Straßenraum geht es oft darum, ob illegale Parkplätze in der Stellplatz-Bilanz zählen. Auch Bäume und Sitzwürfel sind immer wieder umstritten.

S-Ost - Die Diskussionen über Verkehr, Parkplätze oder Straßenbäume tragen in Stuttgart manchmal fast absurde Züge. Ein Beispiel: In Paragraf 12 der Straßenverkehrsordnung ist geregelt, dass Parken „vor und hinter Kreuzungen und Einmündungen bis zu je 5,00 m von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten“ unzulässig ist. Das ist im Alltag der Stuttgarter Innenstadt pure Theorie, Kreuzungen sind regelmäßig vollgeparkt. Das liegt zum einen am offenbar anhaltenden Trend zum Zweit-, Dritt- oder Firmen-Auto. Und das liegt daran, dass viele Kreuzungen nach heutigem Empfinden zu groß gebaut wurden, mit viel Platz für den Fahrzeugverkehr, dafür mit zu wenig Platz für Fußgänger. Geht es wie aktuell im Stuttgarter Osten um den Rückbau solcher Kreuzungen, spielen diese nicht legalen Kreuzungsparkplätze in der Berechnung der Parkplatzbilanz einer solchen Umbaumaßnahme immer wieder eine Rolle.

Kleinere Kreuzungen in Gablenberg

Die Umgestaltung überdimensionierter Kreuzungen und Straßenist ein zentraler Punkt im Rahmen des Sanierungsgebiets Soziale Stadt Gablenberg. Die Projektgruppe Gablenberger Hauptstraße beschäftigt sich seit Monaten auch damit intensiv – und hat in ihrer zehnten öffentlichen Sitzung im Bürgersaal an der Schönbühlstraße erstmals Entwürfe gesehen. Ganz konkret geht es um „die Kreuzungen und Bereiche Klingen-/Libanonstraße, Libanonstraße, Libanon-/Bergstraße, Bergstraße und Berg-/Pflasteräckerstraße“. Das Waiblinger Ingenieurbüro Heinrich war mit einer Vorentwurfsplanung beauftragt worden, der Geschäftsführer Günter Littau persönlich stellte die Pläne vor.

In den Kreuzungsbereichen fallen 45 Parkplätze weg, 34 sollen unter anderem in der Bergstraße durch Schrägparker neu geschaffen werden. Also insgesamt elf weniger – die sogenannten halblegalen allerdings eingeschlossen. Zusätzlich sind allerdings an den besonders großzügigen Bereichen wie an der Kreuzung Pflasteräcker-/Bergstraße Zonen beispielsweise mit Elektroladesäulen oder auch Stellplätze für Carsharing-Fahrzeuge oder für motorisierte Zweiräder vorgesehen, also weitere Parkplätze. Ein Teil der Stellplätze fällt weg, weil nach den bisherigen Vorentwürfen in den genannten Bereichen 25 zusätzliche Bäume gepflanzt werden sollen. Als Vorbild für die Gestaltung nannte Littau in der Präsentation immer wieder den Bessarabienplatz, wo ganz aktuell die Bäume eine besondere Rolle spielen.

Baum-Diskussion in Ostheim

Über eine Umgestaltung des sternförmigen Bessarabienplatzes mit seinen komplizierten Kreuzungsverhältnissen von Florian-/Stuifen- und Roßbergstraße und entsprechenden Problemen für die Fußgänger war schon seit 2010 diskutiert worden. Bei einer Begehung mit Anwohnern im März 2015 hatte es zum Teil hitzige Debatten über einen ersten Entwurf der Stadtplaner gegeben – über Parkplätze und über Bäume. Nach den Stadtplanern sollten durch die Umgestaltung mit Gehwegnasen, Pollern, Sitzwürfeln, Fahrradabstellplätzen und sechs Bäumen sechs legale Parkplätze wegfallen. Die Anwohner sprachen von 18 Stellplätzen, die meisten davon aber eben nicht legal. Der Platz wurde im vergangenen Jahr umgestaltet, Fußgänger können ihn jetzt leichter überqueren und das Café am Platz kann dank der Gehwegnase vor seiner Tür jetzt auch Tische und Stühle raus stellen. Bäume sind aber noch keine gepflanzt, weil sich Anwohner vehement dagegen wehren, wie es in der jüngsten Bezirksbeiratssitzung in Stuttgart-Ost hieß. Sie befürchten demnach eine Verschattung ihrer Wohnungen und mehr Arbeit bei der Kehrwoche durch herabfallendes Laub. Wildes Parken auf den Gehwegnasen wird am Bessarabienplatz durch Poller und Sitzwürfel verhindert. Die waren bei der Gestaltung des platzähnlichen Bereiches an der unteren Talstraße bei der Einmündung Hornberg- und Alfdorfer Straße ein Problem für die Anwohner.

Keine Sitzwürfel in Gaisburg

Die Zufahrt nach Stuttgart über die Talstraße von der Gaisburger Brücke her war viele Jahre lang wenig vorzeigbar. Im Zuge der Umgestaltung wurde auch der ganze Bereich mit der Einmündung der Haußmannstraße auf der einen und den Einmündungen der dort pittoresken Hornbergstraße und der Alfdorfer Straße auf der anderen Seite platzähnlich umgebaut. Auf der einen Seite hatten die Planer ursprünglich vor den Häusern kleine Grünbereiche vorgesehen. Das hatten die Anwohner im Zuge der Bürgerbeteiligung vehement abgelehnt, sie wollten dort Platz für ihre Autos. Auch gegen Sitzwürfel wie jetzt am Bessarabienplatz wehrten sich die Anwohner mit der Begründung, der Platz würde sonst ein Treffpunkt etwa für die Trinkerszene werden. Heute gibt es in dem Bereich wenig Grün – und nicht nur bei VfB-Spielen oder zu Volksfestzeiten werden die ungehindert befahrbaren gepflasterten Flächen hemmungslos vollgeparkt.

Denkmalschutz am Pfeiffer-Platz

Die jüngste Diskussion über eine Platz-Umgestaltung entspann sich im Stuttgarter Osten im Zusammenhang mit neuen Projekten für die Stadtentwicklungspauschale (Step), konkret ging es um den Eduard-Pfeiffer-Platz. Dort sorgen eine Eisdiele und eine gerade erst eröffnete Kaffeebar für mehr Leben am Platz, bei schönem Wetter reichen die schmalen Gehwege längst nicht mehr aus für die vielen Menschen dort, Sitzgelegenheiten gibt es an dem Platz auch nur wenige. Und es wird natürlich auch dort im Bereich der großen Kreuzung geparkt. Der Eduard-Pfeiffer-Platz gehört zur Ostheimer Siedlung, die unter Ensembleschutz steht. Der Vorschlag des Amts für Stadtplanung und Wohnen, auch diesen Platz – im Einklang mit den Anforderungen des Denkmalschutzes – umzugestalten, stieß im Bezirksbeirat im ersten Anlauf bei CDU und SPD zunächst unter Hinweis auf den Denkmalschutz auf wenig Gegenliebe. Bei diesem Platz haben die Diskussionen aber gerade erst begonnen.