Neben der Volksbank-Filiale soll ein Geschäftshaus mit 200 Parkplätzen entstehen. Bisher war der Plan unumstritten. Foto: factum/Granville

Die Herrenberger sollen am Wahlsonntag über den Bau eines Geschäfts- und Parkhauses abstimmen. Das Vorhaben reifte jahrelang unumstritten, bis eine Bürgerinitiative protestierte und die Grünen umschwenkten.

Herrenberg - Herrenbergs Bürger werden am 26. Mai dreimal die Wahl haben. Sie entscheiden an diesem Sonntag, wer die Geschicke Europas mitbestimmen soll. Sie wählen diejenigen, die Herrenbergs Zukunft bestimmen sollen. Und sie fällen ihr Urteil darüber, ob neben der Volksbank-Filiale ein Geschäftshaus mitsamt gut 200 öffentlich nutzbaren Parkplätzen erbaut werden darf oder nicht. Der Gemeinderat hat den Tag der Europa- und Kommunalwahl zusätzlich zum Tag des Bürgerentscheids über diesen Neubau erhoben. Gegen diesen Vorschlag wollte niemand die Hand heben. Er stammt von einer Bürgerinitiative, die – wie schon andere vor ihr – die selbsterklärte Mitmachstadt mächtig in Aufruhr gebracht hat.

Die vergangenen Debatten zum Neubau waren ebenfalls mit einstimmigen Beschlüssen beendet worden – allerdings für das Vorhaben. Weshalb eine Wahl zum Umfaller des Tages mit einiger Gewissheit Jörn Gutbier für sich entschieden hätte, der Chef der fünfköpfigen Fraktion der Grünen. Sie hatten beantragt, dass der Gemeinderat mit einem eigenen Beschluss den Bürgern den Weg zum Entscheid verkürzen möge. Andernfalls hätte jene Initiative zunächst Unterschriften für ein Bürgerbegehren sammeln müssen.

Die Grünen müssen sich harsche Kritik anhören

Gutbier bemängelte, dass eine baumbewachsene Fläche einem Park- und Geschäftshaus geopfert werden und Verkehr in die Innenstadt gelockt werden solle, „ohne Not“, wie er befand. Weshalb sowohl der Christdemokrat Hermann Horrer als auch der Freie Wähler Thomas Deines ihn an eigene Entscheidungen erinnerten. Schon 2011 saß Gutbier in einer Jury, die über die städtebauliche Entwicklung des Stadtzentrums entscheiden sollte. Der Neubau war in den Plänen enthalten. Später beantragte seine Fraktion, dessen Fassade zu begrünen. „Sie eiern gewaltig rum“, sagte Horrer und mahnte „Standvermögen auch vor der Wahl“ an. Gutbier befand, es sei „voll daneben, mich festnageln zu wollen“.

„Wir arbeiten an diesem Thema seit vielen Jahren“, sagte der Oberbürgermeister Thomas Sprißler. Der scheinbar letzte Beschluss für den Neubau war im vergangenen November gefallen. Die Stadt hat bereits begonnen, mit potenziellen Partnern zu verhandeln, um das Projekt zu verwirklichen. „Das ist auch eine Frage von Verlässlichkeit“, sagte der Oberbürgermeister. Zuletzt hatte ein Streit über die Formulierung der Frage zum Bürgerentscheid das Stadtoberhaupt beschäftigt. Sprißler wollte die Frage mit den Argumenten für das Vorhaben garnieren, was zu Protest und Sondersitzungen führte. Die argumentativen Passagen sind nun gestrichen.

Der Neubau ist Teil von übergreifenden Plänen

Tatsache bleibt, dass der Neubau Teil übergreifender Pläne ist. Nach seiner Eröffnung sollen in umliegenden Straßen knapp 100 Parkplätze wegfallen. Mit dem neuen Parkhaus war stets die Hoffnung verbunden, dass Autofahrer ihren Wagen am Rand der Altstadt abstellen. So sollte die zentrale Kreuzung im Stadtzentrum entlastet werden, der Reinhold-Schick-Platz. Das Park- und Geschäftshaus zählt zu den Bausteinen des gesamtstädtischen Verkehrskonzepts namens Imep und zum städtebaulichen Strukturplan für die Innenstadt. Seine Gegner liebäugeln mit einem Ersatzneubau auf dem Gelände des Herrenberger Krankenhauses. Allerdings gehört das Grundstück dem Landkreis und liegt einen knappen Kilometer vom Zentrum entfernt.

Der Bürgerentscheid wird gültig sein, wenn sich mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung beteiligen. Angesichts dessen, dass die Herrenberger am jenem Sonntag ohnehin in die Wahllokale gerufen werden, dürfte allerdings wenig Zweifel herrschen, dass diese Bedingung erfüllt wird. Der Sozialdemokrat Bodo Philipsen wagte einen Ausblick auf die Zeit vor dem Tag der Abstimmung: „Es ist ein bisschen traurig, dass dieses relativ unbedeutende Projekt im Wahlkampf alles überlagern wird, was wichtig ist.“