Das neue Logo des Stadtpalais’ sorgt für bissige Kommentare. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Das neue Logo des Stadtpalais’ in Stuttgart sorgt im Netz für einen Sturm der Entrüstung. Vom „typografischen GAU“ ist die Rede. Unser Autor fragt in seiner Glosse: Steckt womöglich Raffinesse des Museums dahinter?

Stuttgart - Endlich! Stuttgart kann sich freuen. Sieben Jahre lang ist das frühere Wilhelmspalais zu einem neuen Haus hinter historischer Fassade umgebaut worden. Am 14. April öffnet das Stadtmuseum. Halt nein, das darf man nicht mehr sagen. Es heißt jetzt Stadtpalais mit dem Untertitel „Museum für Stuttgart“. Wer im Netz www.stadtpalais-stuttgart.de eingibt, wird auf www.stadtmuseum-stuttgart.de umgeleitet. Der alte Name wird sich noch lange halten. Den mögen die Macher aber nicht, weil er zu sehr nach Heimatmuseum klinge.

Drei Zacken sollen erklären, dass man anders ist – drei Zacken eines neuen Logos, das für einen Sturm der Entrüstung im Netz sorgt.

Foto: StZN

„Typografischer GAU“, ist zu lesen. Oder: „Keine Wiedererkennung, völlig unpassend für so ein schönes, altes Gebäude.“ Und: „Sieht aus, als wär’ der umgekippte Fernsehturm dreimal aufgemalt worden.“

Manche lesen „Stadtpolizei“ oder „Stadtpenis“

Ein Logo ist wie ein Gesicht. Der erste Eindruck entscheidet, wen oder was man gut und sympathisch findet. Wer nicht mit dem Logo punkten kann, hat es schwer. Ein gutes Logo erklärt sich von allein. Es muss Symbolkraft haben oder ein Gefühl vermitteln. Die Gestaltung eines Logos ist eine dienende Disziplin, das Resultat sollte einprägsam sein. Beim Stadtpalais ist dies nicht der Fall. Auch Experten üben Kritik. Sieben Designbüros waren gebeten worden, innerhalb von anderthalb Wochen Vorschläge zu machen. „Die Zeit war viel zu kurz“, sagt ein Beteiligter, „dabei hat man das Haus sieben Jahre lang umgebaut.“ Sechs Arbeiten wurden eingereicht, von denen drei Zacken siegten.

Sind es Zacken einer Krone? Sollen sie das Museumsdach darstellen oder einen Dachschaden gar? Die Schrift, der man dreimal den Buchstaben A geraubt hat, sei rätselhaft und stümperhaft, lästern Kritiker. Einer hat „Stadtpolizei“ gelesen, ein anderer „Stadtpenis“.

Stadtpalais will ein „offenes Haus für alle“ sein

Die Museumsmacher halten dagegen: „Der Dreiklang aus Geschichte, Gegenwart und Zukunft spiegelt sich im Logo.“ Als „offenes Haus für alle“ wolle man „auf vielfältige Art“ diese drei Dinge erkunden.

Was hätte Kurt Weidemann, ein überzeugter Stuttgarter, zum Zackenzoff gesagt? Der 2011 verstorbene Gestalter war einer der bedeutendsten Typografen der Republik, der die Erscheinungsbilder für Mercedes-Benz, Porsche oder Deutsche Bahn schuf. „Schlechte Typografie ist die offensichtliche Missachtung des Lesers“, hat Weidemann gelehrt. Und: „Gute Typografie erklärt den Inhalt. Nicht den Gestalter.“ Das Stadtpalais wird noch einiges zu erklären haben.

Womöglich steckt ein raffinierter Plan dahinter. Will man ganz bewusst eine Debatte anzetteln, um die Spannung auf ein ungewohntes Palais zu steigern? Aus Fehlern der Vergangenheit kann man lernen, wird uns das Museum vorführen. Geschichte lässt sich nicht korrigieren, der Fehler eines Logos schon. Weg mit den Zacken! Und dann in Ruhe – ganz ohne Zackzack – etwas Neues suchen. Ein tolles Haus hat das Beste verdient.