Gute Aussicht, schlechte Nutzung: Seit diesem Bild im Frühjahr 2008 hat sich wenig auf dem Böblinger Schlossberg getan Foto: factum/Weise

Der fraktionsübergreifende Antrag steht: Die Verwaltung soll von einem externen Planungsbüro ein Konzept für die künftig Gestaltung der Böblinger Altstadt und des Schlossbergs erstellen lassen. Ideen gibt es bereits viele – bis hin zu einer Seilbahn auf den Schlossberg.

Böblingen - In Koblenz ist Eduard Swaczyna auf seine hochtrabende Idee gekommen. Da gondelte er gerade bei der Bundesgartenschau in einer Seilbahn über den Rhein und dachte: „Was für ein wunderbares Erlebnis!“. Deshalb hat der Böblinger gleich Pläne geschmiedet und die Seile vom Bahnhof bis zum Schlossberg gespannt – rein theoretisch. Etwa zehn Millionen Euro würde die Strecke kosten, rechnet er vor. „Das wäre doch eine Superattraktion für Böblingen“, findet der Diplom-Informatiker nach dem Motto: Nicht nur kleckern, sondern auch mal klotzen.

So weit hergeholt ist die Idee nach Ansicht von Eduard Swaczyna auch nicht. Im Frühjahr sind in Stuttgart Pläne diskutiert worden, die Touristen mit einer Seilbahn von Untertürkheim zur Grabkapelle auf den Wirtemberg zu schicken. Von der Wilhelma zum Mercedes-Museum oder von der einen Seite des Kessels zur anderen lauten andere Vorschläge. „Man sollte in Stuttgart die Berge nicht mit Tunneln bekämpfen, sondern die Hügel betonen“, sagte zum Beispiel der Werbeagentur-Besitzer Johannes Milla immer wieder. Am konkretesten wurden die Pläne bislang zum Jubiläum des Hafens am Neckar: Vor sieben Jahren ermittelte die österreichische Firma Doppelmayr, dass eine rund drei Kilometer lange Achter-Gondelbahn am Fluss knapp neun Millionen Euro kosten würde. Gebaut wurde sie nicht.

Bolivianische Stadt La Paz als Vorbild?

Beim New Mobility Design Kongress, der im Jahr 2017 in Stuttgart stattfinden wird, lautet ein Programmpunkt immerhin „Neue Ebenen: Gestaltung urbaner Seilbahnsysteme“. Mancherorts, etwa in der bergigen bolivianischen Stadt La Paz, werden sie bereits als öffentliches Nahverkehrsmittel eingesetzt - und nicht nur zum Sightseeing. In Deutschland wird aktuell an einer Seilbahn für Berlin gebaut: Sie soll in zwei Jahren in rund 30 Meter Höhe über der Internationalen Gartenausstellung IGA schweben und auf den 102 Meter hohen Kienberg führen. Die etwa 1,5 Kilometer lange Fahrt dauert rund fünf Minuten.

Für Eduard Swaczyna wäre die Böblinger Seilbahn „ein touristisches Alleinstellungsmerkmal und nicht nur deshalb eine lohnenswerte Investition. Er hält das Projekt für sehr ausbaufähig bis zum Sindelfinger Marktplatz. „Das würde doch die Innenstädte beleben“, ist er sich sicher. Neben der Süd-Nord-Achse plant er außerdem eine Ost-West-Achse vom Gewerbegebiet Böblingen-Hulb über das Flugfeld zum Breuningerland und bis zur Böblinger Therme. Die Firmen entlang der Strecke könnten Anschlüsse beantragen und zur Finanzierung beitragen, schlägt der Informatiker vor. Er fordert eine Machbarkeitsstudie für sein Projekt und regt den Bau einer Teststrecke an. Seiner Information nach lassen sich die Stahlträger problemlos auf- und abbauen.

Die nun in Fahrt gekommene Diskussion um die Neugestaltung des Schlossbergs hat auch den Altstadtrat Horst Wiedenhorn dazu gebracht, sein Konzept wieder aus der Schublade zu holen. Vor fünf Jahren hatte er sein mit dem Ex-Stadtrat Gustav Schoder ausgearbeitetes Konzept, das so dick wie eine Broschüre ist, bereits der Stadt übergeben. Ein Café auf dem Schlossberg wünschten sie sich und einen Pavillon im Schlossbergpark, in dem Hochzeiten und andere Feste gefeiert werden könnten. Sie wollten auch den Einzelhändlern und den Fußgängern am Schlossbergring mehr Raum einräumen. Genau diese Idee ist bei der SPD-Veranstaltung „Quo vadis Schlossberg?“ gleich weiterentwickelt worden. Ein Vorschlag lautete, die untere Poststraße bis zum Bären-Kino in eine Fußgängerzone zu verwandeln. In eine andere Richtung geht das Konzept, in der Altstadt einen Gegenpol zum Flugfeld zu schaffen mit einer Art Kulturmeile, zu der ein Haus der Böblinger Stadtgeschichte gehören könnte.

Bernd Liebendörfer hat nur einen Wunsch: „Ich lege Wert darauf, dass die künftige Gestaltung des Schlossbergs zur Stadtkirche passt“; sagt der Dekan der evangelischen Gesamtkirchengemeinde. Schließlich sei die Kirche des facto das Wahrzeichen der Stadt. Eine Aufwertung würde auch er begrüßen, „da ist auf jeden Fall Handlungsbedarf“, meint er. Aber der Dekan hat schon viele Anläufe für eine Neugestaltung des Schlossbergs erlebt. Eine Lösung zu finden, sei offenbar nicht ganz einfach.