Die Stadtautobahn B14 trennt wichtige Kultureinrichtungen in der Stadt. Im Bild: die Stuttgarter Oper. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Eine Übergangslösung für die B 14 ist dringend erforderlich – unabhängig vom geplanten großen Wurf der Stadt, findet Lokalchef Jan Sellner.

Stuttgart - Eine kommunalpolitisch bemerkenswerte Woche geht zu Ende. Nicht nur, weil am Freitag der städtische Doppelhaushalt 2018/19 mit einem Rekordvolumen von sieben Milliarden Euro und kräftigem Stellenzuwachs verabschiedet wurde. Bemerkenswert ist auch, was sich zu Wochenbeginn ereignet hat. Auf Einladung von Oberbürgermeister Fritz Kuhn waren am Dienstag Teile der Bürgergesellschaft im Wilhelmspalais zusammengekommen, um einen neuen Anlauf für die Umgestaltung der B14 zu starten. Gefühlt den 50.

Das Thema hat einen Bart. Etliche Diskussionsteilnehmer haben ihn über die Jahre hinweg sprießen sehen – sie sind mit und über die Kulturmeile alt geworden, ohne dass sich Entscheidendes getan hätte. Das prägte auch die Zusammenkunft im Wilhelmspalais. Wenn man den Abend mit einem Wort beschreiben sollte, kommt einem der Begriff selbstreferentiell in den Sinn. Die Versuchung scheint groß zu sein, daran zu erinnern, was zu dem Thema schon vor x-Jahren alles gesagt worden ist. Vor allem aus eigenem Munde.

Wenn Architekten über Architekten reden

Für einen starken Impuls von außen sorgte der Beitrag des Staatsministeriums vom selben Tag. Angelehnt an einen Entwurf des Bauingenieurs und Architekten Werner Sobek für ein „goldenes Band“ über die B14 brachte die Regierungszentrale eine Brückenlösung ins Gespräch, die dazu beitragen soll, die Situation der an Besucherschwund leidenden Staatsgalerie und anderer angrenzender Landeseinrichtungen zu verbessern. Das Neue daran, ist der Wunsch, kurzfristig etwas zu bewirken – ohne dem geplanten Wettbewerb der Stadt vorzugreifen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann selbst lässt keinen Zweifel daran, dass dringend gehandelt werden muss – auch um das durch Feinstaub und Stickoxide angegriffene Image der Landeshauptstadt zu verbessern. Dafür ist das Land bereit, sich finanziell zu beteiligen – selbst, wenn die B14-Brücke ein Provisorium bliebe.

Seit dieser Wortmeldung ist einiges in Aufruhr. Die Stadtgesellschaft liegt im Meinungsstreit. Teile von ihr argwöhnen, das Land störe die Kreise der Stadt, obwohl Planungs- und Entscheidungshoheit unbestreitbar im Rathaus und beim Gemeinderat liegen. In diesen Streit spielen allerlei Befindlichkeiten mit hinein, insbesonders Eitelkeiten – zu beobachten etwa wenn Architekten über Architekten reden. Oder Planer über Planer.

Wichtig auch für das Kernerviertel

Auch Fritz Kuhn lässt der Vorstoß des Landes nicht ungerührt. Das Stadtoberhaupt sieht sich bei der Kulturmeile als Antreiber für eine „große Lösung“ von Gebhard-Müller-Platz bis zum Österreichischem Platz. Nun muss er zur Kenntnis nehmen, dass andere auf kurzer Strecke mehr Tempo machen. Die Initiative des Staatsministeriums zeigt auch bereits Wirkung: Das Gelächter im Wilhelmspalais darüber, dass das Land eine Brücke vorschlägt, obwohl vor Jahren (an anderer Stelle) ein Steg abgerissen wurde, ändert nichts daran, dass es viele Akteure mit einer Querung plötzlich eilig haben. Nur halt ebenerdig. Vorweg Grüne und SPD.

Das ist erfreulich, denn eine schnelle Übergangslösung liegt nicht nur im Interesse der Kultureinrichtungen, sondern auch der Bewohner des Kernerviertels. Wie allerdings eine ebenerdige Passage auf der Höhe von Oper überzeugend gelingen kann, ist eine ungelöste Frage. Gefahrloser wäre vermutlich ein wie immer gearteter Steg. Man kann es auch bildhaft formulieren: Das Land baut der Stadt eine Brücke, die muss nur noch drüber gehen.

jan.sellner@stzn.de