Drei Bauteile und eine komplexe Baustelle – das Projekt Lautenschlager Areal kostet urnd 75 Millionen Euro. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Rund 75 Millionen Euro kostet das Projekt Lautenschlager Areal zwischen Friedrich- und Lautenschlagerstraße. Wo früher Stadtmessungsamt und Filmhaus standen, werden künftig Büros, Ladengeschäfte und Wohungen stehen. Wir haben einen Blick hinter die Kulissen der Baustelle geworfen.

Stuttgart - Neben der Kultkneipe Palast der Republik steht der Bauzaun. Dahinter entsteht das Lautenschlagerareal. Bauherr ist die LBBW Immobilien. Ein Blick hinter die Kulissen des Großprojekts zwischen Lautenschlager- und Friedrichstraße macht eines klar: Die Baustelle ist extrem komplex.

Normale Bauvorhaben beschränken sich in aller Regel auf eine schonende Sanierung, auf eine grundlegende Modernisierung, oder es wird abgerissen und neu gebaut. Neben dem Palast der Republik wird alles auf einmal gemacht. Und während die ersten Mieter der neuen Büros bereits einziehen, wird nur wenige Meter entfernt das Gebäude hinter der denkmalgeschützten Fassade, die Lautenschlagerstraße Nummer 24, hin zur Bolzstraße Stück für Stück abgerissen.

Der Grund, weshalb das Projekt derart komplex ausfällt, ist die Ausgangssituation auf dem Gelände. Vor Baubeginn befanden sich auf dem Areal unter anderem das Stuttgarter Filmhaus sowie das Stadtmessungsamt und verschiedene Einzelhändler. Die Gebäude selbst, die inzwischen Teil des Bauvorhabens geworden sind, unterschieden sich ebenfalls deutlich.

Das Filmhaus, früher Amerikahaus, stammte aus dem Jahr 1950, der Altbau direkt neben dem Palast der Republik wurde im Jahr 1936 gebaut, der mittlere Teil stammt aus dem Jahr 1956. Die beiden letzteren Gebäude sind denkmalgeschützt, das Filmhaus war es nicht.

Der Neubau, der das Filmhaus ersetzt, ist inzwischen so gut wie fertig. „Wir haben hier ein hochwertiges Bürogebäude geschaffen“, sagt Frank Berlepp, Geschäftsführer beim Bauherrn LBBW Immobilien. Knapp 7000 Quadratmeter Bürofläche sind entstanden, die Mieten bewegen sich im oberen Bereich – meist jenseits von 20 Euro pro Quadratmeter. Die Namen der Mieter sind noch geheim – rund 50 Prozent der Fläche sind laut Berlepp aber bereits fest vermietet.

Wohnungen für 20 Euro pro Quadratmeter

In den oberen Geschossen zwischen Neubau und den Bestandsgebäuden hat der Bauherr acht Wohnungen eingerichtet. Eine Forderung, die bei Bekanntwerden der Pläne im Herbst 2013 speziell vom Gemeinderat geäußert wurde. Entstanden sind vier Einheiten mit rund 45 Quadratmetern, drei Wohnungen mit 80 bis 100 Quadratmeter Fläche und eine mit 180 Quadratmetern. Der von der Politik so oft beschworene bezahlbare Wohnraum ist jedoch nicht entstanden. Die Kaltmieten liegen jenseits von 20 Euro pro Quadratmeter.

So richtig interessant wird der Rundgang über die Baustelle im Altbau hin zur Bolzstraße. Wie berichtet wird die Brauerei Dinkelacker in den unteren Stockwerken in Zukunft eine neue Gaststätte betreiben – auch die Terrasse mit Blick über den Palast der Republik soll genutzt werden. Zuvor wird das Gebäude allerdings abgerissen – die denkmalgeschützte Fassade allerdings muss erhalten werden.

„Das Gebäude hat im Krieg einen Bombentreffer abbekommen und ist teilweise ausgebrannt“, so Berlepp. Als Fußboden und Verkleidung der Decken entfernt wurden, wurden Löcher zwischen den ebenfalls maroden Trägern sichtbar. Wer in dem Gebäude unterwegs ist, muss seine Schritte mit Bedacht wählen, ansonsten rutscht man eine Etage nach unten. „Eine Sanierung war hier ausgeschlossen“, sagt Berlepp.

Gesamtinvest: Rund 75 Millionen Euro

Um die Fassade aber zu erhalten, muss diese während des Abbruchs des restlichen Gebäudes gestützt werden. „Dazu müssen Träger aufgebaut werden“, so der Geschäftsführer. Der ursprüngliche Plan sah vor, dass diese Konstruktion bis zu acht Meter vom Gebäude weg in den öffentlichen Raum hinausragen sollte. Die Konsequenzen für den Verkehr auf der Lautenschlager- oder der Friedrichstraße sowie für die Außengastro am Palast und den benachbarten Restaurants wären verheerend gewesen. „Um das zu vermeiden, haben wir uns für ein aufwendiges und ungewöhnliches Verfahren entschieden“, so Berlepp. Die Fassade wird von innen abgestützt. Kleine Bagger beginnen von oben nach unten Stockwerk für Stockwerk abzubrechen. „Diese Methode dauert länger und ist teurer“, so Berlepp. Die Mehrkosten belaufen sich laut Bauherr auf 500 000 Euro.

Weil das Bauvorhaben so kompliziert ist, wird das Projekt auch nicht auf einen Schlag eröffnet. Die Wohnungen werden Anfang 2018 bezogen, die Ladengeschäfte auf 1300 Quadratmetern im Erdgeschoss des Neubaus sollen Mitte 2018 eröffnen, der Wiederaufbau hinter historischer Fassade Ende 2019 abgeschlossen sein. Danach beginnt Dinkelacker mit dem Einrichten des neuen Lokals. Und die Gesamtkosten für das Projekt? Rund 75 Millionen Euro.