Das Haus mit der Nummer 38 in der Langen Straße ist bereits abgerissen. Foto: StZ

Das Tempo, in dem sich die Innenstadt zurzeit verändert ist enorm – und vielen Bürgern suspekt. Jetzt sollen Gebäude abgerissen werden, die eigentlich als erhaltenswert eingestuft worden waren.

Göppingen - Wer zurzeit durch Göppingen spaziert, kommt von einer Baustelle zur nächsten. Doch während der Verlust des alten Kaufhaus Frey nur wenige Bürger geschmerzt hat und auch der Abriss des alten Palast-Kinos und des MCC-Kinocenters von vielen achselzuckend hingenommen wurde, gab es um das Ende des alten Apostelhotels bekanntlich viele Debatten. Denn viele Bürger empfanden das Gebäude in der Marktstraße als ein erhaltenswertes Stück Göppinger Geschichte. Am Ende gab es einen Kompromiss: Das Gebäude wurde zwar abgerissen, weil sich eine Sanierung nicht mehr lohnte. Der Neubau an dieser Stelle wird sich aber äußerlich stark an dem historischen Gebäude orientieren. Ähnlich wird es jetzt wohl in der Langen Straße laufen.

In Göppingens guter Stube mit den vielen liebevoll restaurierten historischen Gebäuden und kleinen Geschäften, dem Teehaus und dem Haus Höppel etwa, hat die Wohnbau Göppingen jüngst das erste von zwei Gebäuden abgerissen, die von Stadt und Wohnbau eigentlich als erhaltenswert eingestuft worden waren: die Nummer 38 an der Ecke Marstallstraße und Lange Straße, gegenüber dem Teehaus. Demnächst soll auch die Pfeffermühle fallen, einen Block weiter an der Kellereistraße.

Neubauten sollen sich an alten Gebäuden orientieren

Eigentlich war geplant gewesen, die Gebäude zu sanieren. Doch die schlechte Substanz der Gebäude machte der Wohnbau dem Geschäftsführer Volker Kurz zufolge einen Strich durch die Rechnung. Er verspricht allerdings, das die geplanten Neubauten sich an den alten Gebäuden orientieren sollen. Sie würden in enger Abstimmung mit dem Gestaltungsbeirat der Stadt geplant. In den Erdgeschossen seien wie früher kleine Geschäfte geplant, in den oberen Stockwerken Wohnungen.

Auch in der Marktstraße lässt der nächste Abriss nicht mehr lange auf sich warten. Direkt gegenüber des Rathauses sollen im Herbst die zwei Nachbargebäude des Modehaus Finck abgerissen werden, das Eckgebäude an der Kirchstraße und das Gebäude daneben, in dem bisher der zu Finck gehörende Jeansladen Nineteen war. Der Ausverkauf ist bereits beendet, der Laden dicht. Im Gegensatz zu den Gebäuden in der Langen Straße müssen die Häuser nicht wegen mangelhafter Substanz weichen, sondern weil ihre kleinen Grundflächen nicht mehr in die moderne Geschäftswelt mit großen Verkaufsflächen passen.

Modehaus wächst um ein Drittel

Damit das bestehende Modehaus um 500 auf 1500 Quadratmeter Fläche wachsen kann, wird nach dem Abriss der beiden Nachbarhäuser neu gebaut und der Komplex dann mit dem bestehenden Geschäft verbunden. In den oberen Stockwerken sollen Wohnungen entstehen.

Wann die Bauarbeiten genau losgehen, ist aber noch offen. „Wir planen zurzeit auf Hochtouren“, sagt der Juniorchef Patrick Rettenmayr. Viele Bürger beobachten den schnellen Wandel der Innenstadt mit gemischten Gefühlen. Viele befürchten, dass immer mehr der für Göppingen typischen Wohn- und Geschäftshäuser unwiederbringlich verschwinden, die nach dem großen Stadtbrand im Zentrum entstanden.

Die Stadtverwaltung hat für die Innenstadt zwar eine Gestaltungssatzung erlassen, die dafür sorgen soll, dass sich Neubauten gut in das historische Umfeld einfügen. Ein Schutz vor Abrissen ist das freilich nicht, wie sich jetzt in der Langen Straße zeigt.